SWAPO und die Menschenrechte: Immer offener kritisiert die SWAPO ihre Führung

SWAPO und die Menschenrechte: Immer offener kritisiert die SWAPO  ihre Führung.

SWAPO und die Menschenrechte: Immer offener kritisiert die SWAPO ihre Führung.

SWAPO und die Menschenrechte (1986): 1976 erschütterte eine schwere interne Krise die Südwest-afrikanische Volksorganisation SWAPO. Immer offener kritisiert die Basis ihre Führung.

Einer der Swapo-Mitbegründer, Andreas Shipanga, bezichtigte die „üble Clique" um den Vorsitzenden Sam Nujoma, „korrupt, politisch bankrott und despotisch" zu sein. In Swapo-Lagern in Sambia würden Flüchtlinge aus Namibia mißhandelt und absichtlich unterernährt Obwohl Nujoma damals rasch handelte und den vormaligen Swapo-Sekretär für Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam mit weit mehr als 1000 Rebellen einsperren ließ (Shipanga kam erst 1978 wieder frei und gehört heute der Übergangsregierung von Namibia an), war das Problem damit keineswegs aus der Welt geschaßt: Seit einiger Zeit muß sich die Swapo wieder gegen ähnliche Vorwürfe aus den eigenen Reihen zur Wehr setzen, auch wenn Anton Lubowski, deutschsprachiger Anwalt aus Windhuk und einer der wenigen Weißen in den Reihen der Swapo, gereizt abwinkt: „Warum sollten wir uns mit so einem Quatsch aufhalten? Jeder weiß, daß das Propaganda ist, jeder."

Die „Propaganda" besteht in der Arbeit des im März 1985 gegründeten, aber erst kürzlich an die Öffentlichkeit getretenen namibischen Elternkomitees, dem mehr als 400 schwarze und farbige Mitglieder angehören. Ihr Anliegen: Sie forschen nach Kindern und Verwandten, die, zumeist in der Hoffhung auf Studiums- oder Ausbildungsmöglichkeiten, vor Jahren in die Swapo-Quartiere nach Sambia oder Angola gingen und vor einiger Zeit plötzlich jeglichen brieflichen oder telefonischen Kontakt abgebrochen haben. Die Komitee-Mitglieder, die diese Schicksale aufhellen möchten, sind alles andere als Anti-Swapo-Propagandisten, vielmehr sind die meisten von ihnen selbst Mitglieder der Bewegung. Attie Beukes etwa, einer der Initiatoren, war dort sogar so aktiv, daß ihn südafrikanische Sicherheitskräfte nach dem der Swapo zugeschriebenen Mord an dem Herero-Politiker Clemens Kapuo 1978 der Tat verdächtigten, und ins Gefängnis steckten.

Wenn er jetzt, wie viele andere auch, mit der Swapo gebrochen hat, dann liegt dies an den zahlreichen Hinweisen auf Greueltaten. In einem Brief des Komitees an Nujoma, UNO-Generalsekretär Perez de Cuéllar, die Staatschefs von Kuba, Angola und Sambia, Fidel Castro, José dos Santos und Kenneth Kaunda, den Weltkirchenrat und den namibischen Kirchenrat (CCN) wird der Swapo unter anderem vorgeworfen:

  • Mißhandlung namibischer Flüchtlinge und Vorenthaltung grundsätzlicher Menschenrechte
  • Trennung von Familien und Geiselnahme von Frauen und Kindern
  • Verschleppung und Ermordung von Kritikern
  • sexueller Mißbrauch junger Mädchen und Frauen

Derartige Vorwürfe wurden schon seit einiger Zeit, vor allem von der in Frankfurt ansässigen Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), erhoben, waren aber von der Swapo stets dementiert worden. Im Februar gab es jedoch eine indirekte Reaktion, die zumindest die Existenz von Gefangenenlagern bestätigt: Die Swapo erklärte, sie habe ein „südafrikanisches Spionagenetz" in den eigenen Reihen zerschlagen und rund 100 Spione - darunter „vier Mitglieder des Zentral-Komitees" - eingesperrt Erinnerungen an die Shipanga-Rebellion wurden wach.

Zwar legte die Swapo Video-Bänder mit den Selbstbezichtigungen einiger angeblicher Spione vor, doch das Elternkomitee glaubt: „Die Geständnisse wurden erzwungen und werden benutzt, um diejenigen, die leiseste Kritik (an der Führung) wagen oder zu selbständig denken können, zu eliminieren." Versuche der Eltern, die Unterstützung der Kirchen zu gewinnen, schlugen fehl: Auf vielfache Vorstöße des Komitees hin ließ sich Abisai Shejavali, Generalsekretär des ideologisch eng mit der Swapo verknüpften Namibischen Kirchenrates (CCN), in einem Antwortbrief lediglich zu der vagen Erklärung herab: „Unsere Türen stehen offen und werden stets offen sein, wenn unsere Hilfe benötigt wird." Die Taten, die folgten, waren jedoch anderer Natur. Attie Beukes und (die mit ihm nicht verwandte) Erika Beukes, beide bis dahin Angestellte des CCN, wurden aufgrund ihrer Komitee-Aktivitäten entlassen.

Dabei sind die Vorwürfe der Eltern ganz offensichtlich fundiert, wie sich bei Nachforschungen in der sambischen Hauptstadt Lusaka zeigte. In Swapo-nahen Kreisen gut es als offenes Geheimnis, daß sich in den sogenannten Flüchtlingslagern grausame Dinge abspielen, um Namibier zur Mitarbeit in der Swapo und ihrer Armee PLAN zu zwingen. „Die Swapo-Führer wissen genau Bescheid über die Fälle von Entführung, von Hungertod, von Verfolgung, Korruption, Mord und Totschlag", so ein junger Dissident, der heute wieder in Namibia lebt.

Dies ist ein Auszug aus einer 1986 veröfentlichten Dokumentation der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in Frankfurt a. M.: SWAPO und die Menschenrechte.

Buchtitel: SWAPO und die Menschenrechte
Untertitel: Augenzeugenberichte und Dokumente aus Angola, Sambia und SWA/ Namibia
Herausgeber: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte Deutsche Sektion e.V.
Frankfurt am Main, 1986
ISBN 3-89248-007-9

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