Dich ruft Südwest!, von Walther Wülfing

Dich ruft Südwest!, von Walther Wülfing. Enßlin & Laiblin. Erstauflage. Reutlingen, 1930

Dich ruft Südwest!, von Walther Wülfing. Enßlin & Laiblin. Erstauflage. Reutlingen, 1930

Walther Wülfings recht authentischer Südwestafrika-Roman Dich ruft Südwest! ist von seinen eigenen Jahren als Schutztruppler und Farmer in der damaligen deutschen Kolonie inspiriert.

Walther Wülfing  

[...] Als nach Sonnenuntergang bald auch das letzte Licht erlosch, konnten auch die Eingeborenen die Spur nicht mehr halten und hatten sich gerade entschieden, zum Lager zurückzukehren. Da hörten sie plötzlich einen Schuß fallen und einen zweiten und dritten. Das mußte der Baas sein! So schnell sie ihre Füße trugen, eilten sie dem Schall entgegen. Es war fast dunkel, als sie Gert ohnmächtig unter einem Busch liegend fanden. Sie benetzten ihm Stirn und Brust, und als er endlich die Augen aufschlug und lallend „Wasser" verlangte, gaben sie ihm zu trinken. Langsam kam Gert wieder zu sich. Ein tiefes Gefühl der Erleichterung und Dankbarkeit über seine glückliche Rettung überkam ihn. Das Grauen lag hinter ihm und konnte ihm nun nichts mehr anhaben. Seine Kräfte kehrten nach und nach zurück. Schließlich konnte er es wagen, auf die Eingeborenen gestützt, den Rückweg anzutreten. Ein Blick auf die Sterne genügte Max, um augenblicklich die kürzeste Marschrichtung zum Lager einzuschlagen. Nach einer Stunde sahen sie das Feuer durch die Büsche leuchten. Als Heinz die Schritte der Ankömmlinge vernahm, eilte er ihnen entgegen. „Wo in aller Welt hast du denn solange gesteckt?" rief er. Als er aber sah, wie schwer dem Kameraden das Gehen wurde und in sein erschöpftes Gesicht blickte, fragte er nicht weiter, sondern war behilflich, ihn auf das Lager zu betten, wo Gert fast augenblicklich in einen tiefen, bleiernen Schlaf verfiel. Ein neuer Tag brach an. In der Ferne verhallte der letzte Schrei eines Schakals. Nach kurzer Dämmerung stieg der rote Feuerball im Osten empor, und in seinen ersten Strahlen erglänzten die Blättchen der Bäume und Büsche in goldigen Tönen. Eine Zikade eröffnete das Morgenkonzert, in das all die ungezählten anderen lärmend einfielen. Ein ständiges Schwirren und Zirpen ging durch die Luft, das erst erlosch, als der Tag sich seinem Ende zuneigte. Die Eingeborenen krochen fröstelnd aus ihren Decken, legten neue Nahrung auf die schon fast erloschene Glut und hockten sich dicht hinzu, die ausgestreckten Hände dem Feuer entgegenhaltend. Im Flüsterton unterhielten sie sich über die Ereignisse des vergangenen Tages, ab und zu nach dem Zelt flüchtig hinüberblickend. Mit dem Rest aus den Feldflaschen kochten sie Kaffee und setzten das Kochgeschirr vor das Zelt. Durch dies Geräusch erwachte Heinz und stand leise auf, um den Kameraden nicht zu wecken, der mit bleichem Gesicht wie ein Toter schlummerte. Gegen acht Uhr tauchte eine Staubwolke auf der Pad auf, die sich rasch näherte. Es waren Ludwig und Jakob, die mit den neuen Pferden und Mulis daherkamen. Bei ihrer Ankunft wurden sie von den beiden Eingeborenen mit lautem Schnalzen und Geschnatter begrüßt. Da erwachte auch Gert. Verstört sah er zuerst um sich, bis ihm klar wurde, wo er sich befand. Noch schmerzte der Kopf, noch brannte die Kehle, bleischwer waren die Glieder. Doch der Kaffee übte bald seine belebende Wirkung aus, und nach einer Weile begann er sich anzukleiden, während er die Fragen des Freundes kurz beantwortete. „Es war einfach furchtbar", schloß er, indem er sich mit der Hand müde über die Stirne strich, „das soll mir eine Lehre für das ganze Leben sein!" Nachdem die Tiere eine Stunde gerastet hatten, wurde eingespannt, und langsam setzte sich der Trupp in Bewegung. Wenn auch die Glieder noch schmerzten, fühlte sich Gert doch wieder ganz wohl. Eine frische Brise kam ihnen entgegen und milderte die Hitze des fortschreitenden Morgens. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Südwestafrika-Roman: Dich ruft Südwest!, von Walther Wülfing.

Titel: Dich ruft Südwest!
Autor: Walther Wülfing
Genre: Roman
Verlag: Enßlin & Laiblin
Erstauflage. Reutlingen, 1930
Original-Leinenband, 13 x 19 cm, 265 Seiten, 20 sw-Fotos, 1 Kartenskizze

Wülfing, Walther im Namibiana-Buchangebot

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