Der Eukalyptusbaum: Südwestafrika-Roman eines Arztes, von Arthur Ignatius

Der Eukalyptusbaum: Südwestafrika-Roman eines Arztes, von Arthur Ignatius. Eugen Salzer-Verlag; Heilbronn, 1968

Der Eukalyptusbaum: Südwestafrika-Roman eines Arztes, von Arthur Ignatius. Eugen Salzer-Verlag; Heilbronn, 1968

Dies ist ein Auszug aus dem ersten Kapitel des Südwestafrika-Romans Der Eukalyptusbaum: Roman eines Arztes, von Arthur Ignatius.

Arthur Ignatius  

Was kein Farmer im Grasland und Sandfeld von Südwestafrika zu hoffen gewagt, geschah Ende März 1913: Zwei Tage nach den Bittgottesdiensten in den Kirchen von Windhuk und Okahandja, in Karibib und Otjimbingwe fiel der erste starke Regen aufs verdorrte Land, füllte die bis zum Grund ausgetrockneten Wasserlöcher der Hochsteppe und wälzte schäumende Fluten über die heißen Sandbänke des Nossobflusses. In der zweiten Nacht des großen Regens erwachte Otto Engelhart, Farmherr auf Dornfontein, und horchte gespannt. In den Jahren der Hottentotten- und Hereroaufstände, auf Ritten durch Busch und Gras hatten sich seine Sinne geschärft für nahendes Unheil. Er hörte den Regen auf das Wellblechdach des Wohnhauses klopfen und den Nossobfluß um den Farmhügel tosen. Hatte er nur geträumt, daß sich über dem Grasland jenseits vom Onjokaberg, dem Schlangenberg, ein Unwetter zusammenbraute? Da er nichts Verdächtiges hörte, blickte Otto Engelhart auf seine Frau Auguste und die drei Kinderbetten am Fenster, streckte sich wieder aus und dachte zufrieden, wenn der Regen nur noch in dieser Nacht anhielte, könnte der große Kududamm vollgelaufen und eine gute Weide auf Monate hinaus gesichert sein. Dann würde er die Ochsen noch eine Weile im Feld grasen lassen, damit die Zugtiere mehr Kräfte gewönnen und beim Verkauf an die kaiserliche Schutztruppe einen höheren Erlös brächten. Und von den Viehhändlern aus der Südafrikanischen Union könnte er für die Schlachtochsen einen besseren Preis verlangen als die Jahre zuvor. Von dem Geld wollte er endlich das schwere Windrad kaufen, das aus dem Flußgarten an einem Tag mit gutem Wind so viel Trinkwasser zum Wohnhaus hinaufpumpte, wie zwei Ochsenpaare im Laufe eines Monats in Wasserfässern heraufzogen. Schließlich mußten die Vorräte an Mehl und Zucker, an Tuchen für die eingeborenen Frauen und Tabak für die Männer aufgefüllt werden. „Gott sei Lob und Dank“, sagte er leise, fuhr aber sogleich zusammen, denn er schämte sich seines Zweifels an Gottes Allmacht. In den Wochen unablässiger Staubstürme, wenn seine Frau in der Wohnstube die drei Jungen um sich scharte und laut mit ihnen betete, der Herr möge sich erbarmen und endlich Regen für alle leidende Kreatur schicken, war er voller Spott und Bitterkeit in die Pferdestallungen gegangen und hatte mit dem braunen Wallach, seinem Lieblingspferd, gesprochen. Am meisten beirrte ihn, daß Hans Jakob, der älteste Sohn, sein eigenes Gebet sprach und mit dem Herrn wie mit einem Manne redete, dem alle Gewalt über Farm Dornfontein gegeben war. Und am Ende bat der Junge stets, er wünsche sich zum Geburtstag einen Himmel voller Regenwolken, damit das Luzernenfeld wieder blühe und die Schmetterlinge flögen. Für einen Farmersohn, überlegte der Vater, hatte der Junge zuviel Phantasie, aber nicht genug praktischen Sinn, ein weiches Herz statt schneller Tatkraft. Doch das konnte sich ändern. Morgen wurden es ja erst fünf Jahre, daß er in der Grashütte unter dem alten Kameldornbaum, wo jetzt die Feldschmiede stand, zur Welt gekommen war... Rief draußen jemand? Otto Engelhart zündete die Sturmlaterne an und fuhr in die Kordhose. Dann nahm er das Gewehr vom Haken, schlich ins Wohnzimmer und horchte wiederum. Der Regen hatte nachgelassen, er strömte gleichmäßig hernieder und fiel klatschend vom Dach. Der Fluß toste, aber er gurgelte nicht wie vor Jahren, als er den Damm um die Maisfelder durchbrach. Vorsichtig stellte der Farmer die Laterne auf den Tisch und sah, daß schon die Geburtstagsgeschenke für Hans Jakob aufgelegt waren; nur die Kerzen fehlten. Er trat an die verriegelte Tür, lud das Gewehr durch und rief: „Heeh! Wer da?“ […]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Der Eukalyptusbaum: Roman eines Arztes, von Arthur Ignatius.

Buchtitel: Der Eukalyptusbaum
Untertitel: Roman eines Arztes
Autor: Arthur Ignatius
Verlag: Eugen Salzer-Verlag
Heilbronn, 1968
Original-Leineneinband, Original-Schutzumschlag, 14x21 cm, 439 Seiten

Ignatius, Arthur im Namibiana-Buchangebot

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Der Eukalyptusbaum ist ein fesselnder Roman eines in Südwestafrika geborenen Arztes.

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