Tod am Kap: Geschichte des Burenkriegs, von Martin Bossenbroek

Tod am Kap: Geschichte des Burenkriegs, von Martin Bossenbroek. Verlag: C. H. Beck. München, 2016. ISBN 9783406688126 / ISBN 978-3-406-68812-6

Tod am Kap: Geschichte des Burenkriegs, von Martin Bossenbroek. Verlag: C. H. Beck. München, 2016. ISBN 9783406688126 / ISBN 978-3-406-68812-6

'Tod am Kap', Martin Bossenbroeks preisgekrönte Darstellung des Zweiten Burenkriegs (1899–1902) ist aus der Perspektive des niederländischen Juristen Willem Leyds, des britischen Kriegsberichterstatters Winston Churchill und des burischen Kämpfers Deneys Reitz geschrieben. Deren Tagebücher, Briefe und Reportagen gewähren einen unmittelbaren Einblick ins Geschehen und informieren präzise und umfassend über Vorgeschichte, Motive, Verlauf und Folgen des Burenkrieges.

Martin Bossenbroek  

Erster Teil: Für die Gerechte Sache

Eine nicht alltägliche Begegnung (Amsterdam, Juni 1884)

Es war ein Angebot, das er leicht ablehnen konnte. Cum laude promoviert, gerade erst fünfundzwanzig, Protege sämtlicher Professoren der renommierten juristischen Fakultät der Universität Amsterdam: Willem Leyds hatte viele Möglichkeiten. Ein Amt in der Gerichtsverwaltung Niederländisch-Ostindiens, eine Professur in Groningen oder diese Stelle bei der Nederlandsche Bank, im Grunde standen ihm alle Türen offen. Warum also sollte er auf ein solch merkwürdiges Angebot eingehen? Das Amt des Staatsprocureurs, ähnlich dem des Generalstaatsanwalts, in Transvaal zu übernehmen wäre ihm ganz sicher als Letztes in den Sinn gekommen. Ein Staat, nicht viel älter als er selbst und mit einer Bevölkerung aus streng calvinistischen Farmern und Viehzüchtern, wie sollte ein liberaler Jurist sich dort Meriten erwerben, ganz zu schweigen von der kulturellen Unwirtlichkeit der südafrikanischen Hochebene. Leyds war nicht nur Akademiker, sondern hatte auch eine musische Ader. Er spielte Violoncello in einem Streichquartett, dem auch der spätere Komponist und Dichter Alphons Diepenbrock angehörte, war befreundet mit dem Altphilologen Willem Kloos (mit dem er Homer im Original las) und dem Arzt Frederik van Eeden, der wie Kloos und Diepenbrock zu den wichtigsten niederländischen Autoren der 1880er und 1890er Jahre zählen sollte. Und nun die Zumutung, nach Transvaal zu gehen, in diese intellektuelle Wüste, wie seine Verlobte Louise Roeff das Problem ironisch zusammenfasste? Wenn er es überhaupt in Erwägung zog, lag das an der Persönlichkeit, von der das Angebot kam. Paul Kruger hatte Leyds imponiert: seine wuchtige Gestalt, seine dunklen Augen, sein sonorer Bass, diese selbstsichere Direktheit. Und doch, es war eine Stimme aus einer anderen Welt, ein Echo der Vergangenheit. Der Präsident Transvaals war der Inbegriff des Buren oder Afrikaanders, ein Mann der Bibel, des Gewehrs und der endlosen Weidegründe, der außerdem erstaunlich wenig auf sein Äußeres achtete. Während Leyds als gut aussehender junger Mann galt, gepflegt bis in die Spitzen seines modischen Schnurrbarts, fiel der fast sechzigjährige Burenpräsident vor allem durch seine ausgeprägte Schlampigkeit auf, erst recht in der luxuriösen Suite des Amstel-botels, in der er Leyds empfangen hatte. Leyds empfand den Kontrast als zu scharf, den Abstand als zu groß, den Entschluss, den er hätte fassen müssen, als zu radikal. Ein paar Stunden nach dem Gespräch lehnte er dankend ab. Doch so leicht kam er nicht davon. Kruger wollte sich mit seinem Nein nicht abfinden und überredete ihn, noch einmal gründlich über die Sache nachzudenken. Es war der 12. Juni 1884, der Tag nach Leyds' Promotion. In zwei Tagen würde der Präsident von Transvaal abreisen. Und so beschloss Leyds, das Angebot noch mit Nicolaas Pierson zu besprechen, dem Direktor der Nederlandscbe Bank. Leyds' Zögern war begreiflich. In den Niederlanden wusste man noch nicht so recht, was man von den Buren halten sollte. Man bewunderte sie zwar allgemein für ihren erfolgreichen Widerstand gegen die britische Kolonialmacht, aber ihr Heldenstatus, erst Ende 1880, Anfang 1881 errungen, war noch etwas brüchig. Den Ereignissen von 1880 waren Jahrzehnte des Vergessens und der Verachtung vorangegangen. Seit der endgültigen Annexion der einst niederländischen Kapkolonie durch die Briten im Jahr 1806, dem Jahr, in dem die Niederlande selbst, schon seit 1795 als «Batavische Republik» ein französischer Satellitenstaat, als «Königreich Holland» unter Louis Napoleon noch enger an Frankreich angeschlossen wurden, hatte das Interesse an den Kolonisten im südlichen Afrika immer mehr nachgelassen, auch in der Heimat der meisten ihrer Vorfahren. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem kriegsgeschichtlichen Werk 'Tod am Kap: Geschichte des Burenkriegs' von Martin Bossenbroek.

Titel: Tod am Kap
Untertitel: Geschichte des Burenkriegs
Genre: Kriegsgeschichte
Autor: Martin Bossenbroek
Übersetzung: Andreas Ecke
Verlag: C. H. Beck
München, 2016
ISBN 9783406688126 / ISBN 978-3-406-68812-6
Kartoneinband mit Schutzumschlag, 15 x 22 cm, 624 Seiten, 3 Abbildungen, 4 Karten

Bossenbroek, Martin im Namibiana-Buchangebot

Tod am Kap: Geschichte des Burenkriegs

Tod am Kap: Geschichte des Burenkriegs

'Tod am Kap' informiert präzise und umfassend über Vorgeschichte, Motive, Verlauf und Folgen des Burenkriegs von 1899 bis 1902.