Was hält Euch denn hier fest? 55 Lebensgeschichten aus Südwestafrika-Namibia, von Lisa Kuntze

Was hält Euch denn hier fest? 55 Lebensgeschichten aus Südwestafrika/Namibia, von Lisa Kuntze.  S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft. Windhoek, Namibia 1982. ISBN 0949995355 / ISBN 0-949995-35-5

Was hält Euch denn hier fest? 55 Lebensgeschichten aus Südwestafrika/Namibia, von Lisa Kuntze. S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft. Windhoek, Namibia 1982. ISBN 0949995355 / ISBN 0-949995-35-5

Die Deutsche Lisa Kuntze heiratete kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als junge Frau nach Südwestafrika und war, nach anfänglichen Vorbehalten, von Land und Leuten begeistert. Ihr verdanken wir mit der philosophischen Frage Was hält Euch denn hier fest? 55 unterhaltsam zu lesende Lebensgeschichten aus Südwestafrika/Namibia.

Lisa Kuntze  

[...] Nachdem mein Mann damals, nach dem Zweiten Weltkrieg, die Möglichkeit erhalten hatte, aus dem zerstörten Deutschland mit Frau und Kind in seine eigene Heimat zurückzukehren, waren wir zuvor in Hamburg noch einmal in ein Konzert gegangen, in das - nach meiner Vermutung - wohl aller letzte Konzert für Jahrzehnte. Heinrich Schlusnus, der weltbekannte Bariton, sang Schubert- und Schumannlieder. Und zum Schluß schenkte er dem begeisterten Publikum noch eine Zugabe: das Eichendorff Gedicht „Heimweh", vertont von Hugo Wolf „Wer in die Fremde will wandern, der muß mit der Liebsten gehn." Das war zuviel für mein so banges Herz. Noch nicht fort, packte mich schon das Heimweh. Wann würde ich je wieder ein solch wunderbares musikalisches Erlebnis haben! Wohl nie, ganz bestimmt nicht in dem afrikanischen Steppenland, in das mein dort geborener Mann mich nun mitnehmen wollte. Einige Wochen später dann trübe, schmerzliche Abfahrt von Antwerpen mit einem holländischen Frachter. Von Deutschland aus fuhren ja damals noch keine Schiffe. Und keine winkenden Freunde am Kai, kein Gruß, kein Abschiedslied, kein „Ade, du mein lieb Heimatland!" Auch dies würde ich nie mehr hören, so glaubte ich. Grau, verhangen war die Scheide. Wir fuhren durch dichten Nebel hinaus in eine für mich ungewisse, ja, gefürchtete Zukunft. Auch auf dem Schiff keine Freunde, keine Freundlichkeit, alles Holländer, ein Schweizer. Sie blieben unter sich. Wir als die einzigen Deutschen an Bord wurden ausgeschlossen. So kurz nach dem Kriege, wer wollte uns damals schon! Zwar umsorgte uns die indische Besatzung doppelt freundlich. Sie spürte wohl auch die Zurücksetzung, die wir erfuhren. Aber das Gefühl der Einsamkeit inmitten der fröhlich Feiernden konnte sie uns nicht nehmen. Ja, und dann kam man in Walvis Bay an: plötzlich höfliche, freundliche Beamte, höfliche, freundliche Gesichter, weiße und schwarze. Weiter ging es nach Swakopmund mit dem gemütlichen Zug. Und nun kam das erste Erlebnis, das mich fast umwarf. Stand doch da auf dem Bahnsteig eine heitere Menschenmenge: blondbezopfte Mädchen, braungebrannte Jungen mit Klampfe, mit Ziehharmonika. Und plötzlich schmetterten sie los, riefen lachend, sangen: „Nun ade, du mein lieb Heimatland, lieb Heimatland, ade!" Da war es, das Lied, das ich beim Abschied von Europa im nebligen Hafen so schmerzlich vermißt hatte. Hier, unter Afrikas Sonne, schallte es uns aus den Kehlen strahlender Jugend entgegen! Daß das Ständchen natürlich nicht uns galt, sondern - wie wir erfuhren - den in die Ferien fahrenden Schulkameraden und damit dem ganzen Zug, das war nicht entscheidend. Entscheidend aber war, daß die jungen Südwester nun unbewußt das nachholten, was uns die alte Heimat hatte versagen müssen. Wir stiegen aus. Schon kamen die ersten Verwandten, um uns zu empfangen. Noch größere Herzlichkeit ringsum, und für meinen Mann sofort auch ein Wiedersehen mit anderen Männern und Frauen, mit einstigen Schulkameraden, die auf ihn zukamen, als hätten sie ihn erwartet. Man lud uns noch am gleichen Tag ins Strandcafe ein, saß dort fröhlich beisammen, Erinnerungen austauschend, aß Apfelkuchen mit Schlagsahne, - Dinge, von denen unser kleiner, im Krieg geborener Sohn noch gar nicht gewußt hatte, daß es sie gab. Und das wunderbare Gefühl in mir wuchs, wurde zur Gewißheit: Man war hier willkommen, wirklich und wahrhaftig willkommen! [...]

Inhaltsangabe:

Was hält Euch denn hier fest? 55 Lebensgeschichten aus Südwestafrika-Namibia. Inhaltsverzeichnis, von Lisa Kuntze.


Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Was hält Euch denn hier fest? 55 Lebensgeschichten aus Südwestafrika/Namibia, von Lisa Kuntze.

Buchtitel: Was hält Euch denn hier fest?
Untertitel: 55 Lebensgeschichten aus Südwestafrika/Namibia
Autorin: Lisa Kuntze
Verlag: S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft
Windhoek, Namibia 1982
ISBN 0949995355 / ISBN 0-949995-35-5
Originalbroschur, 15 x 22 cm, 228 Seiten, zahlreiche sw-Fotos

Kuntze, Lisa im Namibiana-Buchangebot

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