Schwarze Sphinx. Schicksale und Wandlungen, von Julius Steinhardt

Schwarze Sphinx. Schicksale und Wandlungen, von Julius Steinhardt.

Schwarze Sphinx. Schicksale und Wandlungen, von Julius Steinhardt.

Julius Steinhardt philosophiert in seinem Buch Schwarze Sphinx: Schicksale und Wandlungen darüber, was hinter der Stirn der schwarzen Gegenüber, denen er in Südwestafrika begegnete, vorgehen mag.

Julius Steinhardt  

(...) Dunkle Nacht schon war es, als wir das Wasser gestern erreichten und uns todmüde im Sande betteten. Angesichts dieser Berge aber, dieser im Frühsonnengold leuchtenden Steppe beschließe ich, ein paar Tage liegen zu bleiben; — schnell sind die nötigen Anordnungen getroffen; die Aussicht auf die Ruhetage beflügelt der Diener Hand; — bald sitze ich am Tisch vor'm Zelt und lasse mich wohlig von der jungen Sonne durchwärmen. Sehe in die Steppe hinab, über der das ewige Rätsel lastet, — sehe, — nein: fühle die Schwarze Sphinx. Und sehe sie im Auge des stämmigen Kamenaie, der mir den Frühtee bringt. Schweigsam ist er immer und immer, verschlossen und wortkarg, anstellig dabei und wohlvertraut mit des Herren Eigenheiten; ist das Ideal eines Dieners, — Hinter seiner Stirne aber lauert das Unfaßbare, Ungreifbare, — und glimmt in seines Auges Steppenblick .... Und heute, o Wunder, kauert er sich nieder, starrt wesenlos ins Weite, beginnt zu erzählen, — stockend erst und scheu, beredter dann: Daß er hier im Bannkreis dieses Wassers geboren sei vor nun schon langen Jahren, — dort drüben am Ausgang der Schlucht lag die Werft seiner Sippe, der Ovakuenombura, — „Und du weißt doch, Herr, daß die Ovakuenombura, daß der „Regen-Clan" der vornehmste war im Herero-Volke, der vornehmste und reichste. „Maharero's, unsres obersten Häuptlings Sohn bin ich, auf dem Ochsen, den er meiner Mutter gab als Lohn für die Willfährigkeit einer einzigen Nacht, habe ich als Kind noch geritten. „Und stolz war mein Vater, der Großmann Kanduezohoni, daß ihm meine Mutter ein Häuptlingskind in die Ehe brachte. Nur nach den schönsten Weibern griff Maharero, dessen Großfrau und Nebenfrauen keine Eifersucht kannten, denn er gab ihnen immer reichlich zu essen — zählte die Ochsen und fetten Hammel nicht, die auf seiner Werft geschlachtet wurden. Und welches Mädchen auch immer sein Lager teilte für nur eine Nacht, — immer erhielt sie einen Ochsen von ihm geschenkt. Auch darüber schalt die Großfrau nicht und nicht die Nebenfrauen. Hu, — und wie meine schon keift, wenn ich nur eine halbe Platte Tabak verschenke!" - „Du bist verheiratet, Kamenaie? Weshalb verschwiegst du mir das?" - „Was geht es dich an, Herr, ob ich verheiratet bin oder nicht?" - „Nun, — ich hätte deinen Weihnachtsgeschenken vielleicht ein Kopftuch hinzugefügt, eine Kette oder einen Ring. — Weshalb begleitet Dich deine Frau denn nicht? Oder hast du mehrere? Wo sind sie?" - „Herr, — Ihr Weißen fragt viel! — Drei Frauen habe ich. Aber seit Kenamuangu, meine Großfrau, zur Mission geht und Euern Glauben lernt, hält sie keinen Frieden mehr mit den andern. Und ob ich sie auch oft verprügelte, behauptet sie doch, ich hätte sie nicht mehr lieb und achtete sie nicht mehr, — es war schrecklich, Herr. All meinen Lohn wollte sie alleine haben; wollte nicht mehr arbeiten; kochte nicht mehr für mich, weil ich ja doch ein Heide sei. Wollte sich jede Woche ein neues Kleid kaufen und Kopftücher und Schuhe — und sogar Strümpfe, denn sie sei doch eine Christin. Ganz dicke Strümpfe, Herr, die kratzen und heiß sind und unsre Füße noch weicher und kränker machen als die Stiefel, die Eure Kaufleute uns verkaufen, damit sie Geld nach Deutschland schicken können. (...)

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Schwarze Sphinx. Schicksale und Wandlungen, von Julius Steinhardt.

Titel: Schwarze Sphinx
Untertitel: Schicksale und Wandlungen
Autor: Julius Steinhardt
Verlag: Paul Parey
Berlin, 1927
Original-Leinenband, 15x21 cm, 246 Seiten

Steinhardt, Julius im Namibiana-Buchangebot

Schwarze Sphinx. Schicksale und Wandlungen

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Schwarze Sphinx: Schicksale und Wandlungen. Fragen zur Mentalität und Weltanschaung des schwarzen Mitmenschen.

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