Lynx die Rotkatze. Eine Tiergeschichte aus Deutsch-Südwest, von Adolf Kaempffer

Lynx die Rotkatze. Eine Tiergeschichte aus Deutsch-Südwest, von Adolf Kaempffer.

Lynx die Rotkatze. Eine Tiergeschichte aus Deutsch-Südwest, von Adolf Kaempffer.

Mit seiner Tiergeschichte 'Lynx die Rotkatze' beschrieb der in Deutsch-Südwestafrika aufgewachsene Adolf Kaempffer das Leben und Verhalten des Karakal, der auch Wüstenluchs bzw. Rotkatze genannt wird.

Adolf Kaempffer  

Lynxens Heimat lag in den Dickichten des Fischflusses im mittleren Süden Deutsch-Südwestafrikas. Dort hauste sein Geschlecht schon seit Jahrzehnten. Seinen Vater hatte er nie richtig kennengelernt, denn den hatten die bissigen Hunde des Schafwächters getötet, als Lynx noch ganz klein war. Hierzu waren sie einigermaßen berechtigt gewesen, denn zwei Ziegen auf einmal zu reißen, das war doch ein bischen happig, außerdem hatten die Ziegen nicht dem Farmer, sondern dem Wächter selbst gehört, dessen ganze Ersparnisse aus neun langen Monaten für ihre Anschaffung drauf gegangen waren. An sich verdiente Isaak, wie der Schafwächter hieß, gar nicht so wenig, aber ein Kaufladen, ein „Store' auf einer Farm, blieb für ihn und seine Rassegenossen immer eine kostspielige Sache. So mancher Schilling, den man gut hätte sparen können, war für Kaffee, Tee und Zucker ausgegeben worden, und so hatte Isaak tatsächlich nicht viel mehr als diese zwei Ziegen besessen. Als die Rotkatze sie ihm gerissen hatte, hatte er am nächsten Tag Dudus, seine Frau, und seine halbwüchsige Tochter Tiras mit der Schafherde des Farmers ins Feld ziehen lassen; er selber war, kalte Wut im Herzen, begleitet von seinen beiden mageren Kötern, am ausgetrockneten Bett des Fischflusses entlang auf die Suche gegangen. Sein Spürsinn hatte ihn hierbei richtig geführt, denn schon gegen Mittag war er mit dem erlegten Raubtier auf der Schulter zurückgekommen. Im kühlen Schatten seines Pontoks ließ er es auf die Erde gleiten; nach einer ausgiebigen Mittagsruhe hatte er sich dann daran gemacht, das graurote Fell fein säuberlich abzuziehen, und am Abend schenkte ihm August, der Sohn des Farmers, dafür mit Erlaubnis seiner Mutter eine abgelegte Hose und - leider hinter ihrem Rücken - noch einen guten Becher voll Kaffeebohnen und zwei weitere voll Zucker. Lux und Lynx, die beiden Jungen des getöteten Rotkaters, graurote Knäulchen, waren nun ganz und gar auf die Fürsorge ihrer Mutter angewiesen, die sich diese sehr angelegen sein ließ. Manches Steinböckchen, manche Wildgans und viele Sandhühner mußten ihr Leben lassen, damit nach Ansicht der alten Räuberin ihre ureigenste Bestimmung erfüllt werde: zum Gedeihen ihrer Sprößlinge und zur Erhaltung der Art beizutragen. Sie scheute hierbei einen Ubergriff in das Eigentum der nächsten Farmer keineswegs, Besonders auf die halbwüchsigen Ziegenlämmer hatte sie es abgesehen. Leider machten es ihr diese vorwitzigen Tierchen sehr leicht, ja forderten sie geradezu heraus, ihre Jagdzüge ohne viel Umstände durchzuführen. Wenn nämlich die Herden der ausgewachsenen Mutterschafe und Ziegen am Morgen die Werft verlassen hatten und Tiras und Dudus die Verschlage aufsperrten, in denen die Jungtiere zurückgehalten wurden, dann rasten die Ziegenlämmer, während die Schaflämmer mit wippenden Schwänzen über den Werftplatz hin und her hüpften, über den freien Platz hinweg und waren wenige Minuten später im Dickicht verschwunden. Den ganzen Vormittag liefen sie, soweit ihre Beine sie tragen wollten, über Stock und Stein, oft sechs bis acht Kilometer weit, rivieraufwärts, und kehrten erst am Nachmittag um und kamen zurück. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Roman:  Lynx die Rotkatze. Eine Tiergeschichte aus Deutsch-Südwest, von Adolf Kaempffer.

Titel: Lynx die Rotkatze
Untertitlel: Eine Tiergeschichte aus Deutsch-Südwest
Autor: Adolf Kaempffer
Reihe: Zeltbücherei
Verlag: Ludwig Voggenreiter Verlag
Postdam, 1943
Originalkarton, 12x19 cm, 127 Seiten, Bilder von Heiner Rothfuchs

Kaempffer, Adolf im Namibiana-Buchangebot

Lynx die Rotkatze. Eine Tiergeschichte aus Deutsch-Südwest

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Lynx die Rotkatze ist eine schöne Naturerzählung und Tiergeschichte aus dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika.

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