Eisen vom Himmel – Diamanten im Sand. Namibia bangt um seine Zukunft, von Harald Stöber.

Eisen vom Himmel – Diamanten im Sand. Namibia bangt um seine Zukunft, von Harald Stöber.

Eisen vom Himmel – Diamanten im Sand. Namibia bangt um seine Zukunft, von Harald Stöber.

1989 bereiste der Journalist Harald Stöber Namibia und fing die Stimmungen kurz vor der Unabhängigkeit auf. 'Eisen vom Himmel, Diamanten im Sand. Namibia bangt um seine Zukunft' ist ein interessantes, Kirchen- und UNO-kritisches Zeitdokument.

Harald Stöber  

Im Staate der Baster

175 Kilometer von Mariental bis Rehoboth, unserer vierten Station in Südwest, waren für Koos, einem freundlichen Farbigen beziehungsweise für seinen Jeep kein Problem. Diesen Lift hatten wir den Richters zu verdanken, die so aufmerksam waren, für uns Ausschau zu halten. Koos musste zu einer gewerkschaftlichen Veranstaltung nach Windhoek und war froh, zumindest einen Teil dieser Strecke nicht alleine fahren zu müssen. Bevor es losging, hatten wir in Lauras Geschäft (Frau Richter) ein kurzes Zusammentreffen mit zwei UNTAG-Angehörigen aus der „DDR", was wir zunächst kaum glauben konnten. Beobachtende und kontrollierende Leute von drüben sollen also mit darüber wachen, dass die Wahl in „Namibia" frei und fair verläuft! Bürger eines Landes also, in dem es seit zwei Generationen keine „freien Wahlen" mehr gegeben hat, die aus eigener Erfahrung heraus gar nicht wissen können, wie so etwas in der Praxis funktioniert. Viele fragen sich: Was wollen oder sollen also ausgerechnet diese Leute in einem Land, das schon mehr demokratische Wahlen abgewickelt hat, als jemals die „DDR"? Die vorbereitete Antwort - denn auch wir fragten - kam prompt. „Wir helfen mit, dass alles friedlich verläuft!" Und es gab noch eine handfeste Überraschung, denn auf unsere naive Frage, aus welchem Deutschland denn die Herren kämen, hörten wir zweimal: „Aus Ostdeutschland", als hätte man ihnen die „Deutsche Demokratische Republik" vor Reiseantritt ausgeredet. Was war passiert? Vorerst blieb es für uns ein Rätsel, aber wir begannen zu ahnen, dass „drüben" irgendetwas gelaufen sein musste, von dem wir im fernen „Namibia" noch nichts wissen konnten. Die Fahrt ging zunächst auf bester Straße durch ebenes Gras- und Buschland, aber gegen 12 Uhr zeigten sich am nördlichen Horizont die ersten Ausläufer der Auasberge.

Koos setzte uns - als handelte es sich für ihn um die Erledigung eines Routineauftrages - im Hof der katholischen Missionsstation zu Rehoboth ab, wo wir von Schwester Lintrud - der Leiterin - sowie drei weiteren Schwestern freudig begrüßt und sogleich köstlich bewirtet wurden. „Aber gern könnt ihr bei uns bleiben, eine Spende für unsere Armen genügt!", meinte lachend unsere Gastgeberin und wies uns eines ihrer Gästezimmer zu. Bevor wir in die Stadt aufbrachen, statteten wir der Schreinerei Ralphs einen Besuch ab, der hier seit vier Monaten sein Bestes an ein paar junge Schwarze weiterzugeben versucht und dabei - noch immer - voller Optimismus ist. „Die Jungs brauchen nur motiviert werden, das ist alles!", meinte er etwas naiv, aber es war zu bemerken, dass er sich bereits auf dem Wege zur realistischeren Einschätzung befand. Ralph ist 28 Jahre jung, also noch lernfähig.

Angefangen haben in Rehoboth die Pionierschwestern Rolanda und Beatina, und zwar mit dem Aufschlagen ihrer Zelte am 14. Mai 1927, nachdem sie - aus Lüderitz kommend - an jenem Tag das Basterland erreicht hatten. Und heute sind es, wie zu lesen ist, „3.000 lebendige Menschen, schwarze und vor allem braune Gesichter, die ihre Augen hoffend und fragend auf uns richten". Aus dem Nichts heraus entstand hier durch Schwesterninitiative nach und nach eine der bedeutendsten Stationen der „Missionsschwestern vom Heiligsten Kreuz Jesu": Krankenhaus (1943), Schule (1950), Mädchenheim (1955), Pfarrkirche (1961), Schule (1967), Schwesternheim (1970), Kindergarten (1976), und noch immer ist kein Ende abzusehen, denn Schwester Lintrud steckt noch voller Pläne und Energie.

Da es sich bei den Rehobother Baster - wie sie sich selbst nennen - um eine der interessantesten ethnischen Ausnahmeerscheinungen überhaupt handelt, ist es unumgänglich, sich über die geschichtliche Entwicklung einen kleinen Überblick zu verschaffen, der bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückreicht. Im Kapland lebende Buren litten einerseits unter Frauenmangel, waren jedoch andererseits darauf bedacht, ihr bis dahin kleines Volk zu festigen und möglichst zu vermehren. Viele heirateten „Hottentottenweiber" und wünschten sich nach guter Bibelsitte viele Kinder. Buren und Hottentottenfrauen sind also die Stammeltern der Baster. Im Februar 1868 beschlossen 90 Familienoberhäupter aufgrund tausendfacher Zerwürfnisse vor allem mit den Engländern, ihre Zelte in der Kapprovinz abzubrechen und zusammen mit Missionar Heidmann gen Norden zu ziehen. (...)

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Eisen vom Himmel – Diamanten im Sand. Namibia bangt um seine Zukunft, von Harald Stöber.

Buchtitel: Eisen vom Himmel – Diamanten im Sand
Untertitel: Namibia bangt um seine Zukunft
Autor: Harald Stöber
Verlag: Engelsdorfer Verlag
Leipzig, 2011
ISBN 9783862684410 / ISBN 978-3-86268-441-0
Broschur, 15x21 cm, 160 Seiten, zahlreiche sw- und Farbfotos

Stöber, Harald im Namibiana-Buchangebot

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In Namibia bangte tatsächlich mancher um seine Zukunft, als Harald Stöber kurz vor der Unabhängigkeit das Land bereiste und Stimmungen nachspürte.

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