SWAPO und die Menschenrechte: Namibia - Menschenrechte, Teil 1 (1986)

SWAPO und die Menschenrechte: Namibia - Menschenrechte, Teil 1 (1986)

SWAPO und die Menschenrechte: Namibia - Menschenrechte, Teil 1 (1986)

Das Eltern-Komitee, Hinterbliebene verschwundener SWAPO-Opfer in Namibia, trat 1986 mit der Enthüllung der Zustände in den Folter-Lagern der SWAPO an die Öffentlichkeit, nachdem sie von den Kirchen und den politischen Unterstützern in Europa ignoriert worden waren.

Bei dem Text handelt es sich um Auszüge aus der Bestandsaufnahme Namibia: Menschenrechte 1986, die London von der britischen Sektion der IGFM (ISHR) veröffentlicht wurde.

1. Einführung

Namibia ist eine ehemalige deutsche Kolonie, die seit 1915 von Südafrika verwaltet wird, mit einem Mandat des Völkerbundes von 1920 bis 1966. Heute wird Namibia von der "Übergangsregierung der Nationalen Einheit" unter den Bedingungen der "Südafrikanischen Staatsproklamation" Nummer R. 101, 1985, verwaltet. Südafrika behält die internationale Verantwortung für die Unabhängigkeit des Territoriums durch die Präsenz eines Generaladministrators, dessen Funktion ähnlich der des Generalgouverneurs eines britischen Herrschaftsgebietes ist.

Seit Juni 1985 hat die "Übergangsregierung der Nationalen Einheit" die direkte Kontrolle über die namibischen Sicherheitskräfte mit schätzungsweise einer Stärke von 20000 Mann. Das Recht auf Selbstbestimmung wird Namibia auch weiterhin versagt. 1966 widerriefen die Vereinten Nationen Südafrikas Mandat über Namibia, das ursprünglich vom Völkerbund nach dem Ersten Weltkrieg vergeben worden ist. Der Internationale Gerichtshof stellte 1977 fest, die Präsenz Südafrikas in Namibia sei ungesetzlich, und bestimmte, Südafrika habe sofort seine Verwaltung aus Namibia abzuziehen.

Kürzlich stimmte Südafrika dem Abzug aus Namibia zu und setzte den 1.August 1986 als Durchführungstermin für die UNO-Resolution 435 (1975) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, der die Einstellung aller Feindlichkeiten, freie Wahlen unter internationaler Aufsicht und den stufenweisen Abzug der südafrikanischen Streitkräfte fordert, fest. Sowohl die Regierung der USA als auch Südafrika knüpfen die namibische Unabhängigkeit allerdings an den Abzug der kubanischen Truppen aus Angola. Die Regierung der MPLA "Volksbewegung für die Befreiung Angolas" in Luanda hat alle Versuche, den Abzug kubanischer Truppen zu sichern, zurückgewiesen.

Namibia erfährt auch weiterhin eine relativ schwache Guerillaaktivität durch Angehörige der "Südwestafrikanischen Volksorganisation" (SWAPO), die in eine kleine Anzahl von Vorfällen wegen Grenzüberschreitungen verwickelt sind. Die gegenwärtige militärische Stärke der SWAPO wird auf 8.000 Mann geschätzt. Die Mehrheit der Zwischenfälle ereignet sich im Ovamboland. Trotz des Trainierens von 100 SWAPO-Kämpfern in Libyen hatte die SWAPO 1985 nur sehr begrenzten Erfolg mit ihren Guerillataktiken. Ein Großteil der militärischen Aktivitäten der SWAPO ist nun gegen die UNITA, die angolanische Befreiungsbewegung gerichtet, und gilt zudem der Aufrechterhaltung der langen Versorgungswege aus der Tiefe Angolas zur namibischen Grenze.

Die SWAPO wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als "der alleinige und echte Vertreter des namibischen Volkes" bezeichnet, und kürzlich verabschiedete Resolutionen der Generalversammlung haben den fortgesetzten Einsatz bewaffneter Kräfte gebilligt. Diese überraschende politische und militärische Stellungnahme berücksichtigt nicht die Existenz anderer namibischer Befreiungsbewegungen und politischer Parteien. Die meisten westlichen Regierungen akzeptieren diese Bezeichnung als entgegengesetzt zu den fundamentalen Prinzipien des internationalen Rechts, zumal sie die Anwendung von Gewalt bei der Lösung des Konfliktes fördere.

Ursprünglich erkannte die Generalversammlung von den Vereinten Nationen zur Verfügung gestellte Fonds für eine Reihe namibischer Parteien, zur Sicherung der Unabhängigkeit Namibias, an. Die SWAPO richtete eine Reihe von Büros im Ausland ein, während andere Organisationen sich auf eine Tätigkeit im Inneren Namibias konzentrierten. Die "internationale" Dimension der SWAPO-Aktivität wurde gelobt, als 1966 der "bewaffnete Kampf" aufgenommen wurde . Westliche Regierungen fahren fort, "friedliche Verhandlungen zwischen allen Parteien" zu fordern. Als im Mai 1984 eine Konferenz aller größeren namibischen Parteien unter dem Vorsitz des sambischen Präsidenten Kenneth Kaunda in Lusaka einberufen wurde, stiegen die Hoffnungen für eine Übereinkunft zur Lösung des Namibia-Konfliktes.

Ein Communique wurde nicht verabschiedet, und die SWAPO weist seitdem eine Teilnahme an friedlichen Verhandlungen zurück. Neun Parteien haben seriöse Strukturen und nachgewiesene Mitgliedschaft - die sechs Parteien der "Übergangsregierung der nationalen Einheit" (TGNU), die SWAPO, die "Christlich Demokratische Allianz" und der "Damara Rat". Versuche, SWAPO, CDA und "Damara Rat" in einer gemeinsamen Opposition zur TGNU zu vereinigen, sind seit Mitte 1985 im Gange. Peter Kalangula hat kürzlich eine solche Allianz abgelehnt, und der "Damara Rat" scheint sich zu keiner Seite bekennen zu wollen. Beide Parteien bleiben - wie auch immer - politische Kräfte, mit denen man rechnen muß.

2. Selbstbestimmung

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte ist auf Namibias Recht zur Selbstbestimmung verpflichtet und bekräftigt ihre Unterstützung für die "Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit für Kolonialstaaten und -Völker" (Resolution der Generalversammlung 1514 (XV) vom 14. Dezember 1960).

3. Namibia: Achtung der Menschenrechte

3.1. Achtung der Untastbarkeit der Person
Immer noch werden die Sicherheitskräfte in Namibia beschuldigt, Morde zu verüben und Folter, grausame, inhumane oder herabwürdigende Behandlungen und Strafen anzuwenden. Die Regierung reagiert darauf mit dem Hinweis, jede Beschuldigung werde untersucht und der Übeltäter angeklagt, wenn der notwendige Beweis vorliege. Uns ist bekannt, daß gegen eine große Anzahl von Mitgliedern der Sicherheitskräfte Anklage erhoben worden ist und daß es eine beträchtliche Anzahl von Verurteilungen durch namibische Gerichte gegeben hat. Einige Zeugen sind dabei offensichtlich nur widerwillig zur Aussage bereit, weil sie Vergeltung durch die Sicherheitskräfte fürchten. In einem hohen Prozentsatz der Anklagen gegen Angehörige der Sicherheitskräfte kommt es zu Überführungen und Verurteilungen. Problematischer ist es, Angehörige der in Namibia stationierten Streitkräfte entsprechend zu belangen. Sie können sich regulärer Strafverfolgung in der Regel entziehen.

Vielfach werden SWAPO-Kämpfer beschuldigt, weiterhin zu morden und Greueltaten gegen die örtliche Bevölkerung zu begehen. Berichte zitieren die Daten, Zeiten und Orte solcher Vorfälle. Zudem verfolgt die SWAPO eine "Politik" der unterschiedslosen Verminung von Straßen. Das Hauptopfer der SWAPO-Aktivität scheint die örtliche Bevölkerung zu sein, insbesondere im Ovamboland. Obwohl die Aktivitäten derzeit auf ungefähr ein Drittel des Ovambolandes begrenzt sind, haben in der Vergangenheit sporadisch Vorfälle im ganzen Land stattgefunden.

3.2. Verschwinden von Personen
Das Verschwinden von Personen ist auch weiterhin von Bedeutung in Namibia. Details über diejenigen, die unter der Sicherheitsgesetzgebung inhaftiert werden, werden regelmäßig von den Sicherheitskräften vorenthalten, so daß es für Familien schwer ist, vermißte Verwandte ausfindig zu machen. Dies trägt dazu bei, die Unterscheidung zwischen dem Verschwinden von Personen und Inhaftierungen zu verschleiern. Abschnitt 4 (2) (d) der Bekanntmachung AG-9 von 1977 sieht eine Inhaftierung von 30 Tagen vor der Anklage durch die Sicherheitskräfte vor. Da die Behörden die Verwandten der Häftlinge gewöhnlich nicht über den Grund der Inhaftierung benachrichtigen, können diese mit dem Schock eines scheinbaren Verschwindens konfrontiert werden.

Die SWAPO fährt fort, Personen aus der Zivilbevölkerung zu entführen. Diese Entführungen sind ein regelmäßiger Bestandteil der Rekrutierung für die Guerilla-Kampagne der SWAPO gewesen. Während diese Zivilisten in der Vergangenheit teilweise kooperierten, hat in den letzten Jahren die Zivilbevölkerung offenbar kein Verlangen mehr, auf diese Weise rekrutiert zu werden. Im Zeitraum vom 22. Februar 1986 bis zum 19. März 1986 wurden insgesamt 63 Zivilisten, darunter 50 Kinder, in vier verschiedenen Aktionen entführt. Alle 63 sind nach Namibia zurückgekehrt, entweder durch erfolgreiche Flucht oder durch Bemühungen der Sicherheitskräfte.

3.3. Inhaftierung
Zwei Schlüsselartikel der Sicherheitsgesetzgebung, zum Gesetz erhoben durch die Bekanntmachungen des Generaladministrators (AG-9 von 1977 und AG-26 von 1978), geben den Sicherheitskräften umfassende Vollmachten bei der Inhaftierung von Personen. AG-9 ist die gesetzliche Basis für die meisten Inhaftierungen und erlaubt 30 Tage Gefängnis für jeden, der eines Vergehens, der Planung oder der Kenntnis über ein Vergehen verdächtigt wird. Sicherheitskräfte umfassen hier die Polizei, die Bahnpolizei, die namibischen und die südafrikanischen Streitkräfte auf namibischem Territorium.

Im November 1985 waren ungefähr 50 Namibier nach Abschnitt 5 der Bekanntmachung AG-9, der eine Verlängerung der Haftzeit nach Ablauf der ersten 30 Tage mit einem vom Kabinett der Übergangsregierung auszustellenden Haftbefehl erlaubt, inhaftiert. Am 19. Januar 1986 ging diese Zahl auf 30 Personen zurück. Das Kabinett gab am 27. Februar 1986 bekannt, die Zahl der unter Abschnitt 5/AG-9 Inhaftierten sei auf die Zahl Null reduziert worden. Zu einem weiteren Fortschritt kam es hier, als die Übergangsregierung im November 1985 beschloß, bedingungslos 22 überführte Häftlinge, die als SWAPO-Angehörige verhaftet worden waren - unter ihnen 17 zu lebenslänglicher Haft Verurteilte -, freizulassen.

Nach Erkenntnissen der IGFM sind gegenwärtig 6 Personen unter AG-26 inhaftiert. Diese Bekanntmachung sieht eine unbestimmte Haftzeit infolge eines vom Kabinett ausgestellten Haftbefehls vor. Die Häftlinge müssen alle drei Tage von einem Arzt und einmal in vierzehn Tagen von einem Friedensrichter besucht werden. Sie haben außerdem das Recht auf eine Ausfertigung des Haftbefehls und müssen die Gründe ihrer Inhaftierung erfahren. Zudem können sie bei einem Revisionskomitee vorstellig werden, dessen Vorsitz ein pensionierter Richter des Obersten Gerichtshofes hat. Obwohl diese Bestimmungen humaner sind als die der unter AG-9 Inhaftierten, drängt die IGFM weiterhin auf ein frühes Gerichtsverfahren oder die Freilassung aller auf diese Weise Inhaftierten. (wird in Teil 2 fortgesetzt)

Dies ist ein Auszug aus einer 1986 veröfentlichten Dokumentation der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in Frankfurt a. M.: SWAPO und die Menschenrechte.

Buchtitel: SWAPO und die Menschenrechte
Untertitel: Namibia - Menschenrechte 1986
Herausgeber: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte Deutsche Sektion e.V.
Frankfurt am Main, 1986
ISBN 3-89248-007-9

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