Feuerwind, von Stefanie Gercke

Feuerwind, von Stefanie Gercke. Wilhelm Heyne Verlag. München, 2006. ISBN 9783453022508 / ISBN 978-3-453-02250-8

Feuerwind, von Stefanie Gercke. Wilhelm Heyne Verlag. München, 2006. ISBN 9783453022508 / ISBN 978-3-453-02250-8

Nach dem Erfolgsroman „Schatten im Wasser“ wird die Südafrika-Saga um Catherine Steinach und ihre Farm Inqaba in Stefanie Gerckes neuen Roman, "Feuerwind", fortgesetzt.

Stefanie Gercke  

Es war der Flügelschlag eines Schmetterlings der Familie Papilionidae, der noch auf seine wissenschaftliche Entdeckung und einen Namen wartete, der die Katastrophe auslöste. Der Falter war zitronengelb und schwarz gemustert und leichter als eine Feder. Sein Leben, das bei Sonnenaufgang dieses Tages begann, sollte kaum länger währen als das einer Sternschnuppe. Er erwachte aus seinem Schöpfungsschlaf unter den schützenden Blättern der Weinenden Burenbohne, einem prächtigen Baum mit filigranen roten Blüten, entschlüpfte der Puppenhülle, schüttelte sich, und während die Sonne aus dem Morgendunst stieg, wartete er, bis sich seine eleganten Flügel entfaltet hatten. Der tiefblaue Himmel schillerte tausendfach in den Facetten seiner Netzaugen, der berauschende Blütenduft seines Schlafbaums kitzelte seine Sinnensorgane. Behutsam breitete er seine Schwingen aus, öffnete sie und schloss sie mehrmals, drehte sich ein wenig wie ein eitles Mädchen, und dann, zum ersten Mal in seinem Leben, erhob er sich in die Luft und tanzte so leicht wie ein Hauch hinüber zur purpurroten Blüte am Ende des Zweigs. Es wäre auch gar nichts passiert, der Schmetterling hätte sich am Nektar gelabt und wäre davongegaukelt, hätte der Windstoß, der an den warmen Hängen der Drakensberge als schwacher Luftzug geboren worden war und auf seinem Weg in die Täler an Kraft gewonnen hatte, nicht den Baum geschüttelt. Er tat es durchaus nicht so stark, dass es rauschte, nur ganz sanft, wie ein Streicheln, aber die rote Blüte wippte, als der Schwalbenschwanz sie erreichte, und er musste heftig mit den Flügeln schlagen, um nicht abzurutschen.  Das verdorrte Blatt, das unterhalb der Blüte saß, löste sich, trudelte zu Boden und landete auf der letzten Glut eines schlecht gelöschten Lagerfeuers. Ein Funke, ein einziger Funke, glühte auf, das Blatt entflammte, der Wind hob es auf, spielte ein wenig damit und trug es hinüber zu dem goldgelben, zundertrockenen Gras, wo er es sanft herniederschweben ließ, bis es auf dem Gefieder eines Vogels landete, der zwischen den Halmen Körner pickte. Das hätte das Ende der Geschichte sein können. Die Vogelfedern waren glatt und geschlossen, hätten sich nicht entzündet, aber der Vogel erschrak und flatterte zornig, das brennende Blättchen zerstob in einen Funkenregen, entzündete ein Grasbüschel, der Wind blies mit einem Luftwirbel hinein, eine Flamme flackerte auf, und das Feuer war geboren. Es kroch den kurzen Weg zur Weinenden Burenbohne, versengte die Flügel des Schmetterlings, er stob hoch, und im letzten Augenblick seines kurzen Lebens verwandelte er sich in einen leuchtenden Stern, ehe er als Sternschnuppe verglühte. Das Feuer verbreitete sich gierig, fraß das Gras, verschlang kleinere Büsche, übersprang einen Pfad, züngelte an dem großen Kaffirbaum hoch, der mit einem lauten Knall explodierte. Es wuchs, wurde hungriger, Funken sprühende Feuerteufel tanzten über das Grasmeer, vereinigten sich zu flammenden Säulen, und der Brand geriet außer Kontrolle. Lulamani hörte das Knallen, mit dem der Baum starb, und zuckte hoch. Sie war so vertieft darin gewesen, mit einem Stein die Hornhaut an ihrer Ferse wegzupolieren — etwas, was sie jeden Tag tat, weil sie immer barfuß lief, sich einfach nicht an europäische Schuhe gewöhnen konnte, wie ihr Mann es wünschte —, dass sie den flüchtigen Rauchgeruch vorher nicht wahrgenommen hatte. Unruhig schnuppernd hob sie die Nase, ahnte nicht, dass gerade zu diesem Zeitpunkt die Feuersbrunst die alte Schirmakazie erreichte, deren tief herunterhängende Krone hunderte von Blutwebervögel mit ihrem gewaltigen Nestgebilde wie mit einem Teppich überzogen hatten. In der Zeitspanne eines Lidschlag brannte das ausgetrocknete Nistmaterial lichterloh. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Südafrikaroman: Feuerwind, von Stefanie Gercke.

Titel: Feuerwind
Autor: Stefanie Gercke
Genre: Südafrika-Roman
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag
München, 2006
ISBN 9783453022508 / ISBN 978-3-453-02250-8
Originalkartoneinband, Originalschutzumschlag, 14 x 22 cm, 720 Seiten

Gercke, Stefanie im Namibiana-Buchangebot

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