Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984, von Klaus Becker und Jürgen Hecker et al.

Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984, von Klaus Becker, Jürgen Hecker et al.; Interessengemeinschaft deutschsprachiger Südwester (IG). Windhoek, SWA/Namibia 1985. ISBN 3887461126 / ISBN 3-88746-112-6

Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984, von Klaus Becker, Jürgen Hecker et al.; Interessengemeinschaft deutschsprachiger Südwester (IG). Windhoek, SWA/Namibia 1985. ISBN 3887461126 / ISBN 3-88746-112-6

'Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984' enthält 65 Beiträge fast ebensovieler Autoren, darunter auch der Hauptredakteure, Klaus Becker und Jürgen Hecker, die alle aus ihren Lebens- und Wirkungsbereichen erzählen. Sie schildern die Entwicklung und Entfaltung Südwestafrikas in 100 Jahren seit 1884 und streifen alle Bereiche, wie Politik, Wirtschaft, Kultur, Biographisches, den Alltag mit seinen Nöten und Freuden und vieles andere mehr aus dem Leben in Namibia.

Sigrid Kube  

Es ist Krieg!

Es ist Krieg. Grausamer, blutiger Krieg. Seit 19 Jahren. Die einen nennen ihn Befreiungskampf, die anderen Terroristeninfiltration. Die Kriegsfront heißt »Operationsgebiet«. Als Feinde stehen sich die South West Africa People's Organisation (SWAPO) auf der einen und die südafrikanische Armee (SADF) gemeinsam mit der South West African Territory Force (SWATF) auf der anderen Seite gegenüber. Schwarze töten Schwarze und Weiße, Weiße töten Seite an Seite mit Schwarzen Schwarze. Der Kriegsschauplatz sind der Norden Namibias und der Süden Angolas. Die SWAPO sagt, sie kämpft für die Unabhängigkeit Namibias, die Gegenseite sagt, sie kämpft gegen eine marxistisch-leninistische, gegen eine kommunistische Zukunft Südwestafrikas. Im Norden Südwestafrika/Namibias leben rund 750000 Menschen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Landes. Ihr täglich Brot sind Minenexplosionen, Bedrohungen, Einschüchterungen, Überfälle, Bombenanschläge, Ermordungen ganzer Familien, Entführungen, Soldaten, Militärfahrzeuge, Maschinengewehre. In der Weltpresse ist ab und zu für einen Aufschrei Platz: Namibia auf dem afrikanischen Kontinent ist weit. In der Landeshauptstadt Wind-hoek nimmt gleichfalls kaum jemand Notiz: In den Norden fährt man nicht. Der UN-Sicherheitsrat tagt, Chester Crocker, Reagans Afrikabeauftragter, reist, Sam Nujoma und die Vielparteienkonferenz (VPK) tun ein Gleiches, Südafrikas Außenminister Botha wartet. Und in Angola stehen die Kubaner in Vertretung der Sowjets. Eine zweite Kriegsfront. Bürgerkrieg seit 1975, dem Unabhängigkeitsjahr Angolas von portugiesischer Kolonialregierung. Die pro-westliche Befreiungsfront FNLA und Jonas Savimbis UNITA bekämpfen die moskautreue, sozialistische Regierung Jose dos Santos'. Die Etablierung einer solchen Regierung kommunistischer Prägung in einem einmal unabhängigen Namibia ist die Sorge Südafrikas, die Sorge der Einwohner Südwestafrika/ Namibias, die Sorge der westlichen Welt. Es ist ein leiser Krieg. Südafrika hüllt ihn in Schweigen. Nicht verschwiegen werden Untaten der SWAPO an Zivilisten im Norden des Landes, in Owamboland. Untaten der Regierungsstreitkräfte kommen nur in Prozessen ans Tageslicht. Und die Bevölkerung muß damit leben. Oberst Adriaan Stephanus Kleynhans (35) von der SADF (South African Defence Force) war von Juni 1980 bis August 1984 in Oshakati, der Hauptstadt des Owambolandes, stationiert und lebte dort mit seiner Frau und drei Kindern im militärischen Hauptquartier. Der gelernte Wissenschaftler und Karriere-Offizier aus Transvaal/Südafrika öffnet die normalerweise verschlossene Informationstür einen Spalt und nimmt Stellung zum Leben der Bevölkerung auf dem Kriegsschauplatz Owamboland. Die großen, schlanken Owambos werden zu den Bantustämmen gerechnet. Im regenreichen Norden Südwestafrika/Namibias sind sie überwiegend Ackerbauer und Viehzüchter. Das friedliche Volk lebte schon zur Zeit der deutschen Besiedlung ohne Aggression und Aufstand und bestellte damals wie heute kleine Parzellen Land um ihre Kräle. Dorthin schleicht nachts die SWAPO, so heißt es, fordert unter Drohungen von den Owambos Essen, Wasser, Unterkunft und Information über die Regierungsstreitkräfte. Bekommt sie das Gewünschte, verschwindet sie wieder im Busch. Tagsüber kommen die Regierungssoldaten und verlangen gleichfalls Information von den eingeschüchterten Bewohnern. Sagen die Leute dann nichts, werden sie als SWAPO-Sympathisanten abgestempelt, sagen sie etwas, werden sie von der SWAPO als südafrikafreundlich verurteilt. Oberst Kleynhans: »Der Owambo lebt unter den schwersten Bedingungen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Bevölkerung das Medium für den Krieg darstellt. Ohne Hilfe aus der Bevölkerung kann die SWAPO nicht überleben. Sie ist vom Bürger abhängig. Sie braucht Nahrung, Unterschlupf, Transport, Informationen. Die SWAPO-Mitglieder erhalten zwar auf der anderen Seite, in Angola, ihr Training, ihre Munition und Waffen, dazu ein wenig Geld, aber keine lebensnotwendigen Dinge wie Wasser und Brot, Transportmittel. Und sie müssen weit laufen. Auch wenn es genügend Nahrungsmittel gäbe, hätten sie keine Möglichkeit, ihre Vorräte so weit zu schleppen. In den letzten Monaten, bevor der Lusaka-Vertrag zustande kam, mußten sie von Angola her bis zu 300 km weit laufen, bevor sie überhaupt ins Owamboland kamen. Ich kann es Ihnen auf der Landkarte zeigen. Bis Cuvelai (Angola) konnten sie mit dem Auto fahren, ab dort gibt es keine Straße mehr. Sie mußten zu Fuß oder mit dem Esel durch den Busch. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch 'Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984', von Klaus Becker, Jürgen Hecker et al.

Titel: Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984
Autoren: siehe Inhaltsverzeichnis
Verlag: Interessengemeinschaft deutschsprachiger Südwester (IG)
Windhoek, SWA/Namibia 1985
ISBN 3887461126 / ISBN 3-88746-112-6
Original-Leineneinband, Original-Schutzumschlag, 20 x 27 cm, 530 Seiten, Faltkarte 46 x 70 cm (Nachdruck Julius Perthes 1891)

Kube, Sigrid im Namibiana-Buchangebot

Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984

Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984

'Vom Schutzgebiet bis Namibia 1884-1984' ist mit 85 Beiträgen ein hochinteressanter und vielfältiger Kultur- und Gesellschaftsspiegel aus den letzten Jahren vor der Unabhängigkeit Namibias.