Afrika wie ich es wiedersah, von Paul von Lettow-Vorbeck

Afrika wie ich es wiedersah, von Paul von Lettow-Vorbeck. J. F. Lehmann Verlag. München, 1955

Afrika wie ich es wiedersah, von Paul von Lettow-Vorbeck. J. F. Lehmann Verlag. München, 1955

Paul von Lettow-Vorbeck beschreibt auf sehr interessante Weise, wie das ihm bekannte Afrika sich nach fünfzig Jahren verändert hatte, als er es 1953 wiedersah.

Paul von Lettow-Vorbeck  

Im Januar 1953 hatte ich Gelegenheit, auf Einladung der „Deutschen Illustrierten" eine mehrmonatige Reise durch Afrika zu machen. An dieses Unternehmen ging ich mit großen Erwartungen heran. War ich doch 1904-1906 im Herero- und Hottentotten-Aufstand als Hauptmann der Schutztruppe in Südwestafrika und 1914-1919 als Kommandeur der Schutztruppe im ersten Weltkrieg in Ostafrika gewesen und hatte auch danach auf einigen kurzen Reisen Afrika besucht. Aber das war lange her, Afrika würde sich verändert haben. Wie würde es aussehen und wie würde es sich entwickelt haben? Wußte ich doch, daß manches anders geworden war. Noch wertvoller war es mir, den Erdteil zu sehen, der von Jahr zu Jahr mehr in den Vordergrund des politischen Interesses trat, dessen Probleme an Ort und Stelle kennenzulernen, mit den Bewohnern und besonders auch mit führenden Persönlichkeiten zu sprechen. Die Einbußen Englands und Frankreichs in Asien sind ja zugleich auch Einbußen für den gesamten Westen, und als Ersatz kommt wesentlich nur Afrika in Frage. Das weiß auch der Osten, und so ist schon jetzt ein stiller Kampf um Afrika entstanden, bei dem sich Europa bewußt ist, daß nicht nur Afrika die Europäer braucht, sondern auch für diese Afrika eine Lebensfrage ist.

Südwestafrika: Von Kapstadt aus hatte uns ein Bekannter, Herr Schach von Wittenau, im Auto auf seine Farm Naosanabis bei Gobabis mitnehmen wollen. Durch Verzögerung unserer Reise hatte sich dies geändert, und wir reisten mit Flugzeug nach Keetmanshoop. Der Flug ging längs der schönen atlantischen Küste mit ihren Brechern und ihrem Wellenschlag zu einem Flugplatz südlich des Oranje, dann über diesen nach Südwest hinein, das Fischflußrivier aufwärts. Das Rivier war ziemlich trocken, seine steilen, felsigen Ufer romantisch. In Keetmanshoop hatte ich 1905 im Hottentotten-Orlog mehrere Monate im Quartier gelegen. Der Ort war eine kleine Sandbüchse, in der die aus Quadern erbaute stattliche Missionskirche der beherrschende Punkt war. Jetzt spähte ich vergeblich nach dieser Kirche aus, so sehr war sie durch das Anwachsen des Ortes verdeckt. Auf dem Flugplatz traf ich meine Tochter, die wegen Platzmangel in dem Flugzeug 2 Tage vorausgeflogen war. Es war ihr gelungen, für die weitere Reise ein Auto zu mieten. Hierbei kamen ihr mir bis dahin unbekannte persönliche Beziehungen zustatten, da der Besitzer des Autos der Sohn eines Freundes aus meiner Potsdamer Kadettenzeit war. Ebenso war es bei der sehr gastlichen Aufnahme bei dem Ehepaar Rottmann. Frau Rottmann war die Studienfreundin einer Nichte von mir. So verliefen die Stunden in Keetmanshoop recht gemütlich, bis wir nachmittags unsere Autofahrt antraten. Schon vorher hatte ich mich mit Herrn Otto Voigts, dem Besitzer der Farm Nomtsas in Verbindung gesetzt, die unser nächstes Ziel sein sollte. Der Weg führte über Marienthal, Gibeon links liegen lassend. 1905 war ich fast den gleichen Weg marschiert. Damals war alles beritten, es gab noch kein Auto, kaum eine Eisenbahn. Die Lasten wurden mit dem 24 spännigen Ochsenwagen befördert. Das Bild hatte sich verändert. Ich sah keinen Ochsenwagen und keinen Reiter, obgleich es solche noch gibt, die Pferde züchten und Jagden reiten. Alles ist motorisiert. Wir fuhren auf einer Autostraße mit 80 km Geschwindigkeit und benötigten wenige Stunden, wo wir früher eine Woche brauchten. Die Straße würde sich bei der Regenzeit in einen Morast verwandeln. Jetzt war sie etwas wellblechförmig, aber gut; Malan tut viel für die Straßen. Überall sind die Arbeiterkolonnen und die Walzen tätig, und als wir einmal eine Panne hatten, war wie aus dem Boden geschossen ein schwarzer Mechaniker hilfsbereit zur Stelle, ein Zeichen, daß solche Leute auf der Strecke verteilt sind, um im Notfall einzuspringen. Außerdem sind in größeren Abständen Reparaturwerkstätten und Erfrischungsstationen da. Es ist eben alles mechanisiert und auf das Auto umgestellt, der Charakter des Landes völlig verändert. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Afrika wie ich es wiedersah, von Paul von Lettow-Vorbeck.

Buchtitel: Afrika wie ich es wiedersah
Autor: Paul von Lettow-Vorbeck
J. F. Lehmann Verlag
München, 1955
Originalbroschur, Originalschutzumschlag, 16 x 23 cm, 84 Seiten, Porträtaufnahme, 1 Faltkarte

von Lettow-Vorbeck, Paul im Namibiana-Buchangebot

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