Fritz Jaeger und Leo Waibel: Swakopmund 1918

Die Geographen Prof. Dr. Fritz Jaeger (links) und Dr. Leo Waibel sind während ihrer Forschungsreise (1914-1919) zu zahlreichen Regionen Deutsch-Südwestafrikas mehrfach in Swakopmund gewesen.

Die Geographen Prof. Dr. Fritz Jaeger (links) und Dr. Leo Waibel sind während ihrer Forschungsreise (1914-1919) zu zahlreichen Regionen Deutsch-Südwestafrikas mehrfach in Swakopmund gewesen.

Die Geographen Prof. Dr. Fritz Jaeger und Dr. Leo Waibel sind während ihrer Forschungsreise (1914-1919) zu zahlreichen Regionen Deutsch-Südwestafrikas auch mehrfach in Swakopmund gewesen und haben dort 1918 ihre Datensammlungen geordnet und ausgewertet.

In 'Geographische Landschaften Südwestafrikas', einer erst 1965 erschienen Ausgabe seiner und Leo Waibels Forschungsergebnisse, berichtet Fritz Jaeger:

Swakopmund ist ein völlig künstlicher Platz, dem die natürlichen Grundlagen zu einer Hafenstadt fehlen. Die beiden einzigen natürlichen Häfen an der ganzen südwestafrikanischen Küste sind Lüderitzbucht im Süden und Walfischbucht in der Mitte. Es ist ein Glück, daß von diesen beiden Stellen auch der Zugang nach dem Innern am leichtesten ist, da der Randabfall des Binnenhochlandes hier unterbrochen ist. Besonders von der Walfischbucht aus ist der Zugang günstig, denn hier führt das Swakoptal mit seinem reichen Grundwasser durch die Wüste. Aber zum Unglück war Walfischbucht englisch. Das zwang uns, um nicht in der Entwicklung unserer Kolonie vollständig von den Engländern abzuhängen, einen künstlichen Hafenplatz zu schaffen. An dieser Küste, mit der dauernd schweren Brandung und dem Nebel ist dies nicht leicht. Der Küstenbeschaffenheit nach war so ziemlich jede Stelle gleich schlecht. Wegen der Verbindung mit dem Hinterland kam nur die Swakopmündung, 30 km nördlich der Walfischbucht, in Frage. Sie ist in dieser Hinsicht noch günstiger als die Bucht, weil hier keine Dünen zu überschreiten sind und weil man gleich von Anfang an dem Swakop mit seinen Wasserstellen folgen kann. Außerdem ist der Platz für eine Stadt viel geeigneter. An der Walfischbucht muß die Ansiedlung wegen der Dünen so hart am Strande liegen, daß sie bei Hochfluten und beim Abkommen des Kuiseb überschwemmt wird, wie es 1917 geschah. Da es an festem Baugrund und an Steinen fehlt, sind die Häuser aus Brettern gebaut und müssen zum Teil durch Sandsäcke geschützt werden. Swakopmund dagegen liegt auf einer Strandterrasse 10-12 m über dem Meere, auf der es sich unbeschränkt ausdehnen kann. Swakopmund kann aus dem Swakop seinen Wasserbedarf reichlich decken, Walfischbay ist auf destilliertes Meerwasser angewiesen. Hier galt es nun, Landungsvorrichtungen zu bauen. Die früher gebaute Steinmole hatte zur Folge, daß sich viel Sand absetzte und der von ihr geschützte Winkel zu versanden drohte. Sie wurde deshalb nicht mehr unterhalten, als sie einmal von der gewaltigen Brandung zerstört wurde; ihre cbm-großen Betonblöcke liegen noch am Ufer herum. Man baute dann eine Landungsbrücke auf hölzernen Pfählen in das Meer hinaus. Die Strömung kann den Sand unbehindert zwischen den Pfählen hindurchführen, sodaß keine Verlandung mehr droht, und der Brandung bieten die Pfähle weniger Angriffsflächen. Wegen der starken Gezeiten mußte die Brücke sehr hoch gebaut werden und bei Niedrig-Wasser ragt sie hoch aus den Wellen empor. Auf der Brücke stehen ein großer und mehrere kleine fahrbare Dampfkrähne zum Aus- und Einladen. Der große wurde 1914 gesprengt, damit der Feind ihn nicht benutzen konnte. Um das Löschen zu erleichtern, war 1912 mit dem Bau einer größeren eisernen Landungsbrücke neben der alten begonnen worden, die soweit geführt werden sollte, daß die Löschbrücke außerhalb der Brandung lag. Der Bau wurde durch den Krieg unterbrochen; die beiden turmhohen Kräne, mit denen die Löcher in den Meeresboden gebohrt und die riesigen Eisen-Zementpfähle eingesetzt wurden, dienen nur noch den Kormoranen als Ruheplätze und verrosten, obwohl die Vögel eifrig dabei sind, sie weiß anzustreichen. Die Ozeandampfer konnten keineswegs an der Landungsbrücke anlegen. Schon der Dünung und Brandung wegen war das ausgeschlossen. Die Schiffe lagen draußen auf offener Reede 1-2 km vom Strand verankert. Nur die Leichter kamen an die Brücke und wurden da entladen. Zu den Ladevorrichtungen gehörten daher vor allem gute starke, die Brandung aushaltende Leichter. Diese Boote hat man, damit sie nicht vom Feind beschlagnahmt würden, mit der Otavibahn ins Land gebracht. Das hinderte nicht, daß sie nach der englischen Besetzung doch beschlagnahmt und weggebracht wurden. Während des Krieges wurde Swakopmund als Hafenort völlig ausgeschaltet und Walfischbucht trat wieder an seine Stelle. Walfischbucht ist durch eine Kapspureisenbahn, die von Swakopmund bis nahe bei Karibib die Trace der Otavibahn benützte, an das Bahnnetz des Binnenlandes angeschlossen worden. Die ganzen Landungsvorrichtungen von Swakopmund, Brücken und Boote, sind unterdessen verrettet oder gingen verloren. Was auch das Ergebnis des Krieges sein mag, ob Südwest deutsch oder englisch wird, Walfischbucht wird höchst wahrscheinlich damit vereinigt werden, Damit entfällt der Grund für das Dasein für Swakopmund. Es wird seine Rolle als Hafenstadt endgültig an Walfischbucht abgeben müssen. Die Vernichtung der Landungsanlagen durch den Krieg wird diesen Vorgang beschleunigen. Auch die ungünstige Lage der Stadt Walfischbucht wird Swakopmund nicht vor diesem Schicksal bewahren können. Nur als Seebad und Erholungsplatz wird es wohl die Bedeutung behalten, die es während des Krieges gewonnen hat, da es ein viel angenehmerer Aufenthalt als Walfischbucht ist. Das Klima ist hier doch recht schön trotz des Nebels. Im Sommer ist die beste Jahreszeit. Der Nebel schwebt in den Morgenstunden über dem Küstenstrich, doch in der Höhe, selten so tief, daß man selbst darin ist. Höchstens als ganz feiner Sprühregen kommt er herunter; doch ist auch manchmal Tag und Nacht der Himmel klar. Dann wird es natürlich etwas wärmer. Wirklich heiß ist es nur, wenn der Ostwind auftritt. (...)


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