Brüder im Schatten. Das Bild einer Missionsreise durch Südafrika, von Gerhard Brennecke

Brüder im Schatten. Das Bild einer Missionsreise durch Südafrika, von Gerhard Brennecke.

Brüder im Schatten. Das Bild einer Missionsreise durch Südafrika, von Gerhard Brennecke.

In seinem Bericht Brüder im Schatten schreibt der Direktor der Berliner Missionsgesellschaft Gerhard Brennecke über seine Eindrücke von einer Missionsreise nach Südafrika, die in den frühern 1950er Jahren unternommen wurde.

Gerhard Brennecke  

Botsbabelo - gestern und heute

Eben fuhr der Wagen noch durch die gepflegten Straßen der kleinen Kreisstadt Middelburg. Nachdem wir den Ort verlassen haben, können wir noch ein paar Kilometer auf einer beinahe einwandfreien Straße entlangfahren, dann gilt es für den Fahrer, geschickt über Schlaglöchier und aufgewühlten Boden hinwegzusteuern. Die Insassen des Wagens werden tüchtig durcheinandergeschüttelt, aber wir getrösten uns: in kurzer Zeit werden wir Botshabelo erreicht haben. Und da taucht es auch schon vor uns auf. Fast hat man den Eindruck, in ein umfriedetes Tal einzufahren, so ist die Siedlung von verschiedenen Seiten von kleinen Höhen umgeben. Der Wagen bleibt am Missionarshaus stehen. Wir machen den ersten Rundgang. Die große, schöne Kirche, 1884 in jetziger Form gebaut, mit einem hohen Turm, fällt zuerst auf. Sie faßt mehr als 800 Menschen. Ihre beiden Vorgängerinnen erwiesen sich jeweils als zu klein und mußten wieder abgerissen werden. Sie kündet von einer bedeutsamen Vergangenheit. Ein vielleicht noch eindrücklicheres Zeugnis von dieser Vergangenheit sind die vielen Häuserruinen, auf die man auf Schritt und Tritt stößt. Fragen werden wach. Gewiß, auch heute noch ist Botshabelo eine stattliche Siedlung mit nicht wenigen großen Bauten, von denen noch zu reden sein wird. Aber es ist längst nicht mehr die bedeutende Gemeinde, die es einmal in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gewesen ist. Die Berichte aus jener Zeit geben immer wieder den Eindruck, daß in Botshabelo jahrelang das Herz der Berliner Mission in Transvaal geschlagen hat, und für Jahrzehnte war der Name dieser „Zufluchtsstätte" im Munde aller Gemeinden in der Heimat, die den Dienst Berliner Missionare im Gebet und im Opfer trugen.

Was war damals geschehen, das die Gründung einer Zufluchtsstätte für schwarze Christen aus den Bapedistämmen nötig machte? In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist es gewesen, als die Leitung der Berliner Mission ernsthaft daran dachte, ihre Arbeit auf ein neues Missionsgebiet auszudehnen. Nachdem die Anfänge einer Arbeit in Indien wieder abgebrochen werden mußten, und einer der dort wenige Jahre tätig gewesenen Missionare eine Zeitlang auf die Insel Mauritius verschlagen worden war, stellte man sich die Frage, ob dies wohl ein Fingerzeig Gottes sein könnte, erkannte aber darin keine klare Weisung. Andere wiesen auf Abessinien hin und auf die Gallavölkerschaften. Wieder andere auf die Herero und Ovambo an der Westküste Südafrikas. Besonders stark richteten sich die Blicke auf das nördlich an Natal grenzende Zululand. Aber alle diese Pläne scheiterten aus den verschiedensten Gründen.

Deutlichere Gestalt nahmen Gedanken an, die sich auf die Missionierung des mächtigen und sehr kriegerischen Swazivolkes richteten. Die jungen Missionare Merensky und Grützner erhielten den Auftrag, eine Untersuchungsreise in jenes Gebiet zu unternehmen, wurden aber abgewiesen und entkamen mit Mühe und Not schweren Bedrohungen. Was nun? Nordwestlich vom Swaziland erstreckte sich ein Teil der damaligen Transvaalrepublik. Ein Mitglied des Komitees der Berliner Mission, von Gerlach, wies in einer der Sitzungen auf dieses Land, und das Komitee faßte den Entschluß, dort mit seiner neuen Arbeit einzusetzen. Im Jahre 1860 ist es gewesen, als Merensky und Grützner nicht weit von dem heutigen Platz Botshabelo sich bei dem dortigen Häuptling Maleo vorstellten und um die Erlaubnis baten, in seinem Gebiet eine Missionsstation anlegen zu dürfen.

Die Erlaubnis wurde gegeben, die Station gegründet. Sie erhielt den Namen Geriaehshoop. Damit war der Anfang gesetzt für eine Arbeit, die reich an Tränen und Trübsal, aber auch zugleich gesegnet und mit vielen sichtbaren Erfolgen gekrönt werden sollte. Der Einzug der beiden Missionare war fast wie ein Symbol für die nächsten Jahrzehnte. Merensky erreichte den Platz, als er unter einem schweren Malariaanfall mit hohem Fieber litt. Grützner brach sich kurz vor Erreichen der Station den Arm. Wie durch Fieberschauer und durch manchen schweren Zusammenbruch ist die Verkündigung des Wortes in diesem ganzen Gebiet hindurchgetragen worden, um schließlich doch zu weit sichtbaren Zeichen der Gegenwart und Kraft Gottes zu führen. Es blieb nicht bei der Gründung dieser einen Station. Im angrenzenden Gebiet des großen Königs Sekwati wird Khalatlolu schon im nächsten Jahr gegründet.

Zwei weitere Stationen folgen im gleichen Gebiet wenig später. Sekwati stirbt. Zum Nachfolger wird sein Sohn Sekukuni gewählt. Ein häßlicher, pockennarbiger, aber willensstarker und keinen Widerspruch duldender Mann, dessen Name in die Ge-schichte Südafrikas eingehen sollte. Wie Maleo, so ist auch Sekukuni am Anfang dem Bestreben der Missionare freundlich gesinnt. Es gibt Monate, in denen man glaubt, ihn zu der Zahl derer rechnen zu können, die nicht fern sind vom Reich Gottes. „Gottes Wort", so sagte er einmal, „ist doch ein wunderliches Ding. Es wirkt nicht heftig an mir, aber so wie Fett ein Fell weich macht, so fühle ich jetzt, daß Gottes Wort mein Herz weich macht." Aber die alten Bindungen, die Häuptlingssitten und das Streben nach Macht sind stärker. Als er merkt, daß nicht nur sein Herz in der Gefahr stand, weich zu werden, sondern nicht wenige aus seinem Volk der neuen Lehre zufallen, ja, sein eigener Bruder Dinkoanyane die Taufe begehrt, schlägt seine Freundlichkeit in Haß um.

Am 18. Juni 1864 beruft er eine große Volksversammlung ein. Auf ihr scheidet er die Christen von den Heiden. Bedrängt sie zunächst mit Worten, dann mit Schlägen, nimmt ihnen Decken und Kleider ab, verbietet, ihnen Speise und Trank zu reichen und hält sie in den kalten Winternächten mehrere Tage in dieser Weise fest. So sehr sie auch geplagt werden - nur einer der Christen, der gerade eben erst mit dem Tauf unter rieht begonnen hat, fällt ab. Alle anderen ertragen dieses Leiden um Christi willen. Sekukuni muß nachgeben, zumal auch von außen her Angriffe der Swazi drohen, die seine ganze Kraft erfordern. Die Christen atmen auf. Aber schon wenige Monate später bricht eine zweite, viel schwerere Verfolgung über sie herein. Diesmal befiehlt Sekukuni, tief erbost über die Taufe seiner Lieblingsfrau Tlakale: „Schlagt die Christen, wo ihr sie trefft." Ein Eingreifen Merenskys nützt nichts. [....]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Brüder im Schatten. Das Bild einer Missionsreise durch Südafrika, von Gerhard Brennecke.

Buchtitel: Brüder im Schatten
Untertitel: Das Bild einer Missionsreise durch Südafrika
Autor: Gerhard Brennecke
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Berlin, 1954
Original-Leinenband, 13x20 cm, 359 Seiten, 83 sw-Fotos

Brennecke, Gerhard im Namibiana-Buchangebot

Brüder im Schatten. Das Bild einer Missionsreise durch Südafrika

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Brüder im Schatten ist der Bericht einer Missionsreise des Direktors der Berliner Missionsgesellschaft nach Südafrika.

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