Anton von Wietersheim: Die Swapo hat ihre Ideale verloren

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Interview mit Anton von Wietersheim: Es werde zwar weiterhin mit den gleichen Schlagworten und Parolen geworben, sagt Anton von Wietersheim im Gespräch mit Henning Hintze, doch von den früheren Idealen der namibischen Regierungspartei Swapo sei nichts mehr zu sehen.

Anton von Wietersheim war Parlamentarier der Swapo in der ersten Legislaturperiode und Minister im ersten Kabinett von Sam Nujoma. Er wurde von Nujoma entlassen, weil er einen Korruptionsfall in seinem Ministerium nicht auf sich beruhen lassen wollte. Bei den letzten Wahlen 2009 kandidierte er für die neue „Rally for Democracy and Progress“ (RDP) und schaffte den Sprung ins Parlament. Den Sitz im Parlament nahm er wie die anderen RDP-Abgeordneten bisher nicht ein, da sie erst das Urteil über die Wahlanfechtungsklage abwarten.

Vor kurzem wurde in Namibia der 20. Jahrestag der Unabhängigkeit gefeiert. Sie waren damals Swapo-Mitglied und gehörten der Regierung nach 1990 erst als stellvertretender Handelsminister und später als Landwirtschaftsminister an. Sind Sie überwiegend zufrieden mit dem, was Namibia in den ersten 20 Jahren erreicht hat, oder eher enttäuscht?

Ich bin überwiegend enttäuscht. Natürlich haben wir in vieler Hinsicht auch Fortschritte gemacht, aber im Großen und Ganzen ist der Fortschritt, den wir uns damals versprochen haben, nicht eingetreten. Die Hauptproblempunkte sind der Bildungssektor, was ernste Folgen für die Arbeitslosigkeit hat, die jetzt gerade auf über 50 Prozent beziffert wurde. Große Probleme gibt es auch im Gesundheitssektor. Er ist zwar, was die Flächendeckung betrifft, sehr gewachsen, aber entsetzlich zurückgegangen, was die Qualität angeht.

Extrem ungleich ist die Verteilung der Einkommen in Namibia, und das hat unter der Swapo offenbar noch zugenommen.

Als Namibia unabhängig wurde, war die Einkommensverteilung zwischen schwarz und weiß natürlich sehr, sehr unterschiedlich, aber die Schere ist nach der Unabhängigkeit unter einer schwarzen Regierung noch weiter auseinander gegangen. Inzwischen ist es nicht mehr die Schere zwischen Schwarz und Weiß, sondern zwischen der schwarzen und weißen Elite sowie der stets ärmer werdenden Masse der Bevölkerung. Hinzu kommt eine große Fehlverwendung der Mittel – Millionen werden für Dinge ausgegeben, die der ärmsten Bevölkerung in keiner Weise zugute kommen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel das aufwändige Heldendenkmal bei Windhoek und der neue Amtssitz des Staatspräsidenten. Und die Regierungspartei hat im Haushalt einen Millionenbetrag für einen Bürokomplex für den ersten, inzwischen Ex-Präsidenten Namibias vorgesehen, der ja bestimmt nicht eine Funktion hat, die ein millionenschweres Projekt – man redet von 40 Millionen Namibia-Dollar – verdient. Und dann, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, eine Verteilung des Reichtums an die Favoriten und die Familien des ersten Präsidenten Sam Nujoma.

Hat sich die Swapo von ihren früheren Prinzipien gelöst?

Ja, die einstigen Prinzipien und Ideale der Regierungspartei sind völlig verloren gegangen. Es wird zwar noch mit den gleichen Schlagworten und Parolen geworben und bei jedem Wahlkampf werden dieselben Ziele bemüht, aber wenn man die Wirklichkeit betrachtet, kann man nichts mehr von diesen früheren Idealen sehen.

Mit freundlicher Genehmigung der informationsstelle südliches afrika e.V. - issa veröffentlicht das Namibiana Buchdepot den Beitrag: Anton von Wietersheim: Die Swapo hat ihre Ideale verloren.

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