Perspektiven 2015 (Afrikanischer Heimatkalender 2015). Tourismus in Namibia. Ein Land verändert sich

Perspektiven 2015 (Afrikanischer Heimatkalender 2015). Tourismus in Namibia. Ein Land verändert sich Informationsausschuss der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia DELK. Windhoek, Namibia 2015. ISBN 9789991686837 / ISBN 978-99916-868-3-7

Perspektiven 2015 (Afrikanischer Heimatkalender 2015). Tourismus in Namibia. Ein Land verändert sich Informationsausschuss der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia DELK. Windhoek, Namibia 2015. ISBN 9789991686837 / ISBN 978-99916-868-3-7

Einer der kritischen Beiträge in Perspektiven 2016 / Afrikanischer Heimatkalender 2017 stammt von Dr. Wendula Dahle und Wolfgang Leyerer: Tourismus in Namibia. Weder nachhaltig, noch ganzheitlich, aber voller Eigenlob.

Wendula Dahle  Wolfgang Leyerer  

Im Schatten des Busses

Ein Bild des sorgfältig gedeckten Kaffeetisches für vierzig Reisende wurde in Conny's kleinem Restaurant und B&B an der C24 etwa 80 km südlich von Rehoboth aufgenommen. Bei Conny gab es an diesem Tag Rooibos-Tee, Ricoffy-Kaffee, Kekse und die Möglichkeit, sich kurz zu erfrischen. Derartige Plätze entlang der langen Strecken gibt es in Namibia selten, so dass die notwendigen Pausen eher so verlaufen wie auf einem anderen Bild: Am Rand des viel besuchten Sesriem-Canyons gibt es weder Schatten, noch Picknicktische, noch Toiletten. So muss, halb unter dem Reisebus auf dem Boden sitzend, die notwendige Pause eingelegt werden. Diese beiden Bilder von 2014 demonstrieren das Dilemma des Tourismus in Namibia: Nur einige Privatinitiativen schaffen ein Minimum an Infrastruktur, um die langen Fahrten unterwegs zu genießen. Weder die öffentliche Hand, Gemeinden, Staat, Naturschutzbehörde, noch die vielen verschiedenen Tourismusverbände haben ein Konzept, um Namibia als Reiseland eine Struktur zu geben, die es attraktiv für den heutigen modernen Tourismus machen könnte. Conny's Restaurant kann weder mit einer finanziellen Unterstützung noch mit irgendeiner Auszeichnung rechnen, dabei könnte ihr Angebot wegweisend sein: Landesweite Cafes oder Garküchen würden auch in ländlichen Gebieten Beschäftigung und den Reisenden eine erholsame Pause (Vorbild: Madagaskar!) gewähren. Dass es diese Angebote selten gibt, ist die erste verpasste Chance des namibischen Tourismus, auf weitere werden wir im Folgenden noch eingehen.

Fehlende Infrastruktur aufgrund falscher Kosten-Nutzen-Kalkulation

Da der namibische Staat keine Kosten für den Ausbau der touristischen Infrastruktur   übernimmt, sondern nur direkte Einnahmen erzielen will, selbst an der Vermarktung wie der offiziellen Infobroschüre „Welcome to Namibia" will er noch durch bezahlte Anzeigen verdienen, wird es auch in Zukunft das Picknick nur im Schatten der Busse geben. Die wenigen Plätze ä la Conny werden den Bedarf nicht auffangen können, zumal die staatlichen Behörden sie schröpfen, statt zu unterstützen: Bodensteuer, Bettenabgabe, Registrierungskosten, Levy usw. Alle geben diese Ausgaben an die Gäste weiter mit dem Resultat, dass Namibia inzwischen ein vergleichsweise teures Reiseland geworden ist. Insofern ist es erstaunlich bei der im internationalen Vergleich geringen Zahl von Besuchern und der Nichtauslastung vieler Betriebe, wie viele Unterkünfte es mit einem hohen Standard überhaupt noch gibt. Zugleich sprechen die über 300 Schließungen, auch renommierter Lodges oder Gästefarmen, die alle erst nach der Unabhängigkeit des Landes eröffnet oder ausgebaut worden waren, eine deutliche Sprache wie beispielsweise Amani, Kavita Lion, Ermo, Franken, Oropoko, Hobatere, Xaragu, Naua Naua, Vogelstraußkluft, Daweb, Gauss, Rietfontein, Kalahari Game Ranch, Matemba, Etosha Garden Hotel, Blaesskranz, Sossusvlei Wilderness, Okamitundo , La ValleeTranquille, Aida, Etekero... Alle Investitionen über die Unterkünfte hinaus kann der Privatsektor allein nicht stemmen. DerTourismus ist zwar ein wichtiger Wirtschaftszweig, aber kein Produktionsprozess, in dem Rationalisierungen die Produktivität erhöhen und die Konkurrenzfähigkeit garantieren. Man denke an nur einige Notwendigkeiten, die bei anderen touristischen Zielen längst selbstverständlich sind, aber in Namibia höchst selten überhaupt diskutiert werden: Ausbau von Straßen zu den Sehenswürdigkeiten, Einrichtung von Rastplätzen, öffentliche Parks, Wander- und Radwege, öffentliche Verkehrsmittel, preiswerte Familienunterkünfte in den Parks, solide Häuser auch für die Angestellten der Parks, eine gute Ausbildung der Naturschutzbeamten, Informationsstände, saubere Picknickplätze auch für Gruppen usw.. Jeder Besucher moniert inzwischen, dass im Aushängeschild Etoscha die Picknickplätze unbenutzbar geworden seien, an einen Besuch eines WCs im Park unterwegs sei überhaupt nicht zu denken -, was im Übrigen sogar ein landesweites Dilemma darstellt. Die Fehleinschätzung des namibischen Staates beruht darauf, dass für ihn nur direkte Einnahmen aus dem touristischen Geschäft zählen. Die langfristigen, sekundär zu erzielenden Einnahmen werden überhaupt nicht in die Kalkulation einbezogen: Beschäftigungen in vielen Dienstbereichen, Gaststättenumsätze, Auslastung von Verkehrsmitteln, wenn es diese gäbe, bessere Beziehungen zu anderen Staaten, wenn Ausländer sich hier wohlfühlen. [...]

Dies ist ein Auszug aus Perspektiven 2015 / Afrikanischer Heimatkalender 2015

Buchtitel: Perspektiven 2015 (Afrikanischer Heimatkalender 2015)
Untertitel: Tourismus in Namibia. Ein Land verändert sich
Herausgeber: Informationsausschuss der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia DELK
Windhoek, Namibia 2015
ISBN 9789991686837 / ISBN 978-99916-868-3-7
ISSN 2026-7010
Broschur, 17 x 24 cm, 140 Seiten, zahlreiche Abbildungen

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