Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise, von A. E. Johann

Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise, von  A. E. Johann. Im Deutschen Verlag. Berlin, 1940

Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise, von A. E. Johann. Im Deutschen Verlag. Berlin, 1940

Die harte, karge und gefährliche Erde von Südwestafrika wird mit einer unüberwindlichen, zähen Liebe geliebt von allen, die sich ihr verschrieben haben. In keinem anderen Dasein nahm für mich dieses hartnäckige Festhalten an der Südwester Erde großartigere Gestalt an als in dem der Anna Amanger. Davon will ich, Alfred E. Johann, in dem Roman 'Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise' nun berichten.

A. E. Johann  

Das Leben ist lang

Irgendwo inmitten von Südwestafrika liegt die Farm. Kalt und herbe umwehen sie vom April bis in den August, die Zeit des Südwinters, die Winde, mag die Sonne noch so klar vom ungeheuren, wolkenlosen Himmel, niemals verhüllt, herniederstrahlen - Spenderin und Zerstörerin! Die Farm erhebt sich auf einem sanften Anstieg, der sich dicht hinter ihr zu einer abweisend schroffen Felskuppe aufwirft. Soweit das Auge reicht: Dornbusch, graugrüne Unendlichkeit, silbern durchleuchtet vom trockenen, hohen Gras, das den steinigen rötlichen Boden ganz verschleiert. Im Westen aber steht das Erongo-Gebirge am Horizont, eine versteinerte Gewitterwolke. Immer, wenn später Anna Amanger in andere Gegenden oder andere Länder reiste, mußte sie denken: auf der ganzen Welt gibt es kein Gebirge schöner als das Erongo-Gebirge; wenn ich es niemals mehr wiedersehen dürfte, ich würde sterben, glaube ich. Wirklich, wo sonst gibt es ein gläsernes Gebirge? Wenn die Sonne sich ihm zusenkt, verwandelt es sich in dunkelblaues und dann langsam ins Violette hinüberspielendes Glas, wie wenn durch ganz alte, gefärbte Kirchenfenster die Abendsonne ins kühle, stille Kirchenschiff fällt; immer meint man dann, das seien jene Farben, die heute nicht mehr herzustellen sind, weil das Geheimnis ihrer Mischung mit irgendeinem lang vergessenen Meister zu Grabe getragen wurde. Anna Amanger, die in dieser großartig einfachen und doch zaubervollen Landschaft aufwuchs, ahnte nichts davon, daß das Licht vom Erongo-Gebirge abends dem Schein durch alte Kirchenfenster glich. Sie wuchs auf als ein heidnisch-wildes, unbändiges Kind, das zugleich frühes Selbstbewußtsein und Eigenwilligkeit, aber auch ein rührend weiches, mitleidiges Herz, eine hemmungslose Freigebigkeit und eine überströmende, empfindliche Zärtlichkeit in hundert süßen, kindlichen Einzelzügen verriet. In ihrem Kopf vermischten sich seltsam die alten Legenden, die ihr Johanna, ihre zwar getaufte, aber deshalb doch noch stockabergläubische Herero-Kinderfrau, zuflüsterte, mit den deutschen Märchen, die ihr die Mutter abends in der Schummerstunde erzählte, wenn das Essen schon wartete, aber der Vater noch nicht da war; denn manchmal dauerte es lange, bis alle Kühe gemolken waren; auch mußten sie dann noch, ebenso wie die Kälber und Färsen, in großen Kraalen sicher verwahrt werden. So bevölkerte sich ihre Phantasie mit Dornröschen und Hänsel und Gretel, mit großen Zauberern und den Geistern erschlagener Bergdamaras, mit den Urmüttern der Hererosippen wie mit Frau Holle und dem Froschkönig, und da sie außer ihren Eltern erwachsene Weiße kaum, weiße Kinder überhaupt nicht kannte, so waren die Gestalten ihrer Phantasie allesamt pechrabenschwarz, was ihr kleines Herz keineswegs als Widerspruch empfand, denn die Schwarzen der Farm vergötterten sie, und ihre schwarze, schlanke Johanna, jeder Zoll eine stolze, reinblütige Herero, wachte eifersüchtig über sie wie über ihren Augapfel. Sie hatte es früh gelernt, ihren Vater, der gern lachte, gern und gut schoß und gern und schwer arbeitete, um den winzigen und selten musterhaft sauberen Finger zu wickeln. Nur vor der Mutter hegte sie echten Respekt; die ließ sich durch kein Lächeln und Schmeicheln betören und strafte schnell und hart, wenn es nötig war - und manchmal, wenn es nicht nötig war, was ihr das Kind frühzeitig entfremdete. Was konnte die kleine Anna davon wissen, daß eine zu große Arbeitslast auf den gar nicht sehr starken Schultern ihrer Mutter lastete, daß das Klima die Farm lag auf etwa 1500 Meter Meereshöhe, ihr nicht bekam und ihr Herz zuweilen überanstrengt jagen ließ, daß sie sich, ohne es eigentlich zu wissen, vor Heimweh nach ihrer anmutigen, kleinräumigen fränkischen Heimat verzehrte? All das reichte natürlich weit über das Verstehen der kleinen Anna hinaus. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise, von  A. E. Johann.

Titel: Der Tod im Busch
Untertitel: Roman einer afrikanischen Reise
Autor: Alfred E. Johann
Genre: Roman
Verlag: Im Deutschen Verlag
Berlin, 1940
Originalleineneinband, 15 x 22 cm, 248 Seiten, 1 Faltkarte, 32 Fotos des Verfassers, Schrift: Fraktur

Johann, A. E. im Namibiana-Buchangebot

Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise

Der Tod im Busch: Roman einer afrikanischen Reise

Der Tod im Busch ist ein sehr lesenswerter und erfolgreicher Roman, den A. E. Johann nach einer 1936 unternommenen Reise durch das südliche und östliche Afrika verfaßte.

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