Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes

Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes. Braune Wanderheuschrecke (Locusta pardalis).

Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes. Braune Wanderheuschrecke (Locusta pardalis).

Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes. Rote Wanderheuschrecke (Nomadacris septemfasciata)

Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes. Rote Wanderheuschrecke (Nomadacris septemfasciata)

Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes. Wüstenheuschrecke (Schistocera gregaria)

Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika, von Fritz Gaerdes. Wüstenheuschrecke (Schistocera gregaria)

Fritz Gaerdes (1892-1975) war ein versierter naturkundlicher Autodidakt und Lehrer in Okahandja, Südwestafrika. Sein bemerkenswerter Artikel erschien in der Allgemeinen Zeitung (Nr. 76 vom 19.04.1963), in der Hochzeit der Schädlingsbekämpfung mit Giften.

Fritz Gaerdes: Einiges über die Wanderheuschrecken in Südwestafrika. In: Allgemeine Zeitung (Nr. 76 vom 19.04.1963).

Von Heuschreckenschwärmen, die nach Erzählungen alter Südwester früher ungefähr alle zehn Jahre auftreten sollten, hat man in den letzten 27 Jahren kaum etwas gehört. Nach der starken Regenzeit 1922/23, die Regen fielen vorwiegend im Februar, erschienen im April die ersten größeren Schwärme der Braunen Wanderheuschrecke (Locusta pardalis). 1924 verschwanden die Schwärme wieder, zum Teil durch eine Seuche vernichtet. Eine weitere Invasion erfolgte in der großen Regenzeit 1933/34. Nach guten Regen im Dezember tauchten im Mai 1934 im Okahandja-Bezirk Schwärme der größeren Roten Wanderheuschrecke (Nomadacris septemfasciata) auf. Die Größe der Schwärme, die immer häufiger erschienen, wuchs in den folgenden Monaten. Wie eine dunkle Wolke oder wie der Rauch von einem Grasbrand zogen die Millionen über den Himmel. Wo sie sich niederließen, verschwand alles Grün. Nur auf den nächtlichen Ruheplätzen war eine Bekämpfung der Flieger in bescheidenem Ausmaß möglich. Bei der Vernichtung der „Fußgänger", die an manchen Stellen in kilometerbreiter Front durch das Gelände hüpften, gebrauchten die Sachverständigen und Farmer vorwiegend eine Arsenikmischung. Neben der teilweisen Vernichtung der Schwärme traten hierbei auch Viehverluste durch das vergiftete Gras und bedauernswerte Störungen im Gleichgewicht der Natur auf. Heuschreckenvertilger unter Säugetieren und Vögel, die in normalen Zeiten die Schädlinge in Schach halten und die sonst durch Gesetze geschützt sind, fielen dem Gift zum Opfer. In der Nähe der Spritzstellen fand man verendete Paue und andere Trappen, Abdimstörche, Milane, Rötelfalken, kleine Steppenadler, Erdwölfe, Löffelhunde und Silberschakale, von kleineren Vögeln nicht zu reden. Es ist zu hoffen, daß in der Zwischenzeit Gifte entwickelt wurden, die wohl die Heuschrecken töten, aber für die Warmblüter unter den Tieren ungefährlich sind. Die Natur beendete dann die Plage mit ihren Methoden. Große Schwärme wurden durch die herrschenden Ostwinde ins Meer getrieben, und tagelang häufte sich am Strand ein Wall angetriebener ertrunkener Heuschrecken. Eine andere Methode war die Spitzenkrankheit, wie wir sie damals nannten. An den Stellen, an denen sich ein Schwarm niedergelassen hatte, saßen angeklammert an den Spitzen der Grashalme und Zweige zahlreiche tote Heuschrecken. Die nähere Untersuchung zeigte, daß das Innere des Leibes von Pilzfäden durchzogen war, die bei manchen Tieren die Chitinhaut durchbrochen hatte und Sporenbehälter bildete. Bei Tieren, die ich im März 1935 an die Biologische Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem eingesandt hatte, wurden drei Fusarienpilze im Körper der Heuschrecken festgestellt, zwei Arten, die als Bewohner subtropischer Pflanzen wie Mais, Bananen und Zuckerrohr bekannt waren und eine Art, die bisher nur in Mittelamerika nachgewiesen war. Die Züchtung solcher Pilze zur biologischen Bekämpfung von Heuschrecken hat sich als sehr schwierig erwiesen. Mit einer schnellen Verbreitung der Pilzkrankheit unter Heuschrecken ist nur bei feuchtem Wetter zu rechnen. Bei den Wanderheuschrecken, deren Schwärme jetzt im Süden unseres Landes auftreten, handelt es sich wahrscheinlich um die Braune Heuschrecke (Locusta pardalis), die als Dauerbewohner der Karoo, der Kalahari und anderer Steppengebiete von Südwest bekannt ist, wo die solitäre, die einzeln lebende Form in jedem Jahr zu finden ist. Unter günstigen Bedingungen kommt es zu starker Vermehrung und zur Bildung von wandernden Schwärmen. Durch fortgesetzte Kontrolle, vor allem der bevorzugten Brutplätze in der Kalahari, und durch Vernichtung der entstehenden Schwärme im Fußgängerstadium konnte in den letzten Jahrzehnten eine gefährliche Vermehrung verhindert werden. Die riesigen Schwärme der Jahre 1933 bis 1935 wurden von der Roten Wanderheuschrecke (Nomadacris septemfasciata) gebildet. Es waren Invasionen aus den Hauptbrutstätten, die in den sumpfigen Marschen in Nordrhodesien und Ostafrika liegen. Die sorgfältige Ueberwachung der dortigen Brutplätze, vor allem im Gebiet des Rukwasees, hat bisher größere Ausbrüche erfolgreich verhindert. Die Eier der Wanderheuschrecken werden mittels einer ausstreckbaren Legeröhre in die Erde versenkt. Die Eierpakete der Roten Wanderheuschrecke - die wandernde Form ist an der stärkeren Rotfärbung der Beine und des Körpers zu erkennen - brauchen zur Entwicklung stark durchfeuchteten Boden. Der war 1934 in Südwestafrika vorhanden. Als Ausnahme führt damals die Eiablage der von Norden und Osten eingeflogenen Schwärme zur Entwicklung der Fußgänger und nach den sechs Häutungen, welche Heuschrecken durchmachen, zur Bildung neuer Schwärme, die in den folgenden trockenen Jahren wieder verschwanden. In einer interessanten Studie über die Eier der Braunen Heuschrecke in „Farming in South Africa" vom August 1950 gibt J. J. Matthee vom Institut für landwirtschaftliche Forschung einige Hinweise darauf, warum es in manchen Jahren zur Schwarmbildung kommt. Wie bekannt ist, sind die einzeln lebenden Formen der Wanderheuschrecken und die Wanderformen im Bau des Körpers etwas verschieden. Ebenso sind Unterschiede im Stoffwechselprozeß festgestellt. Dies ist vielleicht mit die Ursache für die zwei verschiedenen Eiertypen, die von der Braunen Heuschrecke gelegt werden. Man könnte sie ruhende und nichtruhende Eier nennen. Beide Eiertypen, die sich äußerlich gleichen, müssen zur ersten Entwicklung Feuchtigkeit aufnehmen. Während bei anhaltend günstigen Bedingungen wie Wärme und Feuchtigkeit aus den nichtruhenden Eiern nach kurzer Zeit die kleinen schwarzen Fußgänger schlüpfen, schaltet sich bei den ruhenden Eiern trotz bester Entwicklungsbedingungen eine längere Ruhepause ein, die über drei Jahre dauern kann, ohne daß die Eier absterben. Die Veränderungen im Körper, die durch die Wanderungen hervorgerufen werden, bestimmen anscheinend die Bildung anderer Eier. Man hat festgestellt, daß die nichtruhenden Eier von den wandernden Weibchen eines Schwarms gelegt werden, während die Eier der einzeln lebenden Tiere zum ruhenden Typ gehören. In manchen Eierpaketen finden sich beide Eiertypen, was vielleicht darauf zurückzuführen ist, daß ein einzeln lebendes Weibchen sich später dem wandernden Schwärm angeschlossen hat und daß die physiologischen Wandlungen zur Wanderform noch nicht abgeschlossen sind. Man kann aus diesen Beobachtungen vielleicht den Schluß ziehen, daß die ruhenden Eier der solitär lebenden Braunen Heuschrecken, die in verschiedenen Jahren gelegt wurden, plötzlich bei geeigneten Wetterverhältnissen gleichzeitig zur Entwicklung kommen und bei den vielen Tieren zur Schwarmbildung führen. Da die dann von den wandernden Heuschrecken gelegten Eier keine längere Ruhepause nötig haben, ist das Auftreten der schwarzen Fußgänger wahrscheinlich. Mehrere gute Regenjahre hintereinander fördern in der Folge das Entstehen großer Schwärme. Im Gegensatz dazu müssen Schwärme der Roten Wanderheuschrecke von ihren eigentlichen Brutgebieten erst hier einwandern, ehe sich in starken Regenjahren auch Fußgänger entwickeln können. Bei einer dritten Wanderheuschreckenart, der Wüstenheuschrecke (Schistocera gregaria), kommt es in unserm, kommt es in unserm Land selten zu größeren Schwarmbildungen. Einzeln lebende Tiere dieser großen, langlebigen Art, deren Hauptverbreitungsgebiet die Steppenländer des Nahen Ostens, Arabiens und Aegyptens sind, findet man vor allem in der Namib und der Kalahari. Die jetzige Regenzeit mit den starken Schauern ist anscheinend sehr günstig für die Entwicklung von Geradflüglern. So zeigen sich auch die Schnarrheuschrecken mit ihren leuchtendroten Unterflügeln in weit größerer Zahl als in früheren Jahren. Als besondere Schädlinge kann man sie kaum bezeichnen. Eingehende Beobachtungen und Laboratoriumsuntersuchungen werden vielleicht darüber Auskunft geben, ob auch bei dem plötzlichen Massenauftreten anderer Insekten in regenarmen Gebieten die besondere Struktur der Eier und dadurch die Ueberbrückung langer Trockenperioden eine entscheidende Rolle spielen.

Fritz Gaerdes


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