Kilimanjaro Lesebuch, von Reinhard Dippelreither

Kilimanjaro Lesebuch, von Reinhard Dippelreither. Conrad Stein Verlag. 4. überarbeitete Auflage, Kronshagen 2017. ISBN 9783866861268 978-3-86686-126-8

Kilimanjaro Lesebuch, von Reinhard Dippelreither. Conrad Stein Verlag. 4. überarbeitete Auflage, Kronshagen 2017. ISBN 9783866861268 978-3-86686-126-8

Aus dem Kilimanjaro Lesebuch, der zugleich als Reiseführer und Reisebericht für Bergsteiger in Tansania dient, ist der folgende Auszug dem Kapitel "Erste Besteigung des Autors, 1986" entnommen.

Reinhard Dippelreither  

[...] Nächster Tag, Wecken um 06:00. Das war der einzige Wermutstropfen der Tour. Wozu aufstehen um 6:00, wenn 8:00 auch reichen würde, ich hasse frühes Aufstehen. Um 7:30 war das Gepäck wieder verstaut und weiter ging's. Klarer Fall, dass wir wieder maßlos staunten, als der Regenwald langsam in Erikazeen-Bestand überging und wir erstmals Tausendgüldenkraut mit einer Wuchshöhe von über 2 m zu Gesicht bekamen. Da der Maundi-Krater am Weg lag, bestiegen wir diesen, und es war schön, wieder einmal den Blick weiter schweifen lassen zu können, als bis zum nächsten Baum. An diesem Tag zeigte sich klar und deutlich, dass unsere Kondition nicht die beste war. Vor allem am Masheo-Point kamen wir gehörig ins Schwitzen und in Atemnot, und Mr. Minde musste sehr selten „pole, pole" sagen. Weiterhin stellte sich heraus, dass unsere simplen Sportschuhe den Anforderungen in keiner Weise entsprachen. Sie reichten zwar bis über die Knöchel, doch waren sie aus dünnem Leder und obendrein eine Spur zu klein. Keines der beiden Paare wies eine Fütterung auf, die unsere Füße vor Kälte schützen konnte. Als weiterer Missstand kam hinzu, dass es nagelneue Schuhe waren und dass wir sie jetzt das erste Mal trugen. Sie waren eigentlich nur für Wanderungen im Tiefland mitgenommen worden und absolut nicht bergtauglich. Als wir die Moorzone erreichten, stellte sich durch einige Fehltritte noch zusätzlich heraus, dass die Schuhe in keiner Weise feuchtigkeitsicher waren. Mit nassem Schuhwerk erreichten wir die Horombo-Hut. Wieder warteten Tee und Erdnüsse und noch wer wartete - Miss Janet Lee, Amerikanerin mit koreanischen Wurzeln. Ihre Ausrüstung war bestens, ihre Kondition noch schlechter als unsere. Sie war einen Tag vor uns abmarschiert und rastete in der Horombo-Hut für einen Tag. Da sie ihre Kleidung dreifach mitführte, borgte sie uns für diesen Abend trockene Wollsocken. Unsere Sachen wurden über dem Herdfeuer so weit wie möglich getrocknet. Der Abend wurde kalt, eiskalt. Mr. Minde servierte Tomatensuppe, für jeden zwei Stück gebratenes Rindfleisch mit Spiegelei, gebratene Kartoffelscheiben und Ugali - gut, aber ungesalzen. Die restlichen drei Hühner hatten zwar den Aufstieg bis hierher überstanden, sahen aber erbärmlich aus. Sie wurden nun geschlachtet, die Umgebungstemperatur lag tiefer als in einem Kühlschrank, aus hygienischer Sicht war dieses Vorgehen einwandfrei. Man muss nur darauf achten, dass keine Ratten oder Mäuse an die leckere Beute rankommen. Am nächsten Morgen marschierten wir wieder gegen 7:30 ab, gemeinsam mit Janet. Es war kein Wunder, dass sie einen Rasttag auf der Horombo-Hütte benötigt hatte. Bereits am Abend zuvor war klar geworden, die gute Frau war Kettenraucherin. Dass sie aber auch während der Wanderung ununterbrochen rauchen konnte, verwunderte sogar mich. Zusätzlich redete sie ohne Pause mit uns, unseren Führern, den Trägern, sie sprach auch mit dem Weg, mit der Kälte, mit den Vögeln, dem Geröll und Sand. Selten habe ich soviel gelacht. Die Steinwüste des Saddles hat uns tief beeindruckt. Wir hatten bereits einige Wanderungen durch die Sahara hinter uns und lernten dort das „Nichts" kennen und lieben, diese undurchdringliche Einförmigkeit, Stille und Ruhe. Es ist zwar eine Binsenweisheit, dass im „Nichts" nichts passiert, aber es ist doch jedes Mal wieder erstaunlich, dass dem „panta rhei" des Heraklit doch zumindest scheinbare Grenzen gesetzt sind. Grenzen wurden auch dem amerikanischen Schamgefühl Janets gesetzt. Es ging dabei um das dringende Bedürfnis, sich zu entleeren. Was tun, wenn die anerzogene Scham es verbietet, in der Öffentlichkeit zu urinieren, es aber absolut keine geschlossenen Toilettenanlagen gibt, kein Gebüsch, keinen Paravent, nichts, gar nichts, hinter welchem man sich verstecken könnte. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Kilimanjaro Lesebuch von Reinhard Dippelreither.

Titel: Kilimanjaro Lesebuch
Autor: Reinhard Dippelreither
Reihe: OutdoorHandbuch Band 126
Conrad Stein Verlag
4. überarbeitete Auflage, Kronshagen 2017
ISBN 9783866861268 978-3-86686-126-8
Broschur, 11 x 16 cm, 158 Seiten, 40 Abbildungen, 2 Kartenskizzen

Dippelreither, Reinhard im Namibiana-Buchangebot

Kilimanjaro Lesebuch

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Dieses Reise-Lesebuch bietet Ortsgeschichte, Wissenswertes und Bergsteigerinformation rund um den Kilimanjaro.

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