Meine Freunde, die Paviane, von Eugène Marais

Meine Freunde, die Paviane, von Eugène Marais.

Meine Freunde, die Paviane, von Eugène Marais.

Die ersten Skizzen des Lebens von von Eugène Marais am Waterberg (Südafrika) sind der Inhalt des Bandes Meine Freunde die Paviane. Sie gehören zu den reizvollsten Geschichten, die ein Naturbeobachter je erzählt hat.

Eugène Marais  

[...] Das alles ging so schnell, daß Mr. Austin den Leoparden überhaupt nicht bemerkte. Die Bewegung des Leoparden erinnerte an eine Flamme, die aus einem großen Grasbrande zischt und in der Luft verschwindet. Nun konnten wir zum erstenmal die erstaunliche Sehschärfe des Pavians feststellen (später fanden wir durch Versuche den Beweis, daß sie größer ist als die irgendeines anderen Tieres der südafrikanischen Fauna): Trotz der blitzartigen Bewegung und der Dunkelheit hatte die Herde den Leoparden fliehen sehen und fing sofort wieder zu toben an. Und dann geschah etwas Seltsames. Wir vermuteten den Leoparden noch vor uns in der Schlucht, und falls er nicht die Steilwände hinaufgeflohen war, würden wir ihn sicherlich wieder treffen müssen. Hätten wir damals schon die Erfahrung gehabt, die uns später zuteil wurde, wären wir in der Lage gewesen, aus dem Benehmen der Affen ganz bestimmte Schlüsse zu ziehen. Niemals würden sie ihren Zufluchtsort im Dunkeln verlassen haben, ganz und gar nicht, wenn Gefahr für ein zweites Zusammentreffen mit dem Leoparden bestand - wenn sie im unklaren über seinen jetzigen Aufenthalt gewesen wären. Während Mr. Austin, noch ganz verdattert, überlegte, was wir nun tun sollten, umringte uns plötzlich die ganze Pavianherde unter entsetzlichem Geschrei. Von allen Seiten tauchten dunkle Gestalten im Lichtschein unserer Laterne auf und stießen herausfordernde Schreie in die Richtung aus, in der der Leopard verschwunden war. Zum erstenmal sahen wir dabei, daß die großen Männchen Junge auf dem Rücken trugen. Später hatten wir dann noch öfter das Glück, mitzuerleben, wie die großen Männchen die Kleinen huckepack aus der Gefahrenzone schafften. Das Verhalten der Herde wurde uns bald klar. Wir stellten ebenfalls zum ersten Male fest, wie überraschend ähnlich ihre Auffassungsgabe der menschlichen war. Offenbar hatten sie sofort begriffen, daß der Leopard uns fürchtete, und daß sie in Sicherheit seien, solange sie sich zu uns hielten. Und ihr Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Sie blieben bei uns und kamen mit uns, bis wir den Abfallhaufen unter ihrer Schlafstätte erreichten; dort verließen sie uns, um sich in die Sicherheit ihrer Felsnische zurückzuziehen. Das letzte, was wir noch von ihnen hörten, waren Äußerungen ihrer Befriedigung und die Koselaute der Mütter, die ihre verlorengeglaubten Kleinen wohlbehalten wiedergefunden hatten. Den Leoparden trafen wir in jener Nacht nicht wieder. Es dauerte nicht lange, bis wir herausbekamen, daß Leben für den Pavian einen Alpdruck unaufhörlicher Ängste bedeutet. Im Kriege hatten die Bergleoparden sich ebenso vermehrt und waren ebenso furchtlos geworden wie die Paviane selbst. Vor unserer Ankunft müssen die Verluste der Herde durch die Leoparden enorm gewesen sein. Nach Mr. van Staden verging selten, wenn überhaupt, ein Tag, an dem den Leoparden nicht wenigstens ein Pavian zum Opfer fiel. All seine Durchtriebenheit und Vorsicht, all seine überraschende Tapferkeit nutzte ihm nichts gegen einen schleichenden Feind, der sich hinter ein paar Grasbüschen vollständig unsichtbar machen kann. Wir hatten oft Gelegenheit, nicht nur bei der uns befreundeten, sondern auch bei fremden Herden in anderen Teilen von Waterberg, diesen gräßlichen Existenzkampf mit anzusehen. Unsere Paviane hatten zwei Feinde von höchster Bedeutung, außer dem Menschen natürlich. Von diesen beiden natürlichen Feinden war der Bergleopard bei weitem der gefährlichste. Dies Raubtier stellte für die Paviane in einem weiten Bereich von Waterberg wirklich die Macht der natürlichen Auslese dar. Ich gebrauchte den Ausdruck „Bergleopard" nicht, um den Eindruck zu erwecken, als gäbe es mehr als eine Art von Leoparden in Südafrika; gleichwohl ist der Leopard der Berge von dem der Buschsteppe in der Ebene deutlich zu unterscheiden. Der Leopard wird in den Bergen viel größer, er ist dort stärker, stolzer und furchtloser als in der Ebene.  [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Meine Freunde, die Paviane,von Eugène Marais.

Titel: Meine Freunde, die Paviane
Autor: Eugène Marais
Verlag: F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung (Walter Kahnert)
Berlin, o. J.
Original-Halbleinen, Original-Schutzumschlag, 14x21 cm, 150 Seiten

Marais, Eugène im Namibiana-Buchangebot

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