Auf den Diamanten- und Goldfeldern Südafrikas, von Carl Christoph Strecker

Auf den Diamanten- und Goldfeldern Südafrikas, von Carl Christoph Strecker.

Auf den Diamanten- und Goldfeldern Südafrikas, von Carl Christoph Strecker.

Der katholische Missionar der Hünfelder Oblaten, Carl Christoph Strecker beschrieb um 1900, neben landeskundlichen Aspekten Südafrikas, besonders wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche und militärische Themen und die Verhältnisse auf den Diamanten- und Goldfeldern Südafrikas.

Carl Christoph Strecker  

[...] Pietermaritzburg liegt im Binnenlande, Durban am Meere. Schnell haben sich beide Städte entwickelt. Noch 1850 schrieb man in den Zeitungen, daß es zwei unbedeuteude Ortschaften seien, Durban habe 500 Seelen, aber keine Munizipalität und keine Polizei, Pietermaritzburg sei in derselben Lage und zähle mit Ausnahme der Garnison nur 1500 Einwohner. Heute ist ein derartiges unfreundliches Kompliment nicht mehr am Platze, denn Pietermaritzburg, obgleich noch immer ein hollow, ein „schlummerndes Loch", wo kein Handel und Wandel herrscht, hat sich sichtlich bemüht, seinem Titel als Hauptstadt des Landes Ehre zu machen, und aus dem winzigen Weiler, der sich vor 40 Jahren hinter Sanddünen versteckte, ist das Durban von heute, eine bedeutende Handelsstadt herausgewachsen, die stolz sein kann auf ihren Hafen, ihre Straßen, ihre Kaufläden, Magazine und herrlichen Gebäude. Nach der letzten Zählung beläuft sich die Einwohnerschaft Durbans auf 31.877 Seelen, worunter 14.787 Weiße, 9.254 Kaffern und 7.836 Indier. Die Stadt dehnt sich mit jedem Tage weiter aus, und man glaubt, daß sie in einigen Jahren 100.000 Einwohner zählen wird. Der Wert des Grundbodens steigt natürlich im Verhältnisse mit der Ausdehnung, und man zahlt jetzt Tausende von Pfund Sterling für einen Bauplatz, den man vor ein paar Jahren um einen Spottpreis erwarb. Vom Meere aus kann man die Stadt nicht erblicken, denn sie liegt hinter einem sandigen, nur von einzelnen Häusern gekrönten Rücken, der den vom Süden ins Meer auslaufenden bewaldeten Hügel, Bluff genannt, fast erreicht und mit ihm den eigentlichen Hafen bildet.

Eine Sandbank, welche der Regierung viel Mühe und Arbeit und bis heute schon mehr denn 4 Millionen Pfd. St. Unkosten gemacht hat, und trotz alledem nicht beseitigt werden konnte, verhindert die Einfahrt der größeren Schiffe in den Hafen. Diese müssen auf der Rhede löschen; kleinere Dampfer bringen die Passagiere und die Waren in das innere Becken, wo die Zollgebäude und Hüttenschuppen stehen. Erst vom inneren Hafen aus überblickt man das ganze Stadtbild. Beim Ausgange der Zollgebäude, wo alles Gepäck pflichtgemäß und sorgfältig visitiert, jegliche Schußwaffe in Beschlag genommen und in dem Warenschuppen gegen gute Vergütung aufbewahrt wird, solange bis der Eigentümer das Land wieder verläßt, umschwärmt den Ankömmling eine lärmende Menge von braunen Gesellen, die ihn bitten und drängen, in ihre zweirädrige Kutsche zu steigen.

Das Vehikel ist ein ganz zierliches Ding, ein sein ausgepolsterter Kasten, der auf zwei hohen Velozipedrädern ruht und in dessen Gabeldeichsel der indische Kuli sich selbst einspannt. Neben den Indiern sieht man auch Kaffern, die ein Wägelchen ziehen, aber Kaffern, in der drolligsten Verfassung. Sie sind ganz buntscheckig gekleidet, haben Kuhhörner vor dem Kopfe, vergoldete Kupferringe an Arm und Bein, Ringe und Federn in Nase und Ohr, und ein Gesicht, so entstellt von Staub und Schweiß, daß man sich im ersten Augenblick des Lachens kaum erwehren kann. Und doch ist das vorherrschende Gefühl beim Anblick dieser wahren Sklaven ein Gefühl des Mitleids; denn es ist immerhin die Herabwürdigung der menschlichen Natur, daß Menschen das Tier ersetzen.

Giebt es denn dahier keine Pferde, keine Maulesel, keinen Dampf, keine Elektrizität? Allerdings, das giebt es wohl, aber die Armen wollen leben, und was thut man nicht alles um das tägliche Brot! Die Kerls rennen mit ihrem Wagen in sausendem Galopp durch die ganze Stadt, laufen stundenlang und scheinen gar nicht müde zu werden. Das Trinkgeld, das sie erhalten, ist reichlich, aber es ist doch ein sauer erworbenes, trügerisches Geld, weil die Läufer samt und sonders nach ein paar Jahren lungenkrank werden und rasch dahinsterben. Indier sindet man in Durban in großer Anzahl. Sie ziehen nicht nur den Rikscha, sie bedienen auch die Fremden in den Hotels und Wirtschaften und find allgemein als die besten Hausdiener und Dienstboten geschätzt.

Auf die Kaffern scheinen sich die Herrschaften nicht gut verlassen zu können, weil jene nämlich ihre Launen haben und es nicht lange in demselben Haufe aushalten. Die indischen Kulis verpflichten sich auf mehrere Jahre Dienst, sind dazu fleißig, geschickt und gewaudt. Der Fremde muß staunen über die sorgfältige Aufwartung in den Hotels und über den Luxus, der hier zu Tage tritt. Durban zeigt, daß es eben eine englische Stadt ist. Wie in allen Städten Südafrikas, sind die Straßen Durbans gerade, rechtwinkelig, breit und vielfach mit Baumreihen bepflanzt, ganz nach modernem Muster: echt jugendlich-großstädtisch. Man wandelt in Durban unter den hohen Kronen und im Schatten der Palmen und anderer fremdländischen Bäume, die Luft ist durchschwängert vom köstlichsten Aroma, das Taufende herrlicher Blütenkelche ausströmen.

An allen Straßen und Alleen stehen zahlreiche Verkäuferinnen, olivenfarbige Indierknaben und braune Kaffernmädchen, welche die verschiedensten Früchte darbieten, Früchte, die man in Europa kaum kennt und wie sie nur an diefer heiß-feuchten Küste gedeihen können: Mangos, Bananen und Ananas, und alle so süß und so duftend, wie man sie kaum irgendwo anders sindet. Ein jeder, der einige Tage in Durban verweilt, gesteht recht gern, daß Natal in Wahrheit „der Garten Südafrikas" ist. Das Klima von Durban ist gesund, mag auch die große Sonnenhitze, die vom Oktober bis zum März andauert, mitunter entnervend wirken. Das alles läßt sich ertragen, weil es durch andere Annehmlichkeiten aufgewogen wird. Eine ansteckende Krankheit hat sich bisher noch nie bemerkbar gemacht. Zu den höchsten öffentlichen Gebäuden zählt an erster Stelle das Rat-Haus mit feinem 154 engl. Fuß hohen Turme. [..]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Auf den Diamanten- und Goldfeldern Südafrikas, von Carl Christoph Strecker.

Buchtitel: Auf den Diamanten- und Goldfeldern Südafrikas
Untertitel: Schilderungen von Land und Leuten, der politischen, kirchlichen und kulturellen Zustände Südafrikas
Autor: Carl Christoph Strecker
Verlag: Herdersche Verlagshandlung 
Freiburg, 1901
Illustrierter Original-Halbleineneinband, 16x24 cm, 681 Seiten, 100 Abbildungen im Text, 1 Faltkarte

Strecker, Carl Christoph im Namibiana-Buchangebot

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