Die deutschen Südwester, von Walther Wülfing

Die deutschen Südwester. Die Geschichte eines Kolonialkämpfers, von Walther Wülfing. Enßlin & Laiblin. Erstauflage. Reutlingen, 1939

Die deutschen Südwester. Die Geschichte eines Kolonialkämpfers, von Walther Wülfing. Enßlin & Laiblin. Erstauflage. Reutlingen, 1939

Das vorliegende kleine Buch Walther Wülfings, „Die deutschen Südwester", beinhaltet eine Erzählung und Schilderung deutscher Kolonialtätigkeit in Südwestafrika. Mit Karte, Zeittafel und Glossar.

Walther Wülfing  

Orlog

Unbarmherzig glutet vom wolkenlosen Himmel die afrikanische Sonne herab. Vom trockenen Sandboden steigen dicke Sandwolken empor, hüllen die Marschkolonne ein, die sich durch wildzerrissene, wegelose Einöde dahin schlängelt, ersticken sie fast. In roten Schleiern verschwinden zwei Drittel der hundertachtzig deutschen Reiter, die in Kolonnen zu zweit, meist zu Fuß, dahinstapfen. In weitem Abstand folgt mit Hü und Hott der schwerfällige Wagentroß, der für die Truppe Munition, Ausrüstung, Verpflegung und Wasser nachführt. Peitschengeknall und anfeuernde Zurufe dringen von dort herüber: „Zieh, Blaubock! Fat - Faaaat! - Treck Deutschland! - Wart, du Lump!" - Und auf den Fleck genau trifft der Ochsentreiber mit seiner viel meterlangen Peitsche, der Schwipp, alle diejenigen Tiere, die einer Anfeuerung bedürfen. Die breiten Räder der schweren burischen Wagen mahlen knirschend und quietschend durch den Sand, holpern und poltern über gewaltige Steinblöcke und Klippen, fallen krachend und schütternd auf der anderen Seite wieder herab. Langsam, aber sicher ziehen zehn Ochsenpaare die schwere Last, voran der kleine Tauleiter und neben- und hinterher all das schwarze und braune Volk, das zu einem solchen Transport gehört. Den Beschluß bildet als Nachhut eine Gruppe Schutztruppler. Es ist schon der dritte Marschtag von Windhuk aus, das man am 8. April 1893 hinter sich ließ. Müde schleppt sich die Francois-Truppe dahin. Selbst die Reiter der Spitze, die unter Leutnant Kurd Schwabe dem Gros weit vorausreiten, um gegen den Feind aufzuklären, hängen vorn übergebeugt und stumpf im Sattel. Nur dem Leutnant ist keine Spur von Müdigkeit anzumerken. Scharf späht er in die Ferne, mit dem Glas jede Unübersichtlichkeit im Gelände prüfend, während seine beiden Eingeborenen die Pad nach Feindesspuren absuchen. Es geht schon auf Mittag, da wird von rückwärts der Befehl zum Halt durchgegeben. Das Gros schließt auf. Mit Sicherungen nach allen Seiten läßt Hauptmann Curt von Francois Lager aufschlagen. Die Spitzenleute bilden eine Kochgruppe für sich. Sie hocken um ein kleines Feuer. Über der Glut brodelt im landesüblichen dreibeinigen Eisentopf die Mittagskost. „Ein gottverlassenes Affenland ist das hier!" schimpft Fritz Wendel und wischt sich mit einem rotgeblümten Taschentuch den Schweiß von der Stirn. „Nichts als marschieren und wieder marschieren! Da haben wir uns zwei Wochen lang mühselig von der Küste bis Windhuk geschleppt, und knapp hat man ein bißchen verschnauft, so geht's von neuem los. Ich hab' es gründlich satt, so ohne Zweck und Ziel durch die Wüste zu tippeln!" - „Mensch, halt mal die Luft an!" fällt ihm sein Kamerad Albert Redlich ins Wort. „Einen Zweck wird's schon haben. Der Alte weiß, was er will, darauf kannst du Gift nehmen. Ich bin jetzt mir Martin schon das vierte Jahr bei ihm und kenne unsern Hauptmann genau: ein ganzer Kerl und alter Afrikaner. War schon bei Wissmann dabei und hat in Togo Expeditionen geleitet. Zuerst waren wir ganze einundzwanzig Männekens in diesem Riesenland, das anderthalbmal so groß ist wie ganz Deutschland, und sollten hier Ordnung schaffen. Das war einfach zum Lachen. Stell dir vor: wir einundzwanzig gegen Tausende mit modernen Gewehren ausgerüstete Hottentotten und Herero! Heute sind wir zehnmal so stark, und damit kann man schon etwas ausrichten. Und was, das werden wir jetzt hören. Da kommt ja Martin vom Appell zurück. Und, was gibt's?" Martin Harnung, ein schlanker, sehniger Gefreiter, dem Südwest bereits seinen Stempel aufgedrückt hat, kommt mit raschen Schritten näher, schiebt mit kurzem Ruck die Tropenmütze aus der Stirne und sagt mit heller Stimme: „Ich habe doch recht gehabt, als ich euch sagte, daß es gegen Hendrik Witbooi geht. Eben hat's der Alte angesagt. Morgen früh sollen wir ihn bei Hoornkranz angreifen, dort hat sich die Räuberbande verschanzt." - „Da hörst du's, Fritz. Brauchst dir nicht mehr das Maul zu verreißen. Für nichts und wieder nichts marschiert der Alte nicht, das sagte ich dir schon." - „Schon gut, aber ein Affenland bleibt's doch", murrt Wendel, indem er seine Pfeife ausklopft. „Hab' mir Südwest anders vorgestellt." […]

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Die deutschen Südwester, von Walther Wülfing.

Titel: Die deutschen Südwester
Untertitel: Die Geschichte eines Kolonialkämpfers
Autor: Walther Wülfing
Genre: Autobiographischer Roman
Verlag: Enßlin & Laiblin
Erstauflage. Reutlingen, 1939
Original-Leinenband, 13 x 20 cm, 191 Seiten, 11 sw-Fotos, 1 Karte

Wülfing, Walther im Namibiana-Buchangebot

Die deutschen Südwester

Die deutschen Südwester

Die deutschen Südwester ist ein autobiographischer Südwestafrika-Roman des Farmers und Schutztrupplers Walther Wülfing.

Männer reiten fürs Vaterland (Aus weiter Welt, Nr. 130)

Männer reiten fürs Vaterland (Aus weiter Welt, Nr. 130)

Aus der Reihe 'Aus weiter Welt' ist dies eine erzählende Darstellung der Kalahari-Expedition gegen Simon Kopper von 1908.

Dich ruft Südwest!

Dich ruft Südwest!

Dich ruft Südwest! ist ein Südwestafrika-Roman, der zeitlich in den 1920er und 1930er Jahren angelegt ist.

Das Grauen der Omaheke: Hauptmann Hollaenders Expedition gegen Kanjemi

Das Grauen der Omaheke: Hauptmann Hollaenders Expedition gegen Kanjemi

Die Geschichte von Hauptmann Hollaenders Expedition gegen Kanjemi, erschien 1929 im Heftformat unter dem Titel Das Grauen der Omaheke.

Im Morgengrauen gegen Kopper. Die Kalahari-Expedition gegen Simon Kopper

Im Morgengrauen gegen Kopper. Die Kalahari-Expedition gegen Simon Kopper

Die Kalahari-Expedition gegen Simon Kopper begann im Morgengrauen des 16.03.1908 und ist in die Geschichte Südwestafrikas eingegangen.