Das Werden und Wirken eines Rebellen, von Gerhard Tötemeyer

Das Werden und Wirken eines Rebellen: Autobiographische und historische Notizen eines Deutsch-Namibiers, von Gerhard Tötemeyer. Kuiseb Verlag. Windhoek, Namibia 2015. ISBN 978-99945-76-35-7 / ISBN 9789994576357 / ISBN 978-3-941602-89-2 / ISBN 9783941602892

Das Werden und Wirken eines Rebellen: Autobiographische und historische Notizen eines Deutsch-Namibiers, von Gerhard Tötemeyer. Kuiseb Verlag. Windhoek, Namibia 2015. ISBN 978-99945-76-35-7 / ISBN 9789994576357 / ISBN 978-3-941602-89-2 / ISBN 9783941602892

Nach seinem Austritt aus der aktiven Politik Namibias im Jahr 2004 hat Prof. Dr. Gerhard Tötemeyer als Autor politischer Analysen und Bücher gewirkt. Nun liegt seine Autobiographie "Das Werden und Wirken eines Rebellen: Autobiographische und historische Notizen eines Deutsch-Namibiers" vor, Zeugnis einer packenden persönlichen und politischen Lebensfahrt.

Gerhard Tötemeyer  

Das Sozialsystem und politische Neuorientierung

Unter den Weißen gab es deutliche Klassen- und Bildungsunterschiede. Die Palette reichte von wohlhabend bis arm, gebildet bis ungebildet. Hinzu kam noch, dass deutsche Südwester, englischsprachige Weiße und Buren in mancher Hinsicht trotz ihres gemeinsamen Bezugs zum Lande unterschiedliche Interessen und Ansichten hatten. Die Englischsprachigen waren eine Minoritätsgruppe. Die meisten waren südafrikanische und in Südwest tätige Beamte und einige waren Geschäftsleute. Sie waren Außenseiter im weißen sozialen Gefüge, wie auch die kleine Gemeinschaft der Juden. In Keetmanshoop hatten die Juden die vorgeschriebene Anzahl Einwohner erreicht, die sie berechtigte, eine Synagoge zu bauen und eine eigenständige Gemeinde zu gründen. Sie hatten aber keinen eigenen Rabbi. Von Zeit zu Zeit kam ein Rabbi von Windhoek nach Keetmanshoop. Unter den Juden gab es eine Anzahl, die frühzeitig Nazi-Deutschland verlassen hatte, um der Verfolgung und letzthin dem Holocaust zu entrinnen. Zu den Deutschen in Südwest hatten sie ein gutes Verhältnis. Die meisten waren Geschäftsleute wie Luchtenstein, Stern, Mannheimer, Cohen, Gordon und Pupkewitz. An diese Namen erinnere ich mich heute noch. Klassenunterschiede gab es in der weißen Bevölkerung nicht nur zwischen Buren und Deutschen, sondern auch unter den Deutschen selbst. Auch ihre politischen Ansichten waren unterschiedlich. Das hing vor allem damit zusammen, dass jeder seine eigene Geschichte und Kultur hatte. Die Buren waren engstens mit ihren Volks- und Sprachgenossen in Südafrika verbunden und die Deutschsprachigen mit Deutschland. Bei den Südwesterdeutschen hat es lange gedauert, bis vor allem die Kaisertreuen den verlorenen Ersten Weltkrieg und den Kaisersturz verarbeitet hatten. Unter der älteren Generation hatten noch viele das Kaiserreich erlebt. Obwohl es in seinem Wesen und in seiner Praxis nicht besonders demokratisch war, wurde das ehemalige Kaiserreich weiterhin idealisiert. Der Ausgang des Ersten Weltkriegs war für die Südwesterdeutschen eine nationale Demütigung. Nach dem Ende der deutschen Kolonialzeit befanden sich viele Südwesterdeutsche in einem gewissen Schwebezustand. Sollte man sich mit der neuen Heimat Südwest identifizieren oder sollte Deutschland die Heimat bleiben? Der verlorene Erste Weltkrieg und der Zuzug vieler weißer Südafrikaner bedeutete für die deutsche Sprachgruppe ein Kampf um ihre Behauptung als eigenständige Kulturgruppe in einem von einer Fremdmacht beherrschten Land. Sie lebten nun in einem von Südafrika verwalteten Gebiet. Diesen veränderten Umständen mussten sich die Südwesterdeutschen anpassen und sich darin neu orientieren. Die mit der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg verbundene Besetzung Deutsch-Südwests von südafrikanischen Truppen verkraftete man nicht leicht. Sie waren eine Besatzungsmacht. Die danach folgende südafrikanische Mandatsregierung in Südwest, nunmehr nicht mehr Deutsch-Südwest, wurde als oktroyiert empfunden. Der alte wilhelminische Obrigkeitsstaat war tot. Die sich anbahnende Demokratisierung Deutschlands war für viele Südwesterdeutsche ein politisches Fremdelement. Sie standen der Deutschland aufgezwungenen Demokratie während der Weimarer Zeit skeptisch gegenüber. Mit der republikanischen Staatsform des Weimarer Staates konnten sich nur wenige identifizieren. Der Parteienhader und der parteipolitische Trümmerhaufen in der Weimarer Republik, die Ohnmacht des damaligen deutschen Parlamentarismus trotz demokratischer Institutionen, verwirrten die Südwesterdeutschen. Der Übergang vom autokratischen Kaiserreich über die Weimarer Republik zu einem nationalsozialistischen totalitären Staat fiel vielen Südwesterdeutschen daher nicht schwer. Der Wechsel von der Treue zum Kaiser Wilhelm II zur Treue zum Führer Adolf Hitler als autokratische Figuren und Machtinhaber verlief fast harmonisch. Es sei letzthin eine politische Loyalitätsverschiebung und nicht viel mehr, so meinte man. Der deutsche Nationalstolz in Südwest war verletzt. Man wollte ihn trotzdem beibehalten und neu bekräftigen. [...]

Dies ist ein Auszug aus der Autobiographie Das Werden und Wirken eines Rebellen: Autobiographische und historische Notizen eines Deutsch-Namibiers von Gerhard Tötemeyer.

Titel: Das Werden und Wirken eines Rebellen
Untertitel: Autobiographische und historische Notizen eines Deutsch-Namibiers
Autor: Gerhard Tötemeyer
Verlag: Kuiseb Verlag
Windhoek, Namibia 2015
ISBN 978-99945-76-35-7 / ISBN 9789994576357
ISBN 978-3-941602-89-2 / ISBN 9783941602892
Broschur, 17 x 24 cm, 408 Seiten, zahlreiche sw-Fotos

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