Der Wahrheit eine Gasse. Der Waterberg und Hamakari, von Hinrich R. Schneider-Waterberg

Der Wahrheit eine Gasse. Der Waterberg und Hamakari, von Hinrich R. Schneider-Waterberg. ISBN 9789994585946/ ISBN 978-99945-85-94-6 Namibia

Der Wahrheit eine Gasse. Der Waterberg und Hamakari, von Hinrich R. Schneider-Waterberg. ISBN 9789994585946/ ISBN 978-99945-85-94-6 Namibia

Hinrich R. Schneider-Waterberg: Der Wahrheit eine Gasse. Der Waterberg und Hamakari - Kapitel: Ungewissheiten als Norm; Ungewissheiten am Tag nach der Schlacht.

Hinrich R. Schneider-Waterberg  

Es war der Morgen des 12. August 1904 bei Hamakari. Nach einer „einsam durchwachten sternklaren eiskalten Nacht", so sein Tagebuch35, erwartete General von Trotha, den entscheidenden Angriff der Herero. Am Vortag hatte sich die „Hauptabteilung", bei der sich der Stab und der Oberkommandierende im Gefechtsstand befunden hatten, nur nach schwerstem, bis zum Abend dauernden, verlustreichen Kampf den Zugang zu den Wasserlöchern von Hamakari zum Trinken und Tränken erzwingen können. Von einer zahlenmäßig vermutlich überwältigenden Übermacht eingeschlossen, waren die etwas über 200 Mann der Truppe und Witbooi nur durch ruhige und überlegte Führung der Vernichtung durch die Herero entgangen.36 Nach damaliger Einschätzung verfugten die Herero über 6.000 Hinterladergewehre. Die Bewaffnung der Herero mit modernen Hinterladergewehren war eine der Ungewissheiten, die der General zu berücksichtigen hatte. Falls sie tatsächlich zum Einsatz kommen würden, was er voraussetzen musste, wusste er als erfahrener Berufssoldat und alleinverantwortlicher Oberkommandierender, dass bei einem solchen Zahlenverhältnis seine Lage bei Hamakari verzweifelt war. Die erwarteten bedeutenden Verstärkungen für seine Hauptabteilung durch die Abteilungen Deimling und von der Heyde waren, wie im Vorhergegangenen dargestellt37, nicht eingetroffen. Erkundungen und Patrouillenberichte, die vor dem 11. August eingegangen waren, hatten ergeben, dass die Herero ihre Streitkräfte auf Hamakari zusammengezogen hatten. Von diesen, so musste von Trotha annehmen, war er an den am Vortage in schwerem Kampf eroberten Wasserlöchern im undurchsichtigen umgebenden Dickbusch noch immer umzingelt. Hätte nur ein Drittel der angeblich 6.000 mit Hinterladern bewaffneten Herero ihm im bevorstehenden Entscheidungskampf an diesem 12. August gegenüber gelegen, hätte er sich gegen eine nach Zahlen zehnfache Übermacht zu verteidigen gehabt. Der umliegende Dickbusch beeinträchtigte obendrein das Schussfeld und somit den wirksamen Einsatz der Maschinenwaffen und der Artillerie: „Wir selber glaubten uns nach einem schweren verlustreichen Kampf einem noch ungebrochenen Feind gegenüber", notierte der General in sein Tagebuch.38 Es war der Schlachtplan des Generals gewesen, nach Vereinigung seiner Kräfte bei Hamakari von dort aus am 11. und 12. August die nördlich zusammengezogene Hauptmasse der Herero anzugreifen, um sie gegen den wasserreichen Waterberg zu werfen und sie dort vor dessen Massiv zu schlagen („vernichten")39, und zur Übergabe zu zwingen. Diese einleuchtende und wahrscheinlich allein erfolgversprechende Strategie war aber nun, wie bereits dargelegt, an drei „Friktionen" (militärische Widerstände) gescheitert, die auf Grund ihrer Wichtigkeit hier wiederholt werden sollen: Erstens hatte das sogenannte „zweite" Feldregiment, welches die starke Westableitung unter Oberst Deimling bildete, übereilt und in kurzsichtiger Verkennung der Lage und der Strategie von Trothas eigenmächtig die Herero am Tag der Schlacht vom Quellbach am Hang des Waterbergs vertrieben und dort übernachtet, anstatt befehlsmäßig nach Hamakari zu marschieren. Zweitens hatte die Ost-Abteilung unter von der Heyde sich nicht nur verirrt, sondern hatte dabei auch unterwegs am Nachmittag eine verlustreiche Niederlage erlitten und völlig entkräftet die Hauptabteilung bei Hamakari ebenso nicht rechtzeitig für einen gemeinsamen Angriff am 11. oder 12. August erreicht. Die in der Literatur mehrfach geäußerte Behauptung, General von Trotha hätte die Herero einkesseln wollen, lässt sich nicht belegen. Obgleich Wasser- und Weideverhältnisse sowie geografische und andere Umstände konzentrisches getrenntes Marschieren auf die Waterberge erforderten, war vereintes Schlagen bei Hamakari die von General Trotha angewiesene Strategie. (...)

Fußnoten:
35 Tagebuch von Trotha, Eintragung 12. August 1904.
36 Major von Mühlenfels kommandierte die Hauptabteilung. Er wurde 1905 befördert und mit einem hohen Orden ausgezeichnet.
Eintragung vom 11.8. im Tagebuch des Generals von Trotha: „Eine Zeit lang war ich in dem Glauben, dass diese Abteilung und das Hauptquartier verloren seien."
37 Für die folgerichtige Beschreibung der Hergänge sind Wiederholungen von bereits in vorhergehenden Artikeln Dargestelltem erforderlich, wofür der Leser Verständnis haben möge.
38 Tagebuch von Trotha, unveröffentlicht, Anlage 9.
39 Zu dem Begriff „Vernichtung" siehe oben S.184: Manöverkritik und Entrümpelung der von Trothaschen Proklamation.

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Der Wahrheit eine Gasse. Kapitel: Der Waterberg und Hamakari, von Hinrich R. Schneider-Waterberg.

Buchtitel: Der Wahrheit eine Gasse
Untertitel: Zur Geschichte des Hererokrieges in Deutsch-Südwestafrika 1904 -1907. Teil 1 und 2
Autor: Hinrich R. Schneider-Waterberg
Wissenschaftliche Gesellschaft Swakopmund
2. Auflage, Swakopmund (Namibia) 2020
ISBN 9789994585946/ ISBN 978-99945-85-94-6 Namibia
Broschur, 15 x 21 cm, 340 Seiten, zahlreiche sw-Fotos und Karten

Schneider-Waterberg, Hinrich R. im Namibiana-Buchangebot

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