Der Wahrheit eine Gasse. Hererokrieg und Gedanken zum 9. Dezember 1904, von Hinrich R. Schneider-Waterberg

Der Wahrheit eine Gasse. Hererokrieg und Gedanken zum 9. Dezember 1904, von Hinrich R. Schneider-Waterberg.

Der Wahrheit eine Gasse. Hererokrieg und Gedanken zum 9. Dezember 1904, von Hinrich R. Schneider-Waterberg.

In dieser älteren Auflage von Der Wahrheit eine Gasse entwickelt Hinrich R. Schneider-Waterberg Gedanken zum 9. Dezember 1904 und zum Hererokrieg.

Hinrich R. Schneider-Waterberg  

Gedanken zum 9. Dezember 1904

Das Gedenkjahr 2004, in dem man in Namibia und in Deutschland denkwürdiger Daten und des "Hererokrieges" von 1904 gedachte, neigt sich dem Ende zu. Als auch vor hundert Jahren das Kriegsjahr 1904 zu Ende ging, nahm dieser Krieg an einem heute zu Unrecht fast vergessenen Tag eine entscheidende Wende. Am denkwürdigen 9. Dezember 1904 nämlich erhielt das verblüffte Oberkommando der Schutztruppe, das sich nach dem Abzug aus dem Sandfeld seit Oktober bereits wieder in Windhoek befand, den telegraphischen Befehl aus Berlin, "den Weg der Gnade zu beschreiten": Sich freiwillig stellende Hererokrieger und Reste des Hererovolkes sollten mit Hilfe der Mission in einzurichtende Lager "zu ihrer einstweiligen Unterbringung und Erhaltung" untergebracht werden. Damit wurden beide, die heute wie damals umstrittene Proklamation an die Herero und der anschließende Truppenbefehl, beide am Rande der Omaheke am 2. Oktober des Jahres erlassen, aufgehoben! Zwar waren von vornherein beide, die darin angedrohte Landesverweisung des Hererovolkes und der Truppenbefehl, der männliche Herero praktisch vogelfrei erklärt hatte, vom Oberkommando als wenig erfolgversprechend eingeschätzt worden, aber inzwischen hatte sich dies auch bestätigt. Wie sollten auch dreißig unter der Mitgabe der Proklamation in das Sandfeld zurückgejagte Frauen und Kinder das ganze, überall weit verteilte Volk der Herero erreichen? Die letzten Herero-Nachzügler waren bekanntlich bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der besagten Proklamation für die Truppen unerreichbar in den letzten Septembertagen abgezogen. [siehe S. 91 ff: "Entrümpelung der von Trothaschen Proklamation vom 2. Oktober 1904."] Die Truppe hatte die Herero schon seit ihrem Abzug vom Waterberg im August weder einholen, noch finden, noch zum Kampf stellen können. Herero waren auch nicht, wie anfänglich befürchtet, von, im unerforschten Sandfeld vermuteten, Wasserstellen aus "zurückgeflutet". Der Abzug des Oberkommandos und erheblicher Kräfte gegen die Nama im Süden, sowie Probleme mit Krankheiten und Nachschub hatten die geschwächte Truppe in die Defensive gezwungen, und mit Eintritt der heißen Jahreszeit waren militärische Aktionen sogar schon seit Oktober befehlsmäßig eingestellt worden. Diese erzwungene Untätigkeit, der über hunderte von Kilometern isoliert verteilten unzureichenden Kräfte, nannte sich die "eiserne Absperrung" des Sandfelds, und sollte als solche in die Geschichte eingehen. Die Proklamation und der Truppenbefehl harrten ihrer Durchführung. Der "Hererokrieg" schien beendet. In Berlin war man jedoch wegen der möglichen Brisanz der maßlosen und wilhelminisch-bombastischen Formulierungen der Proklamation und des Truppenbefehls besorgt. Die ursprünglich nur zur örtlichen Abschreckung und vor Ort konzipierte sowie in ihren Verbreitungsmöglichkeiten stark begrenzte Proklamation drohte, falls sie dennoch bekannt würde, innenpolitisch und im Hinblick auf die benachbarte Kolonie Großbritanniens auch außenpolitisch zu weite Kreise zu ziehen und über das Tragbare hinaus zu gehen. Über die Veröffentlichung des besagten Gnadenerlasses vom 9. Dezember 1904 wurde von Berlin daher eine jahrelang wirksame Pressesperre verhängt. Dem befohlenen Gnadenerlaß entsprechend handelte man noch am gleichen Tag und innerhalb von Wochen und weniger Monate wurden Tausende von unstet im Lande raubend umherschweifender oder sich versteckender mittelloser Herero als Gefangene in neue Lager eingebracht. Noch vor Jahresmitte 1905 waren es trotz des andauernden Kriegszustandes weit über sieben Tausend. Diese Zahlen bestätigen zugleich die geringe Wirkung der auch schon vom Konzept her unrealistischen "eisernen Absperrung" des Sandfelds. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Der Wahrheit eine Gasse. Hererokrieg und Gedanken zum 9. Dezember 1904, von Hinrich R. Schneider-Waterberg 

Buchtitel: Der Wahrheit eine Gasse
Untertitel: Anmerkungen zum Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika 1904
Autor: Hinrich R. Schneider-Waterberg
Nachrichten der Gesellschaft für Wissenschaftliche Entwicklung
5. Auflage. Swakopmund, Namibia 2008
ISBN 9991668438 Namibia
ISBN 978-3-936858-88-4 Deutschland
Originalbroschur, 15x21 cm, 168 Seiten, einige sw-Fotos

Schneider-Waterberg, Hinrich R. im Namibiana-Buchangebot

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