Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West, von Wilhelm Mattenklodt

Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West, von Wilhelm Mattenklodt.

Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West, von Wilhelm Mattenklodt.

Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West, von Wilhelm Mattenklodt. Ansicht ohne den seltenen Originalschutzumschlag.

Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West, von Wilhelm Mattenklodt. Ansicht ohne den seltenen Originalschutzumschlag.

Die Erinnerung an Wilhelm Mattenklodt ist auch heute noch, bald hundert Jahre nach seiner legendären Flucht vor der südafrikanischen Besatzungsmacht in Südwestafrika, lebendig. Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West sind seine Memoiren.

Wilhelm Mattenklodt  

[...] Eines späten Abends, nach achtmonatlicher Abwesenheit, hielten wir bei Regen im dichten Busch von Grootfontein. Während Wilhelm bei den Tieren blieb, schlich ich in den Ort hinein und klopfte leise bei Freunden an. Bald stand ich im Zimmer, abgerissen und verschlissen wie ich war, und doch mit aufrichtiger Freude willkommen geheißen. Gemeinsam holten wir Wilhelm, brachten unauffällig die Tiere unter und verlebten einige schöne Stunden. Da wir beide nicht zusammen aus einer Farm verborgen bleiben konnten, trennten wir uns in der nächsten Nacht und suchten eigene Schlupfwinkel aus. In Südwest war wieder Regenzeit. Alle Farmer im Norden waren fleißig am Pflügen und Maissäen. Die Herden durchzogen das grüne Weidefeld, und die Kälber und Lämmer tummelten sich in den Kraalen. Ich kam mir vor wie ein unnützer Mensch, und mich packte die Sehnsucht nach meiner Farm; eines Nachts machte ich mich dorthin auf, aber was fand ich dort! Die mühsam gerodeten und urbar gemachten Acker-Ländereien lagen von Unkraut und Busch überwuchert und waren wieder Wildnis geworden. Das Gras hatte den Hof überzogen und wuchs bis au die Häuser heran. In der Trockenzeit hatten Grasbrände die Garteneinzäunung und die Viehkraale zerstört, die gepflanzten Obstbäume und Nutzhölzer waren verdorrt. In den Gebäuden hausten die Termiten; Wände, Dachbalken, Fenster- und Türrahmen hatten sie zerfressen. Fensterscheiben, Wanduhr und Grammophon lagen von Schwarzen zerschlagen in tausend Splittern am Boden, auch Bett, Tisch und Herd trugen die Spuren der Vernichtung. Die Häuser glichen Ruinen; Wasserbecken und Tränktrog hatten durch das Trockenstehen lange Risse und Sprünge bekommen, und die ganze Farm war verwildert. Der Anblick des Verlustes von alledem, was ich ans dem Nichts erschaffen, was ich in siebenjähriger harter Arbeit zustande gebracht hatte, konnte mich wohl für eine Stunde mit Bitterkeit gegen das Schicksal erfüllen, das mich statt mit Lohn für mein redliches Bemühen mit Entbehrungen, Nöten und Gefahren überhäufte. Aber was ich getan hatte, zwang mir weder jetzt noch später auch uur eine Minute der Reue ab. Sondern ich überlegte, wie ich unter den gegebenen Umständen und trotz ihrer mein Leben nutzbringend anwenden konnte, und da kam ich wieder auf die Erforschung des Sandfeldes. In Gedanken vertieft, saß ich, gegen die Morgenkühle in meinen Soldatenmantel gehüllt, an einem Feldstein vor der Ostwand meines Wohnhauses. Über der Omaheke begann es zu tagen. Es wurde heller und heller. In Otjomaware brüllte das Vieh in den Kraalen, und die Sonne ging auf. Da erdröhnte die Erde, galoppierende Reiter waren im Anzuge. Ich faßte mein Gewehr und sprang auf; ohne zu zögern rannte ich gebückt durch das hohe Gras am Wirtschaftsgebäude vorbei nach dem vierzig Meter entfernten Busche zu. Dort richtete ich mich auf. Im selben Augenblick sprengten englische Soldaten um die Hausecke. Eine Sekunde laug bohrte sich Auge in Auge, dann schlugen die Büsche hinter mir zusammen und ich sprang davon. Nach fünfzig Metern wechselte ich die Richtung und lief durch dichten Busch bis auf eine größere Lichtung. Es erschien mir zu gewagt, sie zu überschreiten, aber hinter mir hörte ich die Feinde rufen und näher kommen. Sie suchten den Busch ab, ich mußte fort. So rannte ich denn im schnellsten Laufe über die offene Fläche, sprang mit einem Satz über die Otjomaware-Pad und hatte damit den großen dichten Dornbusch gewonnen, in dem ich aller Verfolgung spotten konnte. Den ganzen Tag über blieb ich ans den Beinen und tauchte in der Nacht, 50 km weiter, auf einer Farm auf, wo ich vorläufig in Sicherheit war. Wenn zwei Tiere der Wildnis, die Gefährten gewesen sind und sich verloren haben, einander suchen, so finden sie sich. Auch mein Instinkt hatte sich im Laufe der langen Flüchtlingszeit fast zu dem eines wilden Tieres entwickelt und ich wußte, wo ich Wilhelm zu suchen hatte, denn ich kannte innerhalb eines Gebietes von 100 km Länge und 100 km Breite alle seine Schlupfwinkel. In dem Maisfelde einer abgelegenen Farm entdeckte ich seine Lagerstätte. Sie war jedoch leer, Wilhelm hatte sich vielleicht nach dem Farmhause aufgemacht, denn es war Abend. So wartete ich noch ein wenig bis zur Dunkelheit und pirschte mich langsam näher. Das Farmhaus lag so, daß ich ungesehen bis auf dreißig Schritte herankommen konnte. Die Hunde, mit denen ich bei solchen Gelegenheiten oft einen Strauß ausfechten mußte, hatten mich auch diesmal schon bemerkt, und schlugen wütend an. Ich stand zwischen den äußersten Stauden eines Maisfeldes und verhielt mich regungslos. Deutsche Stimmen ließen sich vernehmen und die Hunde beruhigten sich langsam. […]

Dies ist ein Auszug aus den Memoiren: Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West, von Wilhelm Mattenklodt.

Titel: Verlorene Heimat
Untertitel: Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West
Autor: Wilhelm Mattenklodt
Genre: Memoiren, Kriegserinnerungen
Verlag: Paul Parey
Erstauflage. Berlin, 1928
Original-Leinenband, 15x22 cm, 209 Seiten, 1 Karte, 1 Foto, zahlreiche Textillustrationen

Mattenklodt, Wilhelm im Namibiana-Buchangebot

Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West

Verlorene Heimat. Als Schutztruppler und Farmer in Süd-West

Seinen Lebensweg als Schutztruppler und Farmer und seine legendär gewordene Flucht über Südwestafrika und Angola beschreibt Mattenklodt in seinen Erinnerungen 'Verlorene Heimat'.

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