Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe, von Sabine Fiedler-Conradi

Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe, von Sabine Fiedler-Conradi. Lit Verlag; Münster, 1996. ISBN 3825827372 / ISBN 3-8258-2437-3

Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe, von Sabine Fiedler-Conradi. Lit Verlag; Münster, 1996. ISBN 3825827372 / ISBN 3-8258-2437-3

Sabine Fiedler-Conradis Studie "Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe" ist als Band 14 der Reihe "Studien zur Afrikanischen Geschichte" erschienen.

Sabine Fiedler-Conradi  

Bei der Planung von Projekten in der "Entwicklungszusammenarbeit" hat sich der sogenannte "soziokulturelle Faktor" als zu berücksichtigende Größe schon lange einen sicheren Platz erobert. Niemand glaubt mehr, daß das, was für europäische Gesellschaften als gut und richtig erachtet wird, auf andere Gesellschaften übertragbar ist. Dies hat sich auch in der Ausreisevorbereitung von "Experten" bemerkbar gemacht, die sich oft recht gründlich mit der Geschichte und den Kulturen jener Orte vertraut zu machen suchen, an denen ihr Projekteinsatz schließlich erfolgen soll. Demgegenüber bleibt in Schwarzafrika die erstaunliche Erfahrung zu machen, daß sich auch manche solcher ExpertInnen, die sich der "Dritte-Welt- oder Eine-Welt"-Bewegung solidarisch zugehörig fühlen, nach einer gewissen Aufenthaltsdauer Einstellungen aneignen, die Überlegenheitsgefühle zum Ausdruck bringen. Ein russischer Botschafter in Zimbabwe hat diese Beobachtung einmal auf die griffige Formel gebracht:

Erstes Jahr: Optimismus
Zweites Jahr: Realismus
Drittes Jahr: Rassismus

Eine solche Entwicklung persönlicher Deutungsmuster in der Begegnung mit Afrikanerinnen wird von denjenigen, die sie an sich selbst spüren, häufig mit großem Unbehagen wahrgenommen und verdrängt, wo es irgend geht - schließlich weiß man ja "eigentlich", daß Schwarze "nicht wirklich" faul, inkompetent, ineffizient, begriffsstutzig oder korrupt sind. Es kann also nicht sein, was nicht sein darf. Die Folge: Die alltäglich verdrängten Frustrationen kommen in Streßsituationen ungewollt und besonders heftig zum Ausdruck, man erkennt sich in solchen Ausbrachen selbst nicht wieder, entwickelt folglich Schuldgefühle, verwendet künftig noch mehr Energie auf erfolgreiche Verdrängung... So schließt sich ein Kreislauf, und eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Stein des Anstoßes findet nicht statt. Manche lösen das Problem durch eine Art kulturell rationalisierter Kapitulation: Die Menschen haben ein Recht darauf, zu sein, wie sie sind, überdies scheinen sie sich damit wohlzufühlen - warum ihnen also etwas aufzwingen, dessen Nutzen sie nicht sehen können? Darunter befinden sich mitunter Persönlichkeiten, die ihre afrikanischen Mitmenschen in fürsorglich-paternalistischer Weise vor den verderblichen Einflüssen der euro-amerikanischen Hegemonie zu schützen suchen und sich zugleich bemühen, ihnen Wege zu ihrem eigenen, "traditionellen" Selbst zu erhalten. Da sich diese Expertlnnen durch ihre eigene Herkunft in den trügerischen Verlockungen des Westens bestens auskennen, glauben sie auch zu wissen, was das Beste für AfrikanerInnen ist. Diese im Grunde hilflosen, in der ein oder anderen Kombination mit anderen Verarbeitungsweisen immer wieder auftauchenden Reaktionen innerhalb der "personellen Zusammenarbeit" haben ein gemeinsames Merkmal: Sie erhalten den status quo, zu dessen Besserung man eigentlich ausgezogen war. In der subjektiven Wahrnehmung der ExpertInnen wird dabei das Stadium des "Realismus" nie überschritten. Es entsteht über kurz oder lang eine Dichotomie von "Uns" und "Denen", die während der ersten, optimistischen - mitunter auch euphorischen - Phase meist noch in einem vagen "Wir" aufgehoben geblieben war. Sobald sich dieses "Wir" an den alltäglichen Realitäten der Zusammenarbeit unübersehbar stößt, entscheidet sich, wie es weitergeht. Wo an dieser Stelle der eigene historische und kulturelle Kontext nicht reflektiert wird, besteht die Neigung, auch das afrikanische Gegenüber auf einer phänomenologischen, statischen Ebene festzuschreiben. Hier spielen dann in vergleichender Wertung die Unterschiede zwischen dem Eigenen und dem Anderen eine zunehmend größere Rolle. Wo in dem "Anderen" keine innere Logik entdeckt werden kann (die dem "Eigenen" durchaus zugeschrieben wird), sind "kulturelle" Erklärungsmuster die einzige Zuflucht: Die Menschen sind halt so, weil sie "traditionell" schon immer so waren. Wo also das zugrundeliegende Konzept von "Tradition" ein statisches ist, geschieht ab diesem Punkt im Sinne einer dynamischen Entwicklungspolitik nichts mehr. Wer außerdem glaubt, für das Leben in der heutigen Welt durch die eigene "Tradition" besser ausgestattet zu sein als die afrikanischen counterparts, entwickelt - meist ungewollt, aber fast unweigerlich - Superioriätssyndrome, die Afrikanern in der einen oder anderen Weise die Fähigkeit absprechen, in einer "modernen" Welt ohne Unterstützung derselben zu bestehen (und sei es durch die - im Westen ausgedachte appropriate technology oder durch die Mahnung an die Adresse afrikanischer Eliten, die Fehler des Westens nicht zu wiederholen!). [...]

Dies ist ein Auszug aus der Studie: Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe, von Sabine Fiedler-Conradi.

Titel: Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe
Untertitel: Die Geschichte einer nachhaltigen Entwicklung
Autorin: Sabine Fiedler-Conradi
Studien zur Afrikanischen Geschichte, Band 14
Verlag: Lit Verlag
Münster, 1996
ISBN 3825827372 / ISBN 3-8258-2437-3
Originalbroschur, 14 x 21 cm, 316 Seiten

Fiedler-Conradi, Sabine im Namibiana-Buchangebot

Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe

Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe

'Arbeit und Recht im kolonialen Zimbabwe' ist eine spannende Studie, die ideologische Schutz- und Solidarisierungsbehauptungen als Entwicklungshemmer kritisiert.