Lieder-CD 'Heia Safari', gesungen vom Swakopmunder Männergesangverein

Die historische Vereinsstandarte des Swakopmunder Männergesangverein von 1902, dem ältesten Chor Namibias.

Die historische Vereinsstandarte des Swakopmunder Männergesangverein von 1902, dem ältesten Chor Namibias.

Lieder-CD des Swakopmunder Männergesangvereins: Heia Safari.

Lieder-CD des Swakopmunder Männergesangvereins: Heia Safari.

Im Jahr 2002 feierte der Swakopmunder Männergesangverein in Namibia das Jubiläum seines hundertjährigen Bestehens und gab zu diesem Anlaß die Lieder-CD 'Heia Safari - Gesungen am Lagerfeuer unterm Kameldornbaum' heraus. Dazu gehörte damals eine ausführliche Festschrift, die heute leider vergriffen ist. Der nachfolgende Text stammt aus dieser.

Die ersten deutschen Siedler waren ins Land gekommen, hatten Farmland erworben, kleine Niederlassungen und Ortschaften gegründet; Handel und Handwerk richteten sich ein; die Schutztruppe war in kleineren und größeren Einheiten in Forts und Garnisonen eingezogen. Weit zerstreut und viele abenteuerlich schlechte Straßenkilometer voneinander entfernt lebten die Leute wie auf Inseln im Busch oder wie in Lüderitz und Swakopmund zwischen Wüste und Ozean. Es gab weder Radio noch Musikkonserven; wer Musik haben wollte, (und das wollen die Deutschen immer), der mußte sie selbst machen. Was lag da für eine so musikhungrige Gesellschaft in einer so musiklosen Welt näher, was war einfacher als ein Lied anzustimmen ? Man sang unterwegs auf dem Ochsenwagen und am Lagerfeuer (also „auf Pad"), man sang bei der Arbeit, im Kreis der Familie und der Freunde, bei Fest und Feier, beim Gottesdienst unterm Baum und danach. Man sang aus Freude an dem freien Leben im Busch, aber auch aus Heimweh und Armut; denn das Leben der ersten Siedler war hart. Und wo jemnd die Leitung übernehmen konnte, bildeten sich Gruppen, die sich im mehrstimmigen Gesang versuchten, und so entstanden da und dort kleine Sing- und Chorgemeinschaften. Es waren die Swakopmunder Sänger, die sich als erste offiziell in einem Verein organisierten, dem Swakopmunder Männergesangverein von 1902 (SMGV-02), und das am 25.10.1902 mit einem Beschluß aktenkundig machten. In anderen Orten zogen die Sangesbrüder und -Schwestern nach, und so kam es über die Jahre zu folgenden Vereinsgründungen:

1902: Swakopmunder Männergesangverein von 1902
1907: Männergesangverein Windhoek
1908: Sängerrunde Usakos
1910: Freiwilliger Kirchenchor Windhoek (gemischt)
1911: Gemischter Chor „Harmonie" Swakopmund
1923: Gemischter Chor Usakos
1926: Männerchor Elisabethbucht
1927: Männer-Gesangverein Karibib
1927: Gesangsvereinigung Grootfontein (gemischt)
1929: Männerchor Kolmanskuppe

Bereits aus der Zeit der ersten Gründerjahre sind gemeinsame Chorfeste befreundeter Chöre dokumentiert und auch zu allen Zeiten danach pflegte man eifrig diese Begegnungen. 1927 feierte der Windhoeker Männerchor sein 20-jähriges Bestehen, und befreundete Chöre aus Swakopmund, Usakos und Okahandja feierten mit. Bei dieser Gelegenheit wurde der „Südwestafrikanische Sängerbund" (SWASB) gegründet, dessen Hauptanliegen es sein sollte, die bestehenden Chöre im Bund zu sammeln, die Siedler zu weiteren Chorgründungen anzuregen und mit Notenmaterial zu versorgen. Dabei sollte Jede Vereinigung, die den Chorgesang pflegt, unterstützt werden, gleichviel ob es sich um Männer-, Frauen- oder gemischte Chöre handelt". Schon 1928 trat der SWA-Sängerbund dem Deutschen Sängerbund bei, und noch im gleichen Jahr reiste eine stattliche Abordnung von Sängern als Vertreter der deutschen Chöre in Namibia zum großen Sängertreffen nach Wien, wo Tausende aus aller Welt Franz Schubert feierten, den wohl größten Liedkomponisten aller Zeiten. In der Geschichte der verschiedenen Vereine gibt es, ersichtlich aus Berichten und Statistiken, Höhepunkte und Talfahrten, die große Pause und die Wiederbelebung, für manchen aber auch das Aus. Kriegszeiten mit Verlusten an Menschen, mit Aengsten, Internierung und Reglementierung, Wirtschaftskrisen und persönliche Ursachen der Verunsicherung, verbunden mit Resignation und Abwanderung, wirkten sich natürlich in einem so dünn besiedelten Land besonders stark auf das Chorleben aus. Oft hing es aber auch nur am fehlenden Chorleiter, daß ein Verein das mehrstimmige Singen einstellen mußte. Der Zweite Weltkrieg und die äußerst depressive Nachkriegszeit hatten den Chorgesang fast gänzlich zum Erliegen gebracht. Um eine Wiederbelebung zu bewirken, startete der SWA-Sängerbund in Deutschland eine Chorleiterwerbung für Namibia, und es war vor allem Walter Heinrich, der sich als Präsident des SWASB unermüdlich darum bemühte, die Schulbehörde des Landes davon zu überzeugen, daß Lehrer mit Chorleiterbefähigung nicht nur für die Schulen selbst, sondern auch allgemein innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung durch Singschulen und Chorarbeit wertvolle Dienste für die Pflege der deutschen Sprache und Kultur leisten könnten. So wurden vor allem in den sechziger und siebziger Jahren Lehrer an Schulen vermittelt, die verwaiste Chöre übernahmen oder neue Chöre gründeten. Das Chorleben nahm einen deutlichen Aufschwung; es fanden wieder gemeinsame Chorfeste statt, und als der SWA-Sängerbund 1977 in Swakopmund seinen 50. Geburtstag feierte, waren 13 Chöre als Mitglieder registriert (aber nicht alle zum Fest erschienen). Leider mußte die Bundesregierung aus politischen Gründen in den siebziger Jahren die Vermittlung von Lehrern an die deutschen Abteilungen einstellen. In Folge waren bald wieder einige Chöre ohne Leitung. Versuche durch Chorleiterseminare im Land für Nachwuchs zu sorgen, brachten leider nicht den gewünschten Erfolg. Natürlich gibt es auch andere Gründe für Stagnation und Ende im Chorleben: Weltweit brach die Unterhaltungsindustrie mit einem Massenangebot an Hitparaden und Musikkonserven, Dauerberieselung in Gaststätten und Kaufhäusern, Disco und Walkman mit verheerender Wirkung auf Gehör und Geschmacksbildung über die Menschheit herein. Das Fernsehen mit Krimi, Dauersport und endlosen Serien zweifelhafter Qualität trägt ebenso dazu bei, die Menschen in eine bequeme Konsumhaltung zu versetzen, in der man sich nicht gerne an Vereinsverpflichtungen erinnert. Die daraus resultierenden Nachwuchsprobleme werden vielerorts beklagt und sind noch lange nicht gelöst. Von den deutschen Chören überlebten einige nicht den Zweiten Weltkrieg. Doch in den 50er und 60er Jahren gab es Neuanfänge und Neugründungen in Tsumeb (MC), Grootfontein (MC), Otavi (gC), Otjiwarongo (gC), Walvis Bay (gC/MC) und Lüderitz (gC). Alle haben in der Vergangenheit stark zum kulturellen Geschehen und Zusammenhalt der deutschen Gemeinschaft beigetragen. Doch z.Z. steht es schlecht um den deutschen Chorgesang in Namibia, denn mit Ausnahme zweier Kirchenchöre (Windhoek und Swakopmund) und des Swakopmunder Männergesangvereins haben alle anderen auf Grund von Chorleitermangel und Mitgliedsschwund (bedingt durch Abwanderung und Interesselosigkeit) das Singen eingestellt. Der SMGV von 1902 ist stolz daraufhin diesem Jahr in guter Besetzung seinen 100. Geburtstag feiern zu dürfen. Nach langer Pause traten im Juni 1999 auch die Windhoeker wieder an. Ein Lichtblick, der hoffen läßt, daß auch noch andere Chöre „aus der Asche steigen", obgleich festzustellen ist, daß die Anzahl der Deutschen in den kleineren Orten des Landes rückläufig ist. Wer aber glaubt, diejenigen, die dem Chorgesang die Treue halten, seien die Ewig-Gestrigen, oder wer die Meinung vertritt, das deutsche Lied passe nicht mehr in die politische Landschaft Namibias, sollte zur Kenntnis nehmen, daß das unabhängige Namibia eine demokratische Verfassung hat, in der das Recht auf Pflege der Muttersprache und Tradition für alle im Land lebenden Volksgruppen festgeschrieben ist. Dies gilt auch für Minderheiten. Wir brauchen uns unserer Lieder nicht zu schämen. Sie sind mehr als der Kitt, der einen Stammtisch zusammenhält. Deutscher Chorgesang ist nicht das Gebrüll der Barbaren, vor denen sich Menschen verstecken müssen, sondern ist Träger humanistischen Gedankenguts und findet deshalb Freunde und genießt Achtung in aller Welt. Wer in Liedern Freude und Leid besingt, die Natur als Wunder der Schöpfung Gottes preist, zu Toleranz und Brüderlichkeit aufruft, Freundschaft, Liebe und Treue würdigt, das Handwerk ehrt, wer Feste und Feiern geschmackvoll mit Liedern würzt, mit einem einfachen Ständchen Freude bringt und am Grab Teilnahme bekundet und Trost spendet, wer die Lieder der anderen achtet und damit Sangesbrüder und -Schwestern über Sprachgrenzen und Rassenschranken hinaus findet, der wird erfahren, daß Lieder Welten der Gefühle erschließen und Brücken sind, über die Menschen zueinander gehen können -Brücken auf Pfeilern der Versöhnung, die dieses Land mit seiner so tragischen Geschichte und in seiner so unterschiedlichen Sprachen- und Traditionsvielfalt ganz dramatisch nötig hat.

„Du Land, an Kult und Sprachen reich,
bewahre alles, was du hast !
Ist eines nicht dem andern gleich,
blüht Schönheit doch aus dem Kontrast,
wenn sich in Würde und in freiem Geist
eines dem andern ebenbürtig weiß..."
Werner Kühlwetter

Dies ist ein Auszug aus: Lieder-CD des Swakopmunder Männergesangvereins: Heia Safari

Album mit Festschrift und Lieder-CD
Herausgeber: Swakopmunder Männergesangverein
Selbstverlag
Swakopmund 2002
Musik-CD, 39 Minuten, 15 Lieder

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