Roter Horizont, von Jenny Hobbs

Roter Horizont, von Jenny Hobbs. Econ Taschenbuch Verlag. München, 1997. ISBN 3612273345 / ISBN 3-612-27334-5

Roter Horizont, von Jenny Hobbs. Econ Taschenbuch Verlag. München, 1997. ISBN 3612273345 / ISBN 3-612-27334-5

Jenny Hobbs hat mit "Roter Horizont" ein weiteres Südafrika-Epos über eine ungewöhnliche Geschichte eines jungen Mädchens geschrieben, ein Roman so packend und bilderreich wie ein road movie.

Jenny Hobbs  

Ich erinnere mich noch an den ersten Jungen, der seine Zunge in meinen Mund steckte. Er hieß Vernon, und er war dreizehn und glücklich über den riesengroßen Pik-kel, der an seinem Hals blühte und eins der sicheren Zeichen dafür war, daß die Hormone allmählich zu wirken anfingen. Es war das erste, was er mir zeigte, als wir in der Schule hinter den Toilettenbau gingen, wozu mich einige Jungs aus der siebten Klasse herausgefordert hatten. Sie sagten, die in der sechsten Klasse wären noch richtige Kinder und hätten viel zuviel Angst vor den Lehrern, um heimlich herumzuknutschen oder zu rauchen. Sein Pickel saß dicht hinter und unterhalb seines Ohrs, und er meinte, ich solle ihn mir mal ansehen, ob er schon reif genug wäre, um ihn auszudrücken. Jeder wußte, wenn man es zu früh versuchte, blieb eine kleine, dunkle Narbe zurück. Da ich selbst keinen einzigen Pickel vorweisen konnte, war ich natürlich beeindruckt. »Was meinst du mit reif genug? Unten ist er ganz rot, und oben hat er eine kleine gelbe Spitze.« »Wie groß?« »Etwa so groß wie ein -« Ich. suchte nach einem passenden Vergleich, »wie ein Marienkäfer.« »Himmel noch mal, Mädchen!« sagte er abfällig. »Fällt dir nichts ein, von dem ich weiß, wie groß es ist?« Es bringt nichts, wenn man bei Jungs mit Worten oder Ideen Eindruck schinden will. Ich sagte: »Es war nur ein Bluff. Ich meinte, er ist so groß wie eine kleine Zecke.« Dabei schnippte ich mit dem Fingernagel dagegen. »Nicht berühren, Mann!« brüllte er und zuckte zurück. »War nur ein Test.« Ich lachte, wie ich es auf einem Madonna-Video gesehen hatte. »Willst du mich denn gar nicht küssen?« Ich hätte wissen müssen, daß er versuchen würde, auch noch seine Zunge in meinen Mund zu schieben. Diesmal war ich es, die zurückzuckte, aber er war zu stark und hatte die Arme um mich geschlungen, während er seine Zunge zwischen meine Zähne zwängte, gefolgt von einer Ladung warmer Spucke. Es war genauso, als dränge ein lebendiger Aal mit dem Schwanz zuerst in mich ein. Zuerst war er ganz klein und wurde dann größer und größer, zuckte und schlängelte sich, als versuchte er, durch meine Luftröhre zu kriechen. Ich konnte nicht richtig atmen, weil seine Nase gegen meine drückte, und der Aal schien meinen ganzen Mund auszufüllen. Deshalb biß ich zu. Vernons Kopf flog nach hinten, und während seine Zunge herausrutschte, schrie er. Die Jungs, die uns angestachelt hatten, kamen um die Ecke des Toilettenbaus herumgerannt. Ich sagte: »Das geschieht dir recht, du Idiot!« und ging schnell weg, damit sie nicht die Tränen in meinen Augen sahen. Ich fühlte mich schmutzig, mein Mund war voll entsetzlich schmeckender Spucke, und der Geruch Vernons klebte noch auf meiner Haut. Er aß immer Bananen, und bis auf den heutigen Tag hasse ich den Geruch von Bananen. Diese Episode trug trotzdem entscheidend zu meinem Ruf in der Schule bei. Ich erhielt den Spitznamen »Spitfire«, und Jungs aus den höheren Klassen verabredeten sich mit mir, zuerst als Mutprobe, aber ich lernte das Küssen ziemlich schnell, und dann verabredeten sie sich mit mir, weil es so was wie eine Auszeichnung war, mit Sylvie Metcalf herumzumachen. Die Schule war plötzlich nicht mehr langweilig, sondern sie machte richtig Spaß, jedenfalls außerhalb der Klassenzimmer. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Südafrika-Roman Roter Horizont, von Jenny Hobbs.

Titel: Roter Horizont
Autorin: Jenny Hobbs
Genre: Südafrika-Roman
Übersetzung: Michael Kubiak
Econ Taschenbuch Verlag
München, 1997
ISBN 3612273345 / ISBN 3-612-27334-5
Originalbroschur, 12 x 18 cm, 239 Seiten

Hobbs, Jenny im Namibiana-Buchangebot

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Der Südafrika-Roman "Roter Horizont" erschien 1995 unter dem englischen Originaltitel "Video Dreams".

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