Hinein nach Afrika: Erlebnisse in Nubien und Somaliland, von Artur Heye

Hinein nach Afrika: Erlebnisse in Nubien und Somaliland, von Artur Heye. Wilde Lebensfahrt, Band 3. Albert Müller Verlag. Rüschlikon-Zürich, 1940

Hinein nach Afrika: Erlebnisse in Nubien und Somaliland, von Artur Heye. Wilde Lebensfahrt, Band 3. Albert Müller Verlag. Rüschlikon-Zürich, 1940

Als Band 3 der Reihe "Wilde Lebensfahrt" schildert der Titel "Hinein nach Afrika: Erlebnisse in Nubien und Somaliland" die spannenden Reiseerlebnisse des Wanderers Artur Heyes zwischen 1909 und 1913.

Artur Heye  

Nach halbjährigem Aufenthalt unter den Nomaden der Libyschen Wüste, der nicht ohne einige Zwischenfälle abgelaufen war, kam mir die Wiederaufnahme meiner Tätigkeit als „Direktor" des Dr. Breidensteinschen Sanatoriums in dem ägyptischen Kurort Heluan anfänglich ein wenig sonderbar vor. In den ersten Tagen war mir oft früh beim Erwachen nicht klar, ob die Lagerfeuer in den ungeheuren Räumen der Wüste mit den in der Morgenkühle schauernden, burnusverhüllten Gestalten meiner beduinischen Freunde, die ich in der Nacht gesehen hatte, Wirklichkeit waren, oder ob das bürgerlich-behagliche Schlafzimmer in der Direktorswohnung des Sanatoriums „Sdorowje" mit dem Hausdiener, der mir den Morgenkaffee brachte, ein bloßer Traum war. Vor der Wiedereröffnung unseres Betriebs zu Anfang Oktober, in Ägypten gibt es ja nur eine Wintersaison, fuhr ich einmal nach dem nahegelegenen Kairo, um geschäftliche und persönliche Einkäufe und gleichzeitig einen Besuch bei meiner alten englischen Freundin, Miß Norman, zu machen. Sie war die Leiterin des „Philanthropie Society Home", des Heims der Menschenfreundlichen Gesellschaft. Bei meiner Ankunft in Ägypten im vorigen Jahr hatte sie mir in ihrem Heim ein billiges Obdach und allerlei mehr oder weniger gute Ratschläge gewährt. Sie war sehr dagegen gewesen, als ich ihr im Frühjahr eröffnet hatte, daß ich den Sommer bei den Beduinen verbringen wollte, und das Letzte, was sie mir mit auf den Weg gegeben hatte, war die tröstliche Versicherung, daß ich „von dem schmutzigen und diebischen Gesindel bestimmt ausgeraubt und totgeschlagen würde wie ein Hund". Im Frühsommer hatte ich ihr vom Kurun-See aus einen Brief geschrieben und ihr darin unter anderem mitgeteilt, daß es mir durch einen Zufall möglich gewesen war, einen Mordanschlag von Senussi-Derwischen auf den Mudir des Fajum zu vereiteln, eine Sache, die mir einerseits einen schweren Kolbenhieb über den Schädel, anderseits aber auch einige wertvolle Geschenke und Empfehlungen von dem dankbaren Mudir und einen wahren Heldenruhm bei den Beduinen eingetragen hatte. Ich sah Miß Norman durch die offenstehende Tür ihres Büros am Schreibpult stehen und in einer Zeitung lesen. Auf mein lustiges „How do you do, Miss Norman?" fuhr sie erschreckt herum, nahm aber sofort wieder ihre übliche militärischstramme Haltung an, hieb sich den Kneifer auf die Nase und streckte mir mit einem erkennenden Lächeln auf den dünnen Lippen die Hand entgegen. Der spitze Zeigefinger der Linken aber wies bedeutungsvoll auf eine dicke Ueberschrift in der „Egyptian Gazette''. „Seltsam, daß Sie gerade in dem Augenblick hereinkommen, da ich diese Notiz in der heutigen Zeitung lese!" Ich sah auf die Stelle hin und las: „Mudir of the Fayoume found murdered in runis of Kasr Kurun" - „Der Mudir des Fajum in den Ruinen von Kasr Kurun ermordet aufgefunden!" - „Was!? Mein Gott, also haben ihn die Hunde doch noch erwischt!" stieß ich hervor und überflog die kurzgefaßte Notiz. „Sehen Sie nun ein, wie recht ich hatte, als ich Sie warnte, sich mit diesen schwarzen Heiden einzulassen? Ihnen hätte das gleiche geschehen können wie dem unglücklichen Mudir! Ihre Gesundheit haben Sie, wie mir scheint, bei dem sinnlosen Unternehmen ohnehin eingebüßt. Sie sehen so schrecklich gealtert und verfallen aus, daß ich Sie fast nicht wiedererkannt hätte. Und Ihrem netten Freund Kirchlehner wird es früher oder später genau so ergehen. Nun, kommen Sie, nehmen Sie den Tee mit mir! Ich habe einen guten, mit reiner Butter gebackenen Rosinenkuchen da, von dem Sie tüchtig essen sollten, damit Sie wieder zu Fleisch kommen!" Den erwähnten Kirchlehner, einen Tiroler, seines Zeichens Kaufmann und im übrigen eine ebenso romantisch-abenteuerliche Seele wie ich, hatte ich vor einem Jahr hier im „Home" kennengelernt, und seine Erzählungen über die Gastrolle, die er einstmals bei Wüstenbeduinen gegeben hatte, waren im Grunde der Anlaß zu meiner Ferienreise in den „Garten Allahs" gewesen. [...]

Dies ist ein Auszug aus den Memoiren: Hinein nach Afrika: Erlebnisse in Nubien und Somaliland, von Artur Heye.

Titel: Hinein nach Afrika
Untertitel: Erlebnisse in Nubien und Somaliland
Autor: Artur Heye
Genre: Reisebericht
Reihe: Wilde Lebensfahrt, Band 3
Verlag: Albert Müller Verlag
Rüschlikon-Zürich, 1940
Original-Leineneinband, Original-Schutzumschlag, 15 x 21 cm, 160 Seiten

Heye, Artur im Namibiana-Buchangebot

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