Fritz Jaeger: Geographische Landschaften Südwestafrikas

Fritz Jaeger: Geographische Landschaften Südwestafrikas. (Windhoek, 1965)

Fritz Jaeger: Geographische Landschaften Südwestafrikas. (Windhoek, 1965)

Dieser Auszug stammt aus dem Vorwort von Fritz Jaeger zu seinem Reise- und Forschungsbericht 'Geographische Landschaften Südwestafrikas': Ende Februar 1914 reiste ich im Auftrage des deutschen Reichskolonialamtes zu einer einjährigen geographischen Forschungsreise nach Südwestafrika. Meine Hauptaufgaben waren Forschungen im Kaokofeld, an der Etoschapfanne, im Karstfeld sowie die Untersuchung der Kalkpfannen.

Als mein Assistent ging Dr. Leo Waibel mit mir. Wir untersuchten zuerst die Etoschapfanne. Während wir dort arbeiteten, brach der erste Weltkrieg aus; doch konnten wir die Erforschung der Etoschapfanne im wesentlichen beenden. Waibel, als Ersatzreservist, wurde bald zum Militär eingezogen, ich erst etwas später, da ich schon dem Landsturm angehörte. Als Soldaten sind wir ziemlich weit im Lande herumgekommen; Waibel hat fünf Gefechte mitgemacht, ich eines. Wir hatten beim Militär allerhand Nützliches gelernt, namentlich daß man auch ohne großen Troß in Südwestafrika reisen kann. Nachdem am 9. Juli [1915] der Krieg beendet und das Land von den Engländern besetzt war, wurde uns nicht gestattet, die Reise ins Kaokofeld auszuführen. Doch konnte jedermann mit einem Erlaubnisschein des nächsten Polizeipostens im besiedelten Teil des Landes reisen. Wir sind daher, teils zusammen, teils getrennt, weit durchs Land gekommen. In der heißen Zeit hielten wir uns meist in Swakopmund auf und arbeiteten unsere Forschungen aus. Was hier veröffentlicht wird, habe ich größtenteils schon damals geschrieben. Ende 1915 untersuchten wir das Otavibergland, die Grootfonteiner Fläche und ein angrenzendes Stück des Sandfeldes, 1916 führte uns die Untersuchung der Kalkpfannen vom Distrikt Okahandja bis Gobabis, 1917 durchreiste ich die nördliche Hälfte des Namalandes, Waibel erforschte die Karrasberge; 1918 waren wir im Hereroland und ergänzten unsere Forschungen im Otavibergland, Anfang 1919 untersuchte ich im Auftrag der Deutschen Farmgesellschaft die Wasserstellen im Khomashochland; im Mai und Juni 1919 wurden wir mit vielen anderen Südwestafrikanern von den Engländern nach Holland transportiert und gelangten in die Heimat. Durch den langen Aufenthalt haben wir das Land umfassender und gründlicher kennengelernt, als wenn wir unsern ursprünglichen Plan ausgeführt hätten. Auskünfte der Südwestafrikaner, besonders der Farmer, waren für unsere Forschungen ebenso wichtig wie die eigenen Beobachtungen, und ihre Gastfreundschaft ermöglichte uns das Reisen in dem Lande, wo es Gasthäuser nur in den Städten gab. So möchte ich allen den vielen Südwestafrikanern, denen ich Belehrung oder Gastfreundschaft verdanke, auch hier noch einmal herzlich Dank sagen. Ganz besonders aber drängt es mich, meinem treuen Kameraden Leo Waibel für seine Freundschaft und fleißige Hilfe zu danken. Waibel wurde schon 1922 Ordinarius der Geographie an der Universität Kiel, nach wenigen Jahren in Bonn, später in Madison, USA. Er unternahm Forschungsreisen in dem mexikanischen Staate Chiapas und später in Brasilien. Von da kehrte er nach seiner Heimat Heidelberg zurück. Kaum heimgekehrt, ereilte ihn der Tod. Ehre seinem menschlichen und wissenschaftlichen Andenken. Als wir von Südwest heimkamen, hatte Deutschland mit dem Krieg auch seine Kolonien, auch Südwestafrika verloren. In der Nachkriegsnot war das Geld knapp. Es war nicht entfernt möglich, alle unsere reichen Ergebnisse zu veröffentlichen. Ich danke es einer namhaften Unterstützung von Herrn A. Stauch, dem Entdecker der Diamanten, daß überhaupt ein Reisebericht und etwa ein Drittel unserer Ergebnisse veröffentlicht werden konnten. Nun bin ich sehr glücklich und der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Windhuk dankbar, daß sie Teile meiner weiteren Ergebnisse herausgeben und drucken lassen will. Die Veröffentlichung etwa 45 Jahre nach der Erforschung und Niederschrift bedarf einer Rechtfertigung. Im Vordergrund meiner Beschreibungen der südwestafrikanischen Landschaften steht die Darstellung ihrer Gestalt, die Geomorphologie, von der damals sehr wenig bekannt war. Aber ich suchte auch die Kolonialwirtschaft Südwestafrikas zu erfassen und machte daher einzelne Farmen zu Gegenständen geographischer Beschreibungen. Ich glaube, damit nicht nur dem Lande Südwestafrika, sondern auch der geographischen Wissenschaft gedient und ihr einen neuen Weg gezeigt zu haben. Die bis dahin größtenteils auf der Statistik beruhende Geographie des Menschen weise ich hier auf wichtige Beobachtungsobjekte hin. Die heute so beliebten geographischen Dorfbeschreibungen, die methodisch etwas Entsprechendes sind, waren ja damals noch unbekannt. Die erste (Krebs, Todtnauberg) erschien 1925. Von meinen morphologischen Beobachtungen und Darstellungen dürfte kaum etwas überholt sein; also ist es recht, sie zu veröffentlichen. Dagegen sind die Farmbeschreibungen sämtlich veraltet; die Farmen sind nicht mehr dasselbe wie vor 45 Jahren. Aber diese Beschreibungen sind heute historische Dokumente, gute Beispiele für den Entwicklungsgang der Farmwirtschaft. Daher dürfte ihre Veröffentlichung auch heute noch wertvoll und gerechtfertigt sein.

Dieses Fundstück stammt aus dem Buch: Geographische Landschaften Südwestafrikas, von Fritz Jäger.

Titel: Geographische Landschaften Südwestafrikas
Autor: Fritz Jaeger
Illustration: Frau K. Kreuzberger, Windhoek
Reihe: Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika, Folge 2
Herausgegeber: Kongreß-Komitee im Auftrag der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft
Windhoek, Südwestafrika 1965
Originalbroschur- und Schutzumschlag, 17 x 24 cm, 220 Seiten, 1 sw-Foto, 43 Profile, Zeichnungen und Kärtchen


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