Der Kameldornbaum. Frauenschicksale in Deutsch-Südwestafrika

Der Kameldornbaum: Eine historische Novelle über Frauenschicksale in Deutsch-Südwestafrika.
Brand, Yvonne
der-kameldornbaum
978-3-86703-905-5
No longer available
used
€19.95 *

Autorin: Yvonne Brand
Übersetzung: Thies Brodmann
Verlag : Engelsdorfer Verlag
Berlin, 2008
ISBN 9783867039055 / ISBN 978-3-86703-905-5
Broschur, 21x15 cm, 269 Seiten

Beschreibung: Der Kameldornbaum. Frauenschicksale in Deutsch-Südwestafrika

Diese historische Novelle beschreibt die allmähliche Entwicklung Südwestafrikas seit der Ankunft der ersten deutschen Schutztruppe, über die Gründung Windhoeks bis hin zum Herero-Aufstand. Der Motivation und der Tatkraft der Frauen kommt im Zuge der Episoden besondere Würdigung zu.

Über die Autorin:

Die Südafrikanerin Yvonne Brand kam 1956 kam sie mit ihrem Mann, der als Stadtingenieur nach Windhoek berufen wurde, nach Südwestafrika. Während ihres Aufenthaltes erwachte ihr Interesse an der Geschichte dieses Landes. Sie schrieb Artikel für die Zeitschrift South West Africa Annual.

Inhalt: Der Kameldornbaum. Frauenschicksale in Deutsch-Südwestafrika

Prolog
Die Reise in eine ungewisse Zukunft
Soldaten der Schutztruppe in Swakopmund
Rückbesinnung während der Wüstendurchquerung
Zwei Kameraden im Zwiegespräch
Zwischenaufenthalt in Otjimbingwe
Bei den Schneiders in Windhoek
Das Freudenhaus
Der Ausritt nach Rehoboth
Schwester Helga als Hebamme unterwegs auf den Farmen
Kaisers Geburtstag
Der tödliche Überfall auf der Farm
Der Marsch von Gibeon nach Okahandja
Schwester Helga
Die Mobilisierung der Truppen in Swakopmund
Der Marsch auf Okahandja
Epilog
Glossar

Die Reise in eine ungewisse Zukunft:

[…] Im Inneren des Wagens saßen oder lagen die Insassen schlaff und ruhelos, ihre Körper schwangen im Rhythmus des Wagens unfreiwillig hin und her. Es waren 9 Frauen, müde und abgespannt, mit schmerzenden Rücken und vom Sand geröteten Augen - neun abgespannte Frauen, die das Land verfluchten, das sie mit seinen frauenhungrigen Männern angelockt hatte.

Frieda, die jüngste und am meisten enttäuscht, strich sich die Haare aus der Stirn, die wie klebrige Locken an ihren Augenbrauen hafteten. Von leichter Figur, ein verstaubter Wuschelkopf mit hellbraunem Haar und blaugrauen Augen, die durch das grelle Sonnenlicht blinzelten, starrte sie in die unendliche Weite.

Ihre feingliedrige Gestalt, der reizvolle weiche Mund, die kecke kleine Nase und der Nasenrücken mit ein paar fast nicht wahrzunehmenden Sommersprossen - das alles verstärkte noch, das fast kindliche Betragen. Zigmal körperlich hin und her geworfen und in ihrem nicht unterzukriegenden Lebensgeist, der bis auf das Äußerste auf die Probe gestellt wurde, schrie sie laut heraus: „Lieber Gott! Wird dieser Albtraum nie ein Ende haben?"

Es begann mit der fast fünfwöchigen Uberfahrt von Hamburg nach Südwestafrika - sich erbrechend, Winde verfluchend, die ihnen ständig ins Gesicht bliesen und gegen die sie anzukämpfen hatten.

Und dann, als sie aus dem Frühnebel auftauchten, am Ende ihrer Reise, und obwohl sie wussten, dass sie in Swakopmund an Land gehen würden - die Walfischbucht, ein natürlicher Hafen, von England annektiert und für Deutsche unzugänglich. Sie waren völlig unvorbereitet auf das, was sie vom Deck des Dampfschiffes aus zu sehen bekamen.

Einen noch öderen Platz konnten sie sich kaum vorstellen - ein verlassener Strand, völlig ohne Leben oder Vegetation, die riesigen unfruchtbaren Sanddünen, die sich ausdehnten, so weit das Auge reichte, und der weite Horizont in niederdrückenden Nebel gehüllt, wirkten unheilverkündend.

Was noch zu ihren Besorgnissen hinzukam, war, dass das Dampfschiff draußen auf hoher See vor Anker gehen musste, da Swakopmund weder einen Hafen noch eine Landungsbrücke besaß. Gequält sahen sie zu, erschwert durch stürmische Winde, wie sich vom Wind getriebene Brecher, mit weißen Schaumkronen bedeckt, donnernd auf den Strand ergossen, dann mit ungebändigter Unterströmung wieder zurückzogen und die See aufpeitschten, sodass der gelbe Schaum das Deck überzog.

Die wetterharte, sonnenverbrannte Mannschaft hob Warenballen aus dem Laderaum und die geschwätzigen und wild gestikulierenden Passagiere bahnten sich ihren Weg hindurch. Während ihr Dampfer, die Marie Woermann, in den mächtigen anschwellenden Brechern auf- und niederging, versuchten sie tapfer, während sie sich an der Reling festklammerten, ihre Bestürzung zu bändigen.

Doch die starren Augen und aschfahlen Gesichter konnten nichts verbergen. Die Mannschaft, die das bemerkte, versuchte ihre Gemüter zu beruhigen, indem sie ihnen versprach, sie sicher an Land zu bringen. Aber der Anblick eines auf der Seite liegenden und in der Brandung auseinanderbrechenden Wracks, und der Gedanke, in dieser stürmischen See an Land gehen zu müssen, schürte noch ihre Befürchtungen.

Der Gipfel aber war, dass das Ausschiffen bedeutete, vom Dampfer in einem Korbstuhl - vergleichbar mit einem einfachen Drahtseilbahnwagen - heruntergelassen zu werden, in die Hände der in den Brandungsbooten wartenden Eingeborenen. Kinder wurden zu zweit im Korb festgebunden. Es war unklar, ob das Quietschen, das aus Richtung des Korbes kam, während dieser über dem Wasser schwebte, Ausdruck der Freude oder Hysterie war.

Am Ende des riskanten, zehnminütigen Übersetzens vom Dampfer in das von sechs Eingeborenen geruderten Brandungsbootes, mit Anweisungen vom Strand, wurden sie von dürftig bekleideten Schwarzen, die kniehoch in der Brandung wateten, aufgefangen. Sie klammerten sich an einen schwarzen Nacken oder griffen hysterisch in einen Wuschelkopf. Nass von der salzigen Gischt und mit tränenden Augen wurden sie aus dem Brandungsboot gehoben und sicher an Land gebracht.

Unverletzt auf dem Strand abgesetzt, entfernten sie ihre Sicherheitsgurte. Aber es dauerte eine Weile, bis sie ihre Fassung wiedererlangten und festen Boden unter den Füßen spürten. Ihre Kleider und Röcke, enganliegend von der Nässe und dem haftenden Seesand, wurden heftig ausgeschüttelt und glattgestrichen.

Schiefsitzende Hüte und bänderverzierte Hauben, von wild klammernden Armen fast heruntergeschlagen, wurden vorsichtig zurechtgerückt und erneut mit Hutnadeln aus Perlmutt, die in der Sonne schimmerten, festgesteckt.

Jemand hatte ein grünes Fläschchen hervorgeholt, das mit Riechsalz gefüllt war und von Hand zu Hand gereicht wurde. Jeder, dem übel war, roch an dem belebenden Salz. Endlich hatten sie sich gefasst und inspizierten ihre Umgebung. Das Erste, was ihnen auffiel, war ein großes Schild mit der Aufschrift:

HOTEL ZUM FÜRST BISMARCK HEISSE UND KALTE SPEISEN KEGELBAHN, KLAVIER, BILLARDRAUM

Mit einem Seufzer der Erleichterung, ermutigt durch die Aussage dieses Schildes, ihre immer noch von der Gischt nassen Kleider und Röcke raffend, machten sie sich auf den Weg über den Strand zum Zollschuppen. Der tobende Wind zerrte an ihren Kleidern und Hauben. Eine kreischende Schar Möwen erhob sich, als sie sich näherten, während zwei Kormorane, die sich um einen toten Fisch stritten und nun aufgaben, über ihnen in der Luft verharrten, bis sie vorbeigegangen waren.

Nach Überprüfung, Abfertigung und abgestempelten Papieren, war noch eine Landegebühr von Mark 2.50 zu entrichten. Begleitet von einem Führer, bahnten sie sich ungeduldig ihren Weg über Holzplanken, die auf dem Sand lagen, bis hin zur Straße mit dem Hotel, indem für sie Zimmer reserviert waren.

Zum Glück war niemand während der Überfahrt über Bord gegangen, und das längste und schlimmste Stück ihres Weges, dachten sie, lag glücklicherweise hinter ihnen - dankbar, Mutter Erde unter ihren Füßen zu spüren. […]

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