Namibias erste Wahlen sind nichts anderes als Selbstzweck, Teil 2, (1978), von Marion Gräfin Dönhoff

Namibias erste Wahlen sind nichts anderes als Selbstzweck, Teil 1, (1978), von Marion Gräfin Dönhoff

Namibias erste Wahlen sind nichts anderes als Selbstzweck, Teil 1, (1978), von Marion Gräfin Dönhoff

Dea Artikel Namibias erste Wahlen sind nichts anderes als Selbstzweck, schrieb Marion Gräfin Dönhoff im Jahr 1978. Zusammen mit anderen aus 30 Jahren Zeitgeschehen im südlichen Afrika, erschien dieser in ihrem Buch Der südafrikanische Teufelskreis.

(Fortsetzung von Teil 1) Der Beweis: Als der Afrika-Experte Amerikas, der zweite UN-Botschafter McHenry, im Juni Angola besuchte, wurde ihm versichert, es gehe Staatspräsident Neto darum, die Abhängigkeit von der Sowjetunion und von Kuba zu verringern und bessere Beziehungen zu Washington herzustellen. Auf der afrikanischen Gipfelkonferenz in Khartum im Juli dieses Jahres hielt Obasanjo, der Chef Nigerias, den Russen eine Philippika: »Afrika hat nicht sein Kolonialjoch abgeworfen, um es gegen ein anderes zu tauschen ... Die Sowjets sollten wissen, daß es in ihrem Interesse liegt, nicht zu versuchen, ihre Anwesenheit in Afrika über den Zeitpunkt hinaus auszudehnen, an dem der Zweck, für den man sie rief, erfüllt wurde.«

Neto von Angola und Mobutu von Zaire beschlossen, ihre gegenseitigen Rebellen nicht mehr - wie noch im Frühjahr in Katanga - zu unterstützen, sondern sie zu entwaffnen, um die Gefahr des Eingreifens fremder Truppen als Repressalie auszuschalten. Den Frontstaaten, besonders Neto und Kaunda, ist es im September gelungen, Sam Nujoma dazu zu bringen, dem westlichen Friedensplan für Namibia zuzustimmen. In der vorigen Woche schließlich wurde in Angola der Ministerpräsident abgesetzt, der fest im Lager der Sowjetgläubigen stand - offenbar, weil Neto seine Beziehungen zum Westen verbessern will. Aus diesem Verhalten folgt doch, daß die Hauptsorge der Regierungschefs dieser Staaten darauf gerichtet ist, ihre eigene Herrschaft nicht gefährden zu lassen. Die Frontstaaten - und auch Nigeria, der große und reichste Staat Schwarzafrikas - haben offensichtlich keine Angst vor dem Westen, sie fürchten vielmehr die Expansion der Russen.

Diese Entwicklung, die sicher auch auf die zunehmende Guerillatätigkeit zurückzuführen ist, die die Gastländer der Gefahr der Vergeltung vor allem durch Luftangriffe aussetzt, hätte eigentlich auch den Westen dazu bringen müssen, seine Politik neu zu überdenken. Dies aber hat er nicht getan. Er hat weiter geglaubt, den Guerillaführern um den Bart gehen zu müssen, damit die Russen beschwichtigt werden, und hat sich nicht gefragt, was für Namibia das Beste ist. Man muß hoffen, daß nun, da zwischen dem südafrikanischen Außenminister Botha und dem UN-Generalsekretär Waldheim über die zweiten Wahlen Einigung erzielt worden ist, diese auch unter allen Umständen abgehalten werden, selbst wenn die SWAPO sich weigern sollte, dabei mitzumachen. Eine solche Weigerung ist aber sehr wahrscheinlich, denn Nujoma hat schon mehrfach erklärt, er wolle die Macht erkämpfen und sie nicht durch Wahlen erreichen.

Nachdem sich nun obendrein noch gezeigt hat, daß die Wahlbeteiligung im Grenzgebiet zu Angola, das ständig unter den Terrorakten der SWAPO zu leiden hat, für die »Turnhalle« besonders hoch war, wird ihm wohl auch noch die letzte Lust vergangen sein. Aber daß eine international anerkannte Wahl stattfindet, bei der dann auch die liberale NNF und die demokratische SWAPO mitmachen, ist für die internationale Anerkennung der Unabhängigkeit Namibias von größter Wichtigkeit. Da darf der Westen sich durch Nujoma nicht beirren lassen.

In Rhodesien ist die westliche Politik übrigens genauso unbegreiflich - nur noch phantasieloser. Dort geht es seit langem nicht mehr um ein Schwarz-Weiß-Problem, sondern um einen erbitterten Machtkampf zwischen den schwarzen Führern, denen, die draußen, und denen, die drinnen sind. Nichtsdestotrotz erneuern der UN-Botschafter Andrew Young und der britische Außenminister David Owen seit dem Herbst 1977 ganz stereotyp immer wieder ihren Vorschlag, die vier haßerfüllten Gegner sollten zu einer Allparteien-Konferenz zusammenkommen, um letzten Endes eine gemeinsame Regierung zu bilden. Begründung: Andernfalls werde die Guerillatätigkeit nie aufhören. So aber wird bloß der Bürgerkrieg institutionalisiert, um die Aktivität der Guerillas zu stoppen!

Obgleich sowohl Nkomo wie Mugabe deutlich erklärt haben, daß sie »auf Krieg setzen und nicht auf Palawer«, hat London vor vierzehn Tagen noch einmal einen neuen Vermittler mit dem alten Vorschlag nach Afrika entsandt. Und in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Bonner Konferenz, die Außenminister Genscher Anfang Dezember mit den Botschaftern abhielt, die im südlichen Afrika akkreditiert sind, heißt es wieder, das Auswärtige Amt halte den britisch-amerikanischen Vorschlag einer gesamtrhodesischen Konferenz weiterhin für den erfolgversprechendsten. Inzwischen aber eskaliert der Guerillakrieg, und viel Zeit ist ungenutzt verstrichen. Die zwanzigtausend ausgebildeten Guerillas, die in den Lagern von Sambia, Angola und Mocambique auf den Beginn der Regenzeit warten, werden bald in das arme, geplagte Rhodesien infiltrieren und versuchen, Schwarze und Weiße ohne Unterschied niederzumetzeln.

In der Geschichte wird sich das Jahr 1978 nicht als Ruhmesblatt anglo-amerikanischer Diplomatie darstellen. Man wird sicherlich fragen, warum der »inneren Lösung« Rhodesiens nicht mehr Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Schließlich ist ja eine schwarz-weiße Interimsregierung in Salisbury eingesetzt und majority rule von dieser fest zugesagt worden. Auch wird man wissen wollen, warum Carter schon im April bei seinem Besuch in Nigeria die internal Solution rundweg abgelehnt hat und damit Nkomo zu verstehen gab, er habe freie Hand. Und man wird auch nicht begreifen, warum Andrew Young und David Owen sich so sehr um die Rebellenführer draußen und so wenig um die Bevölkerung drinnen gesorgt haben. Freilich: Wenn all diese Fragen einst gestellt werden, dann sind die heutigen Akteure, die allein Antwort geben könnten, alle längst von der Bühne abgetreten. […]

Der Bericht Namibias erste Wahlen sind nichts anderes als Selbstzweck (1978), von Marion Gräfin Dönhoff, stammt aus dem folgenden Buch:

Buchtitel: Der südafrikanische Teufelskreis
Untertitel: Reportagen und Analysen aus drei Jahrzehnten
Autorin: Marion Gräfin Dönhoff
Deutsche Verlags-Anstalt
Stuttgart, 1987


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