Swartland: Ein Kapstadt Roman, von Uli van Odijk

Swartland: Ein Kapstadt Roman, von Uli van Odijk. kalliope paperbacks. Heidelberg, 2016. ISBN 9783981495355 / ISBN 978-3-9814953-5-5

Swartland: Ein Kapstadt Roman, von Uli van Odijk. kalliope paperbacks. Heidelberg, 2016. ISBN 9783981495355 / ISBN 978-3-9814953-5-5

Mit einer rätselhaften Todesanzeige, den eine kürzlich verwitwete Frau in den alten Zeitungen ihres verunglückten Mannes findet, beginnt Uli van Odijks Kapstadt-Roman, Swartland.

Uli van Odijk  

Seit Monaten hatte ich keine Zeitungen mehr aufgeschlagen. Obwohl sie sich in allen Räumen stapelten, hatte ich mich nicht aufraffen können, sie abzubestellen oder gar wegzuwerfen. Schließlich bündelte ich die un-gelesenen Zeitungen und schichtete sie nach und nach in einer Ecke des Flurs auf. Max hatte sie beim Lesen zerpflückt, die Seiten verknittert, seine Kaffeetasse darauf abgestellt, bis sich auf dem Papier braune Ränder bildeten, beim Lesen unterstrichen, was ihm wichtig schien und Artikel herausgerissen, wenn er meinte, sie irgendwann später einmal lesen zu müssen. Was würde ich heute darum geben, seine Unsitte, die mich so häufig geärgert hatte, noch einmal ertragen zu dürfen! Eines Morgens betrachtete ich den Zeitungsstapel, der inzwischen zu einem unübersichtlichen Berg herangewachsen war. Ich griff einige Zeitungen heraus, schlug sie auf, blätterte flüchtig die Seiten durch, überflog die Berichte. Textblasen, Nachrichten von gestern! Doch dann fesselte mich ein Bericht über Frank Gehry. Max hatte Zeit seines Lebens die Kühnheit des berühmten Architekten, seine Gebäude wie zerknautschte Pappbecher, verbogene Bleche und aufgeschlitzte Pappkartons aussehen zu lassen, bewundert. Dabei seien manche seiner Gebäude einfach hässlich, fand er. Man habe den Eindruck, als hätten sie gerade ein Erdbeben überstanden. Allein das Guggenheim Museum in Bilbao, dessen atemberaubende Schwünge der Dachkonstruktion aus silbernem Titan an die Segel eines riesigen Traumschiffs erinnerte, rang ihm einen gewissen Respekt ab, wenngleich er sich mit dem Dekonstruktivismus in der Architektur nie hatte anfreunden können. Ich ließ die Zeitung sinken. Der Artikel war vom Juni. Plötzlich realisierte ich, dass ich schon seit Monaten wie unter einer Taucherglocke lebte und mechanisch meine Arbeit verrichtete. Meine Gefühle schwankten ständig zwischen Kummer und Wut, weil Max mich allein gelassen hatte, und zwischen Gekränktheit und Bitterkeit, weil ich den Mann, mit dem ich fünfundzwanzig Jahre verheiratet gewesen war und von dem ich annahm, dass wir keine Geheimnisse voreinander hatten, so wenig gekannt hatte. Ich starrte auf den Zeitungsberg. Nutzloses Altpapier! Damit musste nun endlich Schluss sein! Ich überschlug, wie viele Autofuhren ich benötigen würde, um die Zeitungen zu entsorgen. Es wurden drei Fahrten. Bündel für Bündel schleppte ich sie zum Papiercontainer und sah sie Stück für Stück verschwinden. Als ich die letzten Zeitungen in den Container warf, rutschte eine von ihnen aus dem Stapel heraus und fiel zu Boden. Ich hob die einzelnen Bögen auf, und beim Zusammenfügen fiel mein Blick auf eine schwarz umrandete Anzeige:

Im stillen Gedenken an meine Nichte Tosca Farini
* 07.01.1950, Kapstadt + 07.01.1998, Wuppertal

Mein Herz zog sich zusammen. Am 7. Januar war Max tödlich verunglückt, zusammen mit Tosca Farini. Ihren Namen kannte ich aus dem Unfallbericht der Polizei. Zuerst hatte ich angenommen, sie sei eine Klientin von ihm gewesen, weil sie bei ihm im Auto gesessen hatte, an dem Tag, an dem das Schicksal ihn mir genommen hatte. Aber weder seine Partner noch die Sekretärinnen hatten je von ihr gehört. Es war mir peinlich gewesen, zugeben zu müssen, dass ich nicht wusste, wer Tosca Farini war und was sie von Max wollte. Zudem hatte es mir an Kraft gefehlt, mich um die Unbekannte zu kümmern, so sehr war ich mit meinem Kummer beschäftigt gewesen. Doch jetzt, als ich ihren Namen las, wusste ich, dass mich die Schatten der Vergangenheit so lange verfolgen würden, bis ich herausgefunden hatte, warum die mysteriöse Fremde bei Max im Wagen gesessen hatte. Die Straße, die in der Kondolenzadresse angegeben war, kannte ich nicht. Aber ich kannte den Stadtteil. Kurz nach unserer Hochzeit war ich einmal mit Max dort gewesen. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Swartland: Ein Kapstadt Roman, von Uli van Odijk.

Titel: Swartland
Untertitel: Ein Kapstadt Roman
Autorin: Uli van Odijk
Genre: Südafrikaroman
kalliope paperbacks
Heidelberg, 2016
ISBN 9783981495355 / ISBN 978-3-9814953-5-5
Broschur, 12 x 19 cm, 207 Seiten

van Odijk, Uli im Namibiana-Buchangebot

Swartland: Ein Kapstadt Roman

Swartland: Ein Kapstadt Roman

Swartland: Ein Kapstadt Roman spinnt sich um Familiengeheimisse und Beziehungen vor der reizenden und widersprüchlichen Kulisse des heutigen Kapstadt.