Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien, von Demokritos Africanus alias Ernst Engel

Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien, von Demokritos Africanus alias Ernst Engel.

Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien, von Demokritos Africanus alias Ernst Engel.

Begriffe wie Affenland, Sandbüchse oder Poviansland waren Ausdrücke einer derben, doch landestypischen Zuneigung zu dem Land Südwestafrika und, wenn auch schon mal in Verzweiflung oder Wut geäußert, keinesfalls abfällig gemeint.

Ernst Engel  Demokritos Africanus  

Demokritos Africanus hieß mit bürgerlichem Namen Ernst Engel und schrieb zahlreiche reizende und treffende Gedichte über das Leben und dessen Begeleiterscheinungen in der damaligen deutschen Kolonie, dem Affenland. Den Künstlernamen Demokritos Africanus gab er sich aus Rücksicht auf seine hoheitliche Aufgabe als Beamter der Verwaltung, ein Beispiel, dem auch andere Dichter und Autoren im Land folgten.

Die alte Tante.

Als ich auszog nach Südwest
gab es ein Familienfest.
was nur irgendwie verwandt,
kam noch schleunigst angerannt,
mir zu drücken meine Rechte,
mich, eh' ich fürs Vaterland
kämpfte gegen schwarze Knechte,
anzustaunen nach Gebühr
als ein riesig Wundertier.
Ich mit meinen zwanzig Jahren
kam mir in dem stolzen Chor
von gelehrten Professoren, Militärs und Assessoren
kolossal bedeutend vor.

Und in wohlgesetzter Rede
sprach begeistert Exzellenz,
Onkel Karl, der alte Schwede,
daß er mir sein Glas kredenz',
daß ich der Familie Namen
erstmals trag' in Weltenmeere,
das sei für die Herrn und Damen
unsres Hauses hohe Ehre.
Und ich soll mich würdig zeigen
unsrer Ahnen voll und ganz.
Und er setzt nach kurzem Schweigen
mir aufs Haupt den Lorbeerkranz.

Na, nun kam auch mir die Rührung
Ich bedurfte sehr der Führung,
denn ich hatte tags zuvor
Abschied im Kameradenkorps.
Weil ich keine Red' konnt' halten,
wußt' ich die Situation höchst dramatisch zu gestalten
als 'ne Haupt- und Staatsaktion.
Im Bewußtsein dieses Falles,
voll von Sekt und Trennungsschmerz,
drückt ich liebend Alles, Alles,
was grad da war, heiß ans Herz:

Tanten, Basen und Cousinchen
lagen still in meinen Armen,
und mein kleiner Schwärm, das Linchen,
heulte, schluchzte zum Erbarmen
 All' die lieben Kinder brachten
niedliche Geschenke mir
die sie meistens selber machten.
Kissen kriegt' ich drei bis vier,
Magenstrümpfe, Decken, Taschen,
Manche Süßigkeit zum Naschen,
's war so lieb und gut gemeint,
daß ich beinah' selbst geweint.

Während man in Schmerzgefühlen
lebhaft lärmt mit Sekt und Stühlen,
zupft mich seitwärts was am Frack:
's war die etwas überspannte,
jungfräulich gebliebne Tante
Dorothea Buttersack.
Sprach, mich zerrend rasch zur Seit',
schämig und voll Schüchternheit
„Als Du noch ein kleines Kind,
war ich Dir schon wohlgesinnt,
hab' vor manchen dummen Scherzen
Dich behütet und bewacht
und in liebevollem Herzen
immer an Dein Wohl gedacht."

Mir war etwas schwül zumute:
Manches hatt' ich ausgefressen,
Hätt' sie's nicht vertuscht, die Gute.
„Hast Du mich denn ganz vergessen,
mich und alle, die Dich lieben,
und willst in den Tropen drüben
kämpfen mit den wilden Mohren?
Lieber Ljerzensjunge, schau!
Längst schon hab ich auserkoren
Dir ein süßes Kind zur Frau!"
Heiß mich Rührung übermannte,
tränenschwanger sprach ich:
„Tante, Das ist wirklich lieb von Dir
und ich dank' Dir sehr dafür.

Doch Dein Vorschlag hält mich nicht,
folgen muß ich meiner Pflicht,
denn mich ruft das Vaterland
und das schätzt kein zartes Band!"
„Ach! Dich locken Ruhm und Ehre",
rief die Tante schmerzlich aus,
„hier im Land' Dich redlich nähre,
wie's seit Alters Brauch im Haus!
Werde Bräutigam und Freier,
wie's der brave Bürger tut!
Zieh' nicht aus auf Abenteuer,
wate nicht in Feindesblut!
Einen Hausstand mußt Du gründen,
alles Andre sind nur Sünden!"

"Unterbrich mich nicht, mein Lieber!
Ich weiß, da draußen gehts
drunter leider Gott's und drüber:
In den frommen Schriftchen ftehts!
Aber bist Du nicht zu halten,
hör' die Warnung Deiner alten Tante,
die nicht unerbittlich:
Bleibe brav und bleibe sittlich!
Auch bei Heiden und bei Türken
mußt Du als Kulturmensch wirken!
Sieh', die schwarzen Negerkinder
sind noch ganz verstockte Sünder,
weil die armen, blinden Sklaven
Ihren toten Götzen dienen!"

"Hierin sollst Du Wandel schaffen!
Mach' was Besseres aus ihnen!
Durch das Dasein gehn sie nackend.
Wissen nichts von Schutz und Scham."
Und dabei ein Bündel packend,
Das sie aus dem Schranke nahm.
Sprach sie, hold errötend:
„Lieber, nimm dies Bündel doch mit 'rüber.
Mit den Hemdchen, Höschen, Jäckchen,
die ich hab' aus alter Zeit,
und den Strümpfchen und den Söckchen
wirk' ein Werk der Sittlichkeit!
Kleide Du die Heidenknaben
die kein Schamgefühl nicht haben!
Handle wie ein wackrer Mann,
schreib' mir auch mal dann und wann!"
Und ihr Tränenbächlein rann.

Dieses Gedicht ist aus dem Buch: Antiquarischer Titel: Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien, von Demokritos Africanus alias Ernst Engel.

Buchtitel: Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien.
Autor: Demokritos Africanus; Ernst Engel
Nachdruck der Originalausgabe von 1912
Afrika Verlag der Kreis
Heft 8/9 der Kleinen Reihe
Windhoek, 1963
Originalbroschur, 15x20 cm, 120 Seiten

Demokritos Africanus und Engel, Ernst im Namibiana-Buchangebot

Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien

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Antiquarischer Titel: Im Affenland, südwestafrikanische Reimereien.

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