Ludwig Schlüter, ein Reiter in Deutsch-Südwest

Einzelbeiträge zur Geschichte der ehemaligen deutschen Schutzgebiete
Lohse, Volker
13103
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€19.95 *

Autor: Volker Lohse
Herausgeber: Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen
Reihe: Mitteilungsblätter des Traditionsverbandes, Band 3
Verlag: Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen
2. erweiterte Auflage, Berlin 1986
Broschur, 15x21 cm, 40 Seiten, 7 sw-Fotos, etliche Abbildungen, 1 Karte


Aus dem Vorwort:

In Bielefeld starb am 16. Februar 1982 Ludwig Schlüter. Seine hohe Gestalt, sein lebhafter, streitbarer Geist und seine bedächtige Rednerbegabung sind vielen in Erinnerung.

Am 28. Juli 1884 geboren im sauerländischen Beringhausen (Kreis Amsberg) als jüngstes von fünf Kindern aus kleinbäuerlicher Familie, war er einer der letzten, der aus eigener Anschauung, als Teilnehmer von den Ereignissen des Herero-und Hottentottenaufstands im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika berichten konnte und das auch immer wieder mündlich und schriftlich tat.

„Lebenslang fesselte ihn das Hereroland" schrieb deshalb mit Recht die „Neue Westfälische" in der Laudatio zu seinem 97. Geburtstag. In reger Korrespondenz, die er auch nach 1974 trotz seines schweren Augenleidens mit historisch Interessierten auch mit Missionaren und Farmern in Südwestafrika und in Deutschland pflegte, gab er Eindrücke und Wertungen weiter, verschaffte sich aber auch Stoff zu weiterem Nachdenken.

Bis in seine letzten Lebenstage faßte Ludwig Schlüter einen Teil seiner bisweilen unorthodoxen, eigenständigen und manchmal angreifbaren Überlegungen zu den Kolonialkämpfen von 1904—1907 in dem 1981/82 vervielfältigten 75-Seiten-Text „Sturm über dem Hererolande" zusammen; seine bemerkeinswerte, seit 1906 aufgebaute Spezialbibliothek afrikanischer, besonders südwestafrikanischer Geschichte half ihm dabei ebenso wie sein — auch Details bewahrendes — Gedächtnis.


Zur Schutztruppe nach Südwest:

Wie hatte alles angefangen? 1902/04 diente Ludwig Schlüter als Zweijährig-Freiwilliger in Münster beim 2. Westfälischen Feldartillerie-Regiment Nr. 22 der 13. Feldartillerie-Brigade des VII. Armeekorps. Wegen seines freiwilligen Eintritts in den aktiven Dienst im Heer hatte er sich diesen Truppenteil aussuchen können. Im 2. Dienstjahr kurz als Schreiber zum Bezirkskommando Bochum abkommandiert, traf er am 7. Januar 1904 wieder in Münster ein.

Wenige Tage später machte der Wachtmeister beim Hauptappell am Mittag bekannt, daß zur Bekämpfung des Hereroaufstands Freiwillige für Südwestafrika eingestellt würden. „Wer sich melden will, der soll vortreten!"
„Hier! hier! hier!" „Ich bin noch niemals so schnell aus dem Glied 'rausgekommen, wie da" schmunzelt der allzeit aktive, unternehmungslustige Schlüter noch 78 Jahre danach. Schon am selben Nachmittag erfolgte die ärztliche Untersuchung auf Tropentauglichkeit, und der Feldartillerist, der Reiter der Schutztruppe werden wollte, hörte einige Zeit nichts mehr von der Bewerbung. Erst im März erfolgte die Anfrage, ob die Meldung aufrechterhalten werde und ob Gesundheit und Tropendienst-fähigkeit noch vorlägen.

„Jawoll!" Zusammen mit zwei Regimentskameraden wurde Schlüter zur Schutztruppe einberufen. Es war bei dem nüchternen Sauerländer wohl weniger der „Herzenswunsch, für des Reiches Herrlichkeit das Schwert zu ziehen" wie von Salzmann es „Im Kampf gegen die Herero" oder „der Stolz, für die Ehre des Vaterlandes, für unseren Kaiser ins Feld ziehen zu dürfen" wie Schröder Stranz es in „Süd-West" formulierte, vielmehr ragten aus dem Motivbündel, das zu dem schnellen Entschluß Schlüters auf dem Kasernenhof in Münster führte, wohl das vielseitige Interesse des 19-jährigen an der Welt, vor allem am fernen dunklen Erdteil und der sonst aus Kostengründen kaum realisierbare Wunsch „bewandert" zu werden, heraus.

Aus der Sicht der Truppe mag der vermeintlich sehr große Bedarf an Artillerie in Südwest seine Bewerbungschance vergrößert haben. Obgleich Artillerist (für Fachleute: mit Position 5 an der FK 96) kritisiert Schlüter die Überbewertung dieser Waffe durch das Oberkommando der Schutztruppen in Berlin und die Unterbewertung der Maschinengewehre, an denen es später im Busch fehlte. [...]