SWAPO und die Menschenrechte: Namibia - Menschenrechte, Teil 2 (1986)

SWAPO und die Menschenrechte: Namibia - Menschenrechte, Teil 2 (1986)

SWAPO und die Menschenrechte: Namibia - Menschenrechte, Teil 2 (1986)

Das Eltern-Komitee, Hinterbliebene verschwundener SWAPO-Opfer in Namibia, trat 1986 mit der Enthüllung der Zustände in den Folter-Lagern der SWAPO an die Öffentlichkeit, nachdem sie von den Kirchen und den politischen Unterstützern in Europa ignoriert worden waren. (Fortsetzung von Teil 1)

(Fortsetzung von Teil 1)

4. SWAPO: Rücksicht auf Menschenrechte

4.1. Rücksicht auf die Unversehrtheit der Person
Beschuldigungen, daß die SWAPO in Sambia und Angola Morde begeht, Folter und unmenschliche oder demütigende Behandlungen oder Bestrafungen anwendet, werden weiterhin erhoben. (Im einzelnen wird auf den Hauptteil dieser Dokumentation sowie die entsprechenden Kapitel der IGFM-Dokumentation von 1985 hingewiesen.) Zeugen sind aus Angst vor Repressalien der SWAPO nur selten zur Aussage bereit. Die ISHR/IGFM erhält weiterhin Informationen über eine große Zahl von Personen, die von der SWAPO unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten wird.

4.2. Das Verschwinden von Personen
Das Verschwinden von SWAPO-Mitgliedern aus oder in SWAPO Lagern wird immer wieder berichtet.Die SWAPO hält Informationen zurück; es sind keine offiziellen Angaben über die genaue Zahl inhaftierter Personen erhältlich. Für Familien ist es praktisch unmöglich, vermißte Angehörige ausfindig zu machen. Es hat sich als äußerst schwierig erwiesen, zwischen Verschwinden, Inhaftierungen und Hinrichtungen zu unterscheiden. (Statt einer hier folgenden Aufzählung verschwundener Personen weisen wir auf die entsprechenden Angaben im Hauptteil dieser Dokumentation hin.)

4.3. Inhaftierungen
Anfang des Jahres 1986 gab die SWAPO pauschal zu, 100 Personen in Haft zu halten. Diese Personen werden von der SWAPO beschuldigt, Mitglieder eines südafrikanischen Spionagerings zu sein. Reell dürfte die Zahl der von der SWAPO Inhaftierten allerdings mehrere hundert betragen. Die SWAPO verweigert die Bekanntgabe der Namen der von ihr Inhaftierten. Nachforschungen haben ergeben, daß viele der von der SWAPO Inhaftierten ohne Gerichtsverhandlung und unter unmenschlichen Bedingungen über zwei Jahre festgehalten worden sind. In einem Fall, dem von Johannes Konjore, soll die Inhaftierung ohne Gerichtsverhandlung über zehn Jahre gedauert haben.

4.4. Politischer Mord
Nach Zeugenberichten ist davon auszugehen, daß die SWAPO "Todeslisten" unterhält. Weiterhin soll eine Reihe von örtlichen Gemeindeführern wegen der "Zusammenarbeit mit feindlichen Kräften" und selbst wegen der Unterstützung namibischer politischer Parteien ermordet worden sein. Über die Existenz von "Todeseinheiten" der SWAPO mit uneingeschränkter Macht wurde berichtet. Diese Einheiten könnten einen Teil des Führungsdirektoriums des militärischen Flügels der SWAPO bilden. - Auch ist in einem Zeugenbericht (s.o.) von einem SWAPO-"Todeslager" die Rede (in Angola gelegen).

4.5. Ablehnung eines fairen öffentlichen Gerichtes
Die SWAPO lehnt faire öffentliche Gerichtsverfahren für die von ihr Inhaftierten ab. Die SWAPO wendet keine Form eines anerkannten Rechtssystems an; auch ist keine Art rechtlicher Vertretung für die Personen gestattet, die sie anklagt. Die SWAPO hat bestätigt, daß die von ihr Inhaftierten 100 Personen nicht vor ein ordentliches Gericht gestellt werden. Eine der häufigsten Anklagen gegen die SWAPO ist die der willkürlichen Verhaftung und Einkerkerung ohne eine angemessene Verhandlung. Zahlreiche Berichte belegen, daß Personen auf bloßen Verdacht hin oder infolge von Verleumdung durch Dritte verhaftet und eingesperrt werden. In allen Fällen werden sie ohne Anklage festgehalten. Die Verschlechterung der allgemeinen Bedingungen in Angola hat zweifellos zu dieser schlechten Situation beigetragen. Amnesty International hat bestätigt, daß eine große Zahl von vermeintlichen MPLA-Gegnern ohne Gerichtsverhandlung für einen Zeitraum von 6 Monaten bis zu 9 Jahren in Haft gehalten werden soll.

Andere Quellen gehen davon aus, daß mehr als 1000 Personen in Haftzentren in Luanda, Provinzhauptstädten und in ländlichen Haftlagern festgehalten werden (Amnesty International: Bericht 1985). Nachforschungen der IGFM ergaben ähnliche Ergebnisse in Hinsicht auf SWAPO-Häftlinge in Angola. Zwischen 500 und 1000 Personen werden vermutlich in Haftzentren der SWAPO festgehalten. In Sambia hat Amnesty International Betroffenheit über die fortdauernde Verhaftung von vermeintlichen Regierungsgegnern ohne Gerichtsverhandlung zum Ausdruck gebracht. Ferner hat Amnesty International sich einiger sambischer Gefangener angenommen. Auch in Sambia dürften sich nach IGFM-Erkenntnissen SWAPO-Häftlinge befinden.

4.6. Willkürliche Einmischung in das Privatleben, die Familie, persönliche Angelegenheiten, Korrespondenz.
Immer wieder berichten Zeugen, daß die SWAPO offiziell Kinder in frühem Alter von ihren Müttern trennt und so eine normale und harmonische Entwicklung des Kindes verhindert. Während in einer geringen Zahl von Fällen außergewöhnliche Umstände die Trennung des Kindes von ihrer Mutter rechtfertigen können, gibt der offensichtliche Umfang und die Gleichförmigkeit der Praxis der Trennung bei einem Alter von z. B. drei Jahren Anlaß zu großer Sorge. Tausende von kleinen Kindern sind zur berüchtigten Insel der Jugend vor der Küste Kubas zur Indoktrination geschickt worden.

In den SWAPO-Lagern in Angola und Sambia gibt es strenge Zensurmaßnahmen. Zahlreiche Darstellungen weisen auf Einmischungen in die private Post hin, entweder durch Zensur oder durch Unterbrechung der Postzustellung. Ein Informationssystem arbeitet dahingehend, daß es über jegliche Opposition gegen die Führerschaft berichtet. Die SWAPO scheint ein sorgfältig ausgearbeitetes und sehr effektives Sicherheits- und Führungsnetz zu besitzen, das zur Identifikation von vermeintlichen "Burenspionen", "Dissidenten", "Verrätern" und "Puppen" gebraucht wird. Durch die Kontrolle der SWAPO über den grundlegenden Nahrungsbedarf und sonstige Alltagsbedürfnisse wird dieses Netz vervollständigt. Die Darstellungen von physischer Folter und der Vergewaltigung von Frauen in SWAPO-Lagern sind bekannt.

Die Grundsätze der Unantastbarkeit von Haus und Privatleben werden in bestimmten SWAPO-Lagern mißachtet. Familienleben wird durch die politische Instabilität in Angola und die Probleme einer Flüchtlingsexistenz erschwert. Alle Kinder und junge Erwachsenen sind durch die SWAPO-Ideologie indoktriniert und werden ermutigt, über ihre Eltern und Freunde zu berichten. Alle SWAPO-Lager werden von politischen Kommissaren geleitet, die in Staaten des sowjetischen Machtbereichs ausgebildet wurden.

5. Bürgerliche Rechte

Achtung der bürgerlichen Rechte, einschließlich der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit, Freiheit der friedlichen Zusammenkunft und Vereinigung, Religionsfreiheit und Bewegungsfreiheit wenden in diesem Bericht nicht im Detail behandelt. Wir beschränken uns auf eine grobe Bilanzierung.

5.1. Bürgerliche Rechte in NamibiaIn Namibia selbst ist insgesamt eine bemerkenswerte Verbesserung der Gewährleistung bürgerlicher Rechte festzustellen. Seit 1981 ist mehr als 20 Personen die Zusammenkunft ohne Genehmigung verboten. Eine Reihe von politischen Versammlungen, die von der SWAPO organisiert wurde, sind durch Sicherheitskräfte unterbrochen worden. Allerdings sind einige politische Versammlungen abgehalten worden, die im Widerspruch zu geltenden Bestimmungen stehen. Die Namibier genießen vollkommene Religionsfreiheit, und Religionsgruppen nicht-namibischen Ursprungs, die der Administration kritisch gegenüberstehen, besuchen das Land regelmäßig. Bewegungsfreiheit ist nur beschränkt in "Sicherheitsbereichen", in denen Ausgehverbot und Kontrollpunkte durch Sicherheitskräfte überprüft werden. Zusätzlich beschränkt die Existenz von SWAPO-Landminen und Guerillaaktivitäten die Bewegungsfreiheit im Ovamboland.

Namibias Bilanz der Pressefreiheit betrifft eine Zeitung besonders: "The Namibian" hat auf den meisten Gebieten eine Anti-Regierungslinie eingeschlagen. Einschränkungen der Pressefreiheit gibt es hauptsächlich in Sicherheitsbelangen. Vor allem im Vergleich mit anderen afrikanischen Staaten kann die Pressefreiheit in Namibia als vorbildlich angesehen werden. Die ursprünglich von Südafrika eingeführten Bestimmungen der Rassendiskriminierung sind weitestgehend aufgehoben. Im Schulbereich gibt es noch Mißstände, die aus der jeweils eigenständigen Verwaltung aller Volksgruppen resultieren und deren Überwindung die Übergangsregierung dringlich empfohlen hat.

5.2. SWAPO: Bürgerliche Rechte
Die SWAPO zeigt kaum Interesse für die Verwirklichung bürgerlicher Rechte. Obwohl behauptet wird, daß es in SWAPO-Lagern Religionsfreiheit gebe, sprechen viele Berichte von einer Förderung des "Atheismus" durch die SWAPO und der Beschränkung religiöser Aktivitäten zugunsten der "Politischen Erziehung". Der Namibische Rat der Kirchen hat berichtet, daß alle namibischen Flüchtlinge volle Religionsfreiheit genießen; der Wahrheitsgehalt dieser Aussage ist angesichts anderslautender Zeugenaussagen anzuzweifeln. Bewegungsfreiheit wird von der SWAPO stark eingeschränkt - Auslandsreisen für Namibier, die in Sambia oder Angola wohnen, werden streng kontrolliert.

Der Entzug von SWAPO-Mitgliedskarten - eine Art von Staatsbürgerschaftsnachweis in diesem Zusammenhang - und ausländischen Reisepässen, die aufgrund der SWAPO-Mitgliedschaft ausgegeben wurden, verhindern wirksam unerwünschte Auslandsreisen. Zahlreiche Anklagen bezüglich der Verweigerung der Redefreiheit in SWAPO-Lagern werden fortlaufend erhoben. Es gibt keine Hinweise, daß die SWAPO das Recht der politischen Vereinigungsfreiheit respektiert. Namibischen Flüchtlingen wird nur die Möglichkeit gegeben, eine SWAPO-Mitgliedskarte zu tragen. Der Beweis oder die Behauptung der Nichtübereinstimmung mit der SWAPO kann zur Haft oder Folterung führen.

Dies ist ein Auszug aus einer 1986 veröfentlichten Dokumentation der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in Frankfurt a. M.: SWAPO und die Menschenrechte.

Buchtitel: SWAPO und die Menschenrechte
Untertitel: Namibia - Menschenrechte 1986
Herausgeber: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte Deutsche Sektion e.V.
Frankfurt am Main, 1986
ISBN 3-89248-007-9

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