Kirchensteuern für Guerillakämpfer?, von Henning von Löwis of Menar

Dies ist ein Auszug aus der Schrift: Kirchensteuern für Guerillakämpfer?, von Henning von Löwis of Menar. Markus-Verlagsgesellschaft. Köln, 1985. Sonderdruck aus "Beiträge zur Konfliktforschung"

Dies ist ein Auszug aus der Schrift: Kirchensteuern für Guerillakämpfer?, von Henning von Löwis of Menar. Markus-Verlagsgesellschaft. Köln, 1985. Sonderdruck aus "Beiträge zur Konfliktforschung"

Als Sonderdruck aus der Reihe 'Beiträge zur Konfliktforschung' erschien 1985 die kirchlich-politische Analyse des Journalisten Henning von Löwis of Menar unter dem Titel 'Kirchensteuern für Guerillakämpfer?' Er untersuchte darin die bis heute nicht aufgearbeitete Rolle der Evangelischen Kirche bei der Niederschlagung der Namibia-SWAPO-Kontroverse in ihren eigenen Reihen.

Henning von Löwis of Menar  

Die Namibia-Kontroverse in der Evangelischen Kirche

Es erscheint unfaßbar, daß Menschen in Deutschland Geld sammeln für prosowjetische Kräfte in Namibia - ist doch die Berliner Mauer ein sehr anschauliches Beispiel dafür, was einem Lande widerfährt, das unter sowjetischen Einfluß gerät. Katuutire Kaum, Außenpolitischer Sprecher der Demokratischen Turnhallen-Allianz (DTA)

Ein „Land voll Sand" am Ende der Welt erregt die evangelischen Christen im Rheinland: Namibia, das ehemalige Deutsch-Südwestafrika. In vielen Gemeinden macht sich Unmut breit über das Engagement „progressiver" Pfarrer, die einen Werbe- und Spendenfeldzug für die namibische Guerillaorganisation SWAPO gestartet haben. Die Pfarrer sprechen von der Pflicht zum „Antirassismus", um gutgläubige Gemeindemitglieder für ihre Zwecke zu mobilisieren. Durch Verbreitung gezielter Desinformationen und Unterschlagung von Fakten wirken sie bewußt auf eine Verharmlosung der Südwestafrikanischen Volksorganisation (SWAPO) hin. Die SWAPO wird als genuine Befreiungsbewegung hingestellt, die gegen den Rassismus und für ein freies, unabhängiges Namibia kämpfe. Daß es sich bei der SWAPO um eine Organisation handelt, die sich zum „wissenschaftlichen Sozialismus", das heißt zum Marxismus-Leninismus, bekennt und die fest eingebunden ist in das von Moskau koordinierte und dirigierte „sozialistische Weltsystem", verschweigen die Pfarrer. Verschwiegen - oder sogar gerechtfertigt - werden Terror, Gewalt und Einschüchterung, wie sie die SWAPO zur Erreichung ihrer Ziele praktiziert. Bei ihrem Engagement für die namibische Guerillaorganisation berufen sich die SWAPO-Sympathisanten in den Reihen der Evangelischen Kirche im Rheinland auf die Politik der Kirchenleitung.

„Sonderfonds zur Bekämpfung des Rassismus"

1982 war von der Rheinischen Landessynode beschlossen worden, einen Fonds zur Unterstützung des Rates der Kirchen in Namibia (CCN) einzurichten, „um denen zu helfen, die am schwersten unter der jetzigen politischen und sozialen Lage Namibias leiden".! Es wurden 300 000 DM bereitgestellt. Die Kirchenfunktionäre des CCN in Windhuk weigerten sich jedoch, das Geld in Empfang zu nehmen. Sie forderten, Zuwendungen für Namibia ausschließlich über den sogenannten „Sonderfonds zur Bekämpfung des Rassismus" des Ökumenischen Rates der Kirchen (ORK) zu leiten. Dieses Ansinnen lehnte die Evangelische Kirche im Rheinland ab. Auf der Landessynode in Bad Neuenahr im Januar 1984 wurde der Namibia-Fonds eingefroren. Gleichzeitig faßte die Landessynode den Beschluß, es Kirchengemeinden - zunächst probeweise für ein Jahr - zu ermöglichen, sich unter bestimmten Voraussetzungen auch mit Kirchensteuermitteln an Beiträgen für den Sonderfonds zur Bekämpfung des Rassismus zu beteiligen. Den Löwenanteil aus dem Sonderfonds erhält seit Jahren die SWAPO: 1981 US-Dollar 125000. Für den Ökumenischen Rat der Kirchen zählt die SWAPO zu den „rassistisch unterdrückten Gruppen". Laut ORK verfolgt sie ausgesprochen lautere Ziele: Das Ziel der SWAPO ist die völlige Befreiung Namibias von der illegalen Besetzung durch Südafrika; in diesem Sinne bemüht sie sich um die Vereinigung aller Menschen in Namibia zu einer homogenen, repräsentativen, nationalen, politischen Gemeinschaft. Ihre Aktivitäten lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: 1. politische und administrative Arbeit innerhalb des Landes und 2. Informations- und Aufklärungsarbeit außerhalb des Landes, die zum großen Teil darauf hinzielt, Südafrikas Propaganda zu widerlegen. Die Vereinten Nationen und die Organisation für die Einheit Afrikas erkennen die SWAPO auch weiterhin als die einzige Vertretung des namibischen Volkes an. Zutreffend ist bei dieser Charakterisierung allein der letzte Satz - alles andere muß als Schönfärberei und Vernebelung der Wirklichkeit angesehen werden. Bezeichnend erscheint, daß von Gewaltanwendung und Krieg mit keinem Wort die Rede ist. Unerwähnt bleibt die Tatsache, daß die SWAPO-Führung beschloß, „80-85 Prozent aller bei der Organisation eingehenden materiellen und finanziellen Mittel für den bewaffneten Kampf zur Verfügung zu stellen", wie Politbüromitglied Moses Garoeb 1981 hervorhob. Unzählige Male hat SWAPO-Präsident Sam Nujoma unmißverständlich erklärt: Wir sind überzeugt, daß der einzige erfolgversprechende Weg darin besteht, entweder den Gegner zu zwingen, die Macht an das namibische Volk zu übergeben oder ihm auf dem Schlachtfeld eine Niederlage zu bereiten. So wie es der Ökumenische Rat der Kirchen tunlichst vermeidet, die SWAPO und die anderen durch den Sonderfonds geförderten Organisationen allzu genau unter die Lupe zu nehmen, so hält es auch die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland nicht für nötig, den Kirchenmitgliedern reinen Wein einzuschenken in puncto „Befreiungsbewegungen". [...]

Dies ist ein Auszug aus der Schrift: Kirchensteuern für Guerillakämpfer?, von Henning von Löwis of Menar.

Titel: Kirchensteuer für Guerillakämpfer?
Untertitel: Die Namibia-Kontroverse in der Evangelischen Kirche. Eine Dokumentation.
Sonderdruck aus "Beiträge zur Konfliktforschung" (15. Jahrgang; Heft 3; 1985)
Autor: Henning von Löwis of Menar
Verlag: Markus-Verlagsgesellschaft
Köln, 1985
Original-Broschur, 15 x 22 cm, 31 Seiten, einige sw-Faksimiles

von Löwis of Menar, Henning im Namibiana-Buchangebot

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