Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919

Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919.

Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919.

Karl Raifs Erinnerungen 'Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919' mit dem seltenen Originalschutzumschlag.

Karl Raifs Erinnerungen 'Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919' mit dem seltenen Originalschutzumschlag.

In seinen Memoriren 'Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919' beschreibt Karl Raif zwanzig Monate gehetzten Buschlebens, Gefängnisaufenthalte, Ausbruch und wieder Flucht. Er war als Fluchthelfer maßgeblich am Zustandekommen der Flucht von Mattenklodt, Vosswinckel und Feuerstein nach Angola beteiligt.

Karl Raif  

[…] Nun ist alles zerrissen, was ich am Leibe trage, und es bleibt mir nichts weiter übrig, als nach Grootfontein zu reiten. In zwei Nächten ist es zu schaffen. Nur treffen darf mich keiner in den Lumpen. Am dritten Abend spät klopft es bei Hagen in Grootfontein ans Fenster, mehrmals, bis es drinnen bemerkt wird. „Hagen, Mensch, lassen Sie mich rein, ich bin es, Raif!" Leise öffnet sich die Tür, und ich schlüpfe hinein. Zu Erklärungen ist keine Zeit, es werden auch keine erwartet. „Vor allen Dingen, Hagen, ich brauche Reithosen, Hemd und Unterwäsche. Wenn's geht, auch noch eine Jacke." Eine Laterne leuchtet schwach in dem dunklen Laden, die Sachen werden verpaßt, über ein neutrales Konto eingetragen, und raus sind wir wieder. Ich gehe aber doch noch mit ins Wohnzimmer, Hagen holt zwei Freunde, und ein Siphon Bier sorgt für etwas Stimmung. Eine große Sorge bereitet mir die Nachricht, daß ich am Abend meiner Flucht aus Grootfontein einen falschen Schimmel genommen habe. Die Besitzerin des Pferdes, ein etwas exaltiertes älteres Fräulein, eine Lehrerin, hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Sie hätte auch kein Verständnis gezeigt für meine Lage und mich einen Dieb genannt, bis man ihr den Mund gestopft habe. Ja, das gibt es auch. Ratsam ist es auch noch aus anderem Grund, den Schimmel loszuwerden. Nachdem die Tommies den verdächtigen Schimmelreiter getroffen haben, ist anzunehmen, daß sie bei jeder Begegnung mit einem reitenden Farmer dem Schimmel eine besondere Aufmerksamkeit widmen werden. Aber Pferde sind nicht vorhanden, der einzige, der einen brauchbaren Gaul abgeben könne, sei Lückert. Grüß dich Gott, alter Kamerad, so trifft man sich wieder. Lückert sei auf einer Farm etwa zwei Kilometer östlich von Grootfontein und werde morgen sowieso mit Milch hereinkommen. Ein Plan wird gemacht. Ich soll mich zwei Tage im Busch versteckt aufhalten und gegen Abend bei Römer vorsprechen, der im Otjihaenena-Tal eine Kleinsiedlung habe und zuverlässig sei. Hagen will dorthin Lückert mit seinen Pferden bestellen. Wenn wir einig werden, soll ich den Schimmel mit einem zerrissenen Halfter einfach laufen lassen, er werde dann von den Eingeborenen eingefangen und von Römer als ihm zugelaufenes Tier amtlich gemeldet werden. Ich müßte allerdings schleunigst in Gewaltritten wieder verschwunden sein, denn die Tommies würden annehmen, das Pferd habe sich losgerissen und ich sei irgendwo in der Nähe. Der Plan ist gut, hoffentlich geht Lückert darauf ein. Geld kann ich ihm zwar nicht geben, aber eine Anweisung an die Abwicklungsstelle der Schutztruppen-Intendantur, sie solle meine Gebührenforderung für die letzten Dienstmonate am Okawango an Lückert auszahlen. An dem verabredeten Abend sitze ich kaum eine halbe Stunde bei Römer, da ertönt Pferdegetrappel, und Lückert erscheint mit zwei Handpferden. Wir begrüßen uns herzlich und werden bald handelseinig. Lückert erhält die Anweisung auf meine Gebührnisse, und ich erwerbe einen Halbblut-Araber-Apfelschimmel aus der berühmten Voigtschen Zucht. Noch in der Nacht reiten wir wieder ab, ich an Otawi vorbei zum großen Omuramba und von dort ins Sandfeld. Längst bin ich schon in diesem weiten unbesiedelten und zum größten Teil noch unbekannten Gebiet, als von Grootfontein aus nach allen Richtungen die Patrouillen gehen, mich zu fangen. Römer wird, wie ich später hörte, vernommen, weiß aber nichts weiter, als daß ihm morgens die Eingeborenen das zugelaufene Pferd mit dem zerrissenen Halfter gebracht haben. Die Eingeborenen wissen auch nichts weiter, und so ist eben nichts zu wollen. Nur, daß Major Brownly beinahe einen Schlaganfall vor Wut erlitt. Hätte er ihn nur erlitten. Vierzehn Tage etwa treibe ich mich nun schon im Sandfeld umher, als Kost nur Wildfleisch und wilden Buschtee, als Lagerstätte die Erde und als Decke einen Woilach und den Himmel. Vierzehn Tage so allein sind doch verflixt lang, besonders die Nächte. Obwohl sie schön sind, diese Nächte im Busch, wenn der aufkommende Mond langsam in die ungeheure Masse des Dunklen Einschnitte macht und die herausgespaltenen Klumpen zu unzähligen Gestalten formt, die um einen herumstehen, sich in Bewegung setzen und doch dableiben, bis im hellen Licht das Auge Kameldorn, Weißdorn und sogar Gras zu erkennen glaubt. Und schöner noch, wenn die Stille der Nacht unter den bellenden Lauten eines schreckenden Buschbockes zerreißt, sich wieder zu schließen versucht, wieder zerreißt. […]

Dies ist ein Auszug aus den Memoiren: Kämpfe im Busch, von Karl Raif.

Titel: Kämpfe im Busch
Untertitel: Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919
Autor: Karl Raif
Verlag: Ullstein
Erstauflage. Berlin, 1935
Orignalleinen, 12 x 20 cm, 246 Seiten, 23 sw-Fotos, 1 Karte

Raif, Karl im Namibiana-Buchangebot

Kämpfe im Busch

Kämpfe im Busch

Spannende Memoiren im Umfeld einer legendären Flucht: Kämpfe im Busch. Karl Raifs Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919.

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