Nicht als Abentheurer bin ich hierhergekommen...

Faszinierende Tagebücher und Briefe des Offizieres Rudolf Ganßers aus Deutsch-Ostafrika 1896-1902
Dauber, Heinrich
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Nicht als Abentheurer bin ich hierhergekommen...

Untertitel: 100 Jahre Entwicklungs-"Hilfe"; Tagebücher und Briefe aus Deutsch-Ostafrika 1896 -1902
Herausgeber: Heinrich Dauber
Verlag für Interkulturelle Kommunikation
Frankfurt/Main, 1991
Broschur, 15x21 cm, 300 Seiten, zahlreiche sw-Fotos


Vorwort:

Wenn ich als kleiner Junge bei meiner Großmutter zu Besuch war, durfte ich auf einem alten Gepardenfell kuscheln, mit den schon etwas brüchig gewordenen Ohren des ausgestopften Kopfes spielen und die Hand in den fauchend aufgerissenen Rachen stecken. Dann erzählte sie mir von ihrem heißgeliebten ältesten Bruder Rudolf, der diesen Geparden vor 50 Jahren in Afrika gezähmt und nach Deutschland mitgebracht hatte. 30 Jahre später fielen mir Teile seiner Tagebücher in die Hand. Es dauerte nochmals über 10 Jahre, bis ich daran ging, mich mit den Lebensumständen und der Zeit dieses bewunderten Großonkels zu befassen. Den strahlenden Helden meiner Kindheit wollte ich nicht gerne aufgeben und mußte - älter und kritischer geworden - doch fürchten, einem rassistischen Kolonialoffizier zu begegnen. Gefunden habe ich schließlich einen sympathischen Menschen, in vielem Kind seiner Zeit, in vielem sich von ihr - oder besser: von dem Bild, das ich mir von dieser Zeit gemacht hatte - unterschieden. Dies allein hätte nicht gerechtfertigt, einen Teil der von ihm hinterlassenen Tagebücher und Briefe zu veröffentlichen.

Dafür waren drei 'sachliche' Gründe ausschlaggebend: Erstens gibt es aus der Zeit um die Jahrhundertwende nur wenige vergleichbare 'private', d.h. nicht absichtsvoll für ein breites Publikum verfasste Berichte. Vielleicht kann die Lektüre der Tagebücher und Briefe Rudolf Ganßers dazu beitragen, den Rückblick auf diese Phase der deutschen Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika etwas von ideologischen Glorifizierungen einerseits und moralischen Verurteilungen andererseits zu befreien und am Einzelfall besser nachzuvollziehen, wie ein deutscher Kolonialoffizier damals über sich selbst nachdachte und handelte. Den Ausschlag zur Bearbeitung und Herausgabe dieser Texte gaben jedoch zwei andere Entdeckungen. Schon 1900 spricht dieser württembergische Hauptmann in preußischen Diensten, damals Bezirkschef in Tabora, von der Notwendigkeit der 'Entwicklung seines Bezirks' und meint damit ganz offensichtlich nicht nur die koloniale Erschließung und Ausbeutung des Landes und seiner Reichtümer, sondern - zumindest in Ansätzen - auch die planvolle Entwicklung von Ressourcen im beinahe modernen Sinne, als Entwicklung von Infrastrukturen wie Wegen, Brunnen, Transportsystemen, Märkten etc.; kurz: er betrachtete 'seinen Bezirk' nicht nur mit den Augen des Militärbefehlshabers und obersten Verwaltungsbeamten, sondern wesentlich mit denen des Ingenieurs. Dabei scheint im Hintergrund auch schon das wichtigste und problematischste Motiv moderner Entwicklungsfeldzüge auf: Entwicklung bedeutet immer auch einen 'Krieg' gegen subsistente, selbstgenügsame Lebensverhältnisse. Nichts irritiert die alten Kolonialisten wie die modernen Entwicklungsstrategen mehr als Eingeborene, die nur auf der 'faulen Haut herumliegen', nichts über ihren eigenen Bedarf hinaus produzieren und keine warengebundenen Bedürfnisse haben. Unter diesen Perspektiven gelesen, unterscheiden sich seine alltäglichen Erfahrungen nicht prinzipiell von denen zeitgenössischer Entwicklungshelfer. Da geht es um Konflikte mit europäischen Mitarbeitern, um Verständigungsprobleme mit den Eingeborenen, um eine mehr oder weniger selbstherrliche Verwaltungszentrale im fernen Dar-es-Salam und um die Herren in der Heimat, die ihre Entscheidungen am 'grünen Tisch' treffen; aber auch um Probleme der Rückkehr; um die Sorge, zu Hause wieder den angestammten Platz zu finden, nicht zuletzt um eigene Welt-Reisewünsche.

Mit der Herausgabe dieser Texte und den sie einleitenden und systematisch reflektierenden Kommentaren werden also drei Hoffnungen verknüpft: Unser Verständnis für eine bestimmte Zeit und Region der deutschen Kolonialgeschichte zu vertiefen, die Geschichte des modernen Entwicklungsgedankens in seine Anfänge zu Beginn dieses Jahrhunderts zurückzuverfolgen und schließlich, heutige Probleme von Entwicklungshelfern in einem historischen Spiegel wiederzuerkennen. Die Tagebücher und Briefe von Rudolf Ganßer wären uns nicht zugänglich, wenn sein Schwager, Dr. August Ebermaier, sie nicht aufbewahrt und ein erstes Mal archiviert hätte, wenn dessen Sohn Rudolf Ebermaier sie nicht abgetippt und der Familie zur Verfügung gestellt hätte, schließlich, wenn dessen Enkel Hans-Christoph Ebermaier / Melle, mir nicht großzügig Zugang gewährt hätte zu den Familienarchiven.

Zu Dank verpflichtet bin ich, neben den Genannten, Dorothea Brode, die aufgrund ihrer Kenntnis des modernen Tanzania in der Lage war, landeskundliche und sprachliche Verständnisprobleme zu beseitigen und am Literaturverzeichnis mitgearbeitet hat. Auf die Erstellung des Manuskripts haben Katharina Schnell und Helga Boemans viel Zeit und Geduld verwendet. Ich bin froh, daß beide sagen, es habe ihnen auch Spaß gemacht. Zahlreiche Kollegen, Freunde und Verwandte haben bei meinen eigenen Überlegungen Pate gestanden, ihnen allen voran Ivan Illich, bei dem ich gelernt habe, kritisch über Entwicklung nachzudenken und dem ich mich in tiefstem Respekt verbunden fühle.
Ohne das Vorbild und die Geschichten meiner Großmutter, Luise Pfleiderer, geb. Ganßer, die vor 111 Jahren geboren wurde, wäre diese Arbeit vermutlich nicht zustande gekommen. Ihrer Erinnerung soll dies Buch gewidmet sein. Ich schenke es meiner Frau, die mich hin und wieder daran erinnert, daß in der Sichtweise verschiedener Kulturen sich die Welt zuweilen sehr verschieden darstellt, und die - zu Recht - froh darüber ist, daß diese Arbeit ein vorläufiges Ende gefunden hat.


Inhaltsverzeichnis:

Vorwort
Einleitung
A. Der historische und kolonialpolitische Kontext der Tagebücher und Briefe
Der historische Kontext
Zur Situation in Deutsch-Ostafrika nach 1896
B. Der literarische, thematische und biographische Kontext der Tagebücher und Briefe
Der literarische und thematische Kontext
Zur Biographie
Zur Persönlichkeit
C. Tagebücher Rudolf Ganßer 1896-97
D. Briefwechsel 1900-1902
E. Kontinuität und Bruch in den Leitbildern
Entwicklung - Entwicklungshelfer - Entwicklungshilfe
Das Eigene und das Fremde: gleichwertig oder ungleich?
Anmerkungen zur Geschichte kolonialer Ideologien
Betroffenheit - Selbstbeschuldigung - Verantwortlichkeit
Muster der entwicklungspädagogischen Verstrickung
F. Literaturverzeichnis


Aus dem Text:

Muanza, 24-August 1900.
(Stuttg. an 9.XI.)
M.l. Vater!
Auf meiner Reise machte ich rasch den Abstecher an den herrlichen Victoria Nyanza, um mit dem Stations-Chef von hier verschiedene dringende Geschäfte zu erledigen. Meinen Aufenthalt hier benutze ich gleichzeitig, um Dir zum Geburtstag meine herzlichsten Glückwünsche zu senden. Mögest Du in wohlverdienter Ruhe noch viele schöne Jahre in bester Gesundheit verleben dürfen und möge es Dir beschieden sein, an Deinem jüngsten Sohn noch viel Freude zu erleben. - Schon mehr als 7 Wochen bin ich nun unterwegs und habe des Schönen und Interessanten viel gesehen, auch manches schöne Stück Wild geschossen. Das Schönste, was ich sah, ist dieser herrliche See. In seinem südlichsten Theil erinnert er an die Seen der Schweiz, nur daß letztere von viel höheren Bergen eingeschlossen sind. Dafür liegt der Victoria Nyanza viel höher, auf ca. 1200 m. Von seiner Ausdehnung macht man sich keinen Begriff. Von der Station bis zur vorliegenden Insel Ukerewe fährt man bei ruhigem See mit der Pinasse 7-8 Stunden, von hier über den See nach Bukoba oder Shirati braucht die Aluminiumpinasse 3 Tage und 3 Nächte, nach dem Nordende des Sees, Uganda-Küste, 6-7 Tage. Ein Segler braucht ca. 18 Tage ebendorthin, das ganze Königreich Bayern könnte man bequem auf dem See unterbringen. -[...]


Tabora, H.September 1900.
(Stuttg. an 9.November).
M.l.Eltern!
Heute, an der lieben Mutter Geburtstag, sollt Ihr rasch noch einige Zeilen haben, welche zwar mit meinen Zeilen aus Muanza gleichzeitig bei Euch eintreffen werden, welche Euch aber doch sagen sollen, daß ich gesund in Tabora wieder eingetroffen bin und die Geschäfte hier in vollem Umfang wieder übernommen habe. Den Gesundheitszustand auf der Station traf ich sehr wenig günstig. In Folge des heftigen, augenblicklich herrschenden rauhen Windes bestehen eine Menge Brusterkrankungen unter meinen Askaris, wie unter der ganzen übrigen Bevölkerung. Mein Leutnant ist seit seinem Eintreffen hier, wohl aus demselben Anlaß, augenkrank und muß das dunkle Zimmer hüten, nützt also der Station gar nichts. Ein Unteroffizier mußte während meiner Abwesenheit zur Küste geschickt werden, ein anderer liegt seit 3 Monaten. Zum Dienst stehen also augenblicklich außer mir nur mein Arzt, - der mit seinen Kranken zu thun hat -, der Zahlm.-Aspirant und Sanitäts-Unteroffizier zur Verfügung. Meine Reise war interessant, aber sehr anstrengend. Um den Abstecher nach Muanza wieder hereinzuholen, habe ich vor- und nachher Märsche von mehr als 50 km am Tag, bezw. meistens bei Nacht, gemacht.

Der See ist wunderschön und kann man sich von den Riesenverhältnissen erst ein Bild machen, wenn man ihn gesehen hat. Nach der nahe vorgelegenen Insel Ukerewe fährt, bei stündlich 5 Knoten (à 1852 m) die Aluminiumpinasse ca. 7 Stunden. Nur bei gutem Wetter sind ihre Umrisse zu sehen. Das ganze Königreich Bayern ist bequem auf dem See unterzubringen. Sein Wasser ist blau, klar und wohlschmeckend, leider von unzähligen Krokodilen bevölkert, so daß man es nicht wagen darf, im See zu baden. Eine große Anzahl kleinerer theils bewohnter, theils unbewohnter Inseln in der Nähe des Ufers geben dem See immer neue malerische Aussichten. Eine Ecke erinnert ganz an den Vierwaldstättersee. Für Herrn Professor Lampert habe ich übrigens Wasser vom See mitgenommen. [...]
Bei Mtinginia steht auch noch ein Haus von Stokes. Mtinginia besitzt eine Menge Gewehre in seiner festen gut gebauten Tembe (ca. 200), darunter einige Hinterlader. Er hat weithin einen großen Einfluß, thut allerdings sehr Europäer-freundlich. Er brachte als Salaam für das Sirkai einen Elfenbeinzahn von 80 Pfd und mir nöthigte er 2 kleine Zähne von je ca. 9 Pfd auf, als ich eben im Begriff war, abzumarschieren. Ich wollte die Zähne erst nicht nehmen, indem ich dem alten Herrn erklärte, daß das nicht meine Art sei. Er wünschte aber dringend, mir, dem bwana mkubwa, von dem er schon so viel gehört habe, und der ihn nun zu besuchen gekommen sei, ein Geschenk zu machen. Also nahm ich die Zähne eben an.

Von Mtinginia marschierte ich über die Landschaften Ndala (Sultanin Mtau, ein altes häßliches Weib mit unglaublich dicken Schenkeln und einem wahren Elefantenpopo) zur Mission Ndala, in deren Nähe ich lagerte. Abends sollte ich dort essen. Der Pater superior war auch schon in Tabora mein Gast gewesen. Ich konnte aber nicht hingehen, da ich plötzlich Fieber bekam, wohl in Folge der großen Anstrengungen der letzten Wochen. Nun schlucke ich wieder 4 Tage lang Chinin (das erste Mal seit ich in Tabora bin) dann, hoffe ich, soll es wieder längere Zeit nicht nöthig sein. Von Ndala marschierte ich nach Uyui, wo ich auch sofort nach der Ankunft mich hinlegte, tags darauf bis 3/4 Stunden vor Tabora. In dieses letzte Lager kam Abends mein Zahlmstr. Aspirant herausgeritten und überbrachte mir die Post und Eure lieben Zeilen vom 15. VII., worüber ich mich sehr freute. [...]
Dir, l. Vater, schicke ich in dem dicken Couvert noch einen großen Auftrag zu. Ich hoffe, es macht Dir etwas Spaß, auch Deinerseits an der Entwicklung meines schönen Bezirks etwas mitzuarbeiten. Nun lebet alle herzlich wohl für heute und seid vielmals gegrüßt von Eurem getreuen Sohn und Bruder Rudolf.


Tabora, 13.September 1900.
Lieber Vater!
Einen nicht unbeträchtlichen Theil meiner Kommunal-Einnahmen, welche sich aus Prozenten der Hüttensteuer, Marktsteuer, etc, zusammensetzen, möchte ich auf Erbohrung von Brunnen in meinem Bezirk verwenden. Dadurch zeige ich den Eingeborenen am Besten, daß ihre Abgaben ihnen wieder zu Gute kommen und erschließe viel Land der Besiedlung. In erster Linie handelt es sich um einen Brunnen im Hof des neuen hoch gelegenen Forts, dessen Weiterbau nun endlich wieder aufgenommen ist: doch werde ich die Vollendung hier kaum erleben, 11/2 Jahre werden wohl noch darüber hingehen. Ich hoffe in der Tiefe von höchstens 20 m auf Wasser zu kommen: alle Anzeichen von ringsum gemachten Versuchen sprechen dafür. Dann beabsichtige ich an den Hauptlagerplätzen der Karawanenstraßen Brunnen zu erbohren, etc. Nach Besprechung aller dieser Dinge mit meinem Bauleiter und nach gemachtem Ueberschlag über die mir zur Verfügung stehenden Mittel bat ich den Bauleiter, mir eine Aufstellung der zum Brunnenbau hier außen nöthigen Geräthe sowie der Bezugsquellen zu machen.

Nachstehend lasse ich diese Aufstellung folgen und möchte Dich, lieber Vater, gebeten haben, mit derselben zu den sachverständigen Herren der technischen Hochschule in Stuttgart hinzugehen, die Aufstellung den Herren vorzulegen, um ihren Rath bezw. eine Korrektur der Aufstellung zu bitten und die endgültige Feststellung möglichst rasch der leistungsfähigsten, besten Firma zur Erledigung aufzugeben. Rückfragen bei mir bitte ich nicht erst zu machen, weil dadurch die Sache um 4 bis 6 Monate verschleppt würde. Ich unterwerfe mich im Voraus dem Rath und Urtheil der Fachleute, welche ihrerseits nur an die umstehend von mir angegebene Summe gebunden sein sollen. Diese Summe muß auch ausreichen für die von mir angegebene Verpackung und sämmtliche Frachtspesen bis Hamburg. - Ich hoffe, lieber Vater, daß Du jetzt Zeit genug hast, und daß es Dir auch Spaß macht, die Sache in die Hand zu nehmen. Im Voraus besten Dank Dir und Deinen Rathgebern und herzlichen Gruß Deines dankbaren Sohnes Rudolf.
2 Anlagen.

Anlagen.
I. Bezugsquellen für Brunnenbohr-(Tiefbohr-) Geräthe.
l). Elmsbütteler Maschinenfabrik, Hamburg.
2). Max Brandenburg, Maschinenfabrik, Berlin S.42. Oranienstraße No. 141.
3). Allgemeine Baugesellschaft für Wasserversorgung und Kanalisierung, Erich Merten & Cie.m.b.H. Zweigniederlassung, vorm. P. Pictet, Darmstadt, Bismarckstr. 5.
5). Wwe. Joh. Schuhmacher, Köln, Maschinenfabrik.
6). Bopp & Reuther, Maschinenfabrik, Mannheim.
Ad l). (Hamburg zugleich Einschiffungshafen; Transport gespart).
Ad 2) und 4). sollen sehr leistungsfähige Firmen sein.

II. Für bis 30 m tiefe Brunnen sind nöthig:
A. Bohrgeräte.
Je 30 m schmiedeeiserne, gezogene Röhren für Tiefbohrungen zum Ineinanderschrauben (unten Außen-, oben Innengewinde) von 6" bezw. 5" Durchmesser im Licht.
40 m Gestänge (einschl. Reserve) in Längen von 2 bis 3 M.
2 Kopfstücke für 6" bezw, 5" Rohre.
je 2 Schellen für 6" bezw, 5" Rohre.
je 2 Ventilbohrer für dito.
je 2 Meißel mit Flachschneide.
je 2 Meißel mit Z-Schneide.
je l Tellerbohrer
je 2 Löffelbohrer.
2 Gabeln zum Drehen des Gestänges.
1 Beschwerungsstück.
2 Windeböcke mit Spindeln.
l Baurolle.
50 m Drahtseil
l Aushakvorrichtung zum Fallenlassen der Meißel.
B. Zum Aufstellen der Brunnenpumpen.
l Gasrohrschneidkluppe für 2" bezw. l 1/2" Gewinde mit je 3 Paar Reservebacken und je l Vor- und l Nachbohrer.
l Rohrabschneider mit Reservemessern.
l Schraubstock.
l Rohrzange.

III. Für jeden Brunnen Extra:
Bis 7 m schmiedeeiserne gezogene Röhren zum Ineinanderschrauben von 6" bezw. 5" Durchmesser im Licht.
1 Flügelpumpe mit Saugkorb ( in der größten Breite nicht über 4" Durchmesser) oder Saugcylinder (Für unreines Wasser) und Hebel, bezw. mit Uebersetzung für Röhren von 2" oder l 1/2" Durchmesser. 2 m schmiedeeiserne, verzinkte Röhren von 2" oder 11/2 Durchmesser mit Muffen.
2 Nippel für 2" ode l 1/2" Röhren.
2 Muffen dito.
2 Kniestücke dito.
2 Uebergangsstücke von 2" zu l 1/2 Röhren.

IV. Für jeden Meter Brunnentiefe: l m schmiedeeiserne, verzinkte Röhren von 2" bezw. l 1/2" Durchmesser, je nach der Größe der Flügelpumpen bezw. Saugkörbe.

V. Als Reserve (falls die Ventile oder Saugkörbe versagen):
l Uebergangsstück von 2" auf 11/2" oder 11/2" auf l 1/4"
l Kugelventil 2" oder l 1/2".
Für die Beschaffung und die Verpackung einschl. Transport zum Einschiffungshafen Hamburg ist die Summe von 4000 Mk. (Viertausend Mark), zahlbar nach Empfang der Bestellung hier in Tabora, verfügbar und darf nicht überschritten werden. Danach richtet sich die Anzahl der Brunnen (Durchschnittsmaß 7 m Tiefe), welche geliefert werden können. Mehr als 10 (zehn) Brunnen (von 7m) sollen nicht geliefert werden, außerdem aber jedenfalls der eine ca 20 - 25 m tiefe Brunnen für den Hof des neuen Forts. Reservetheile müssen genügend beigepackt werden.
Für die Verpackung und Signierung etc. gebe ich Nachstehendes an:
1) Es ist wünschenswerth, daß die ganze Sendung in Trägerlasten á 60 Pfd - keinesfalls mehr als 68 Pfd - verpackt wird.
Doppellasten, bis zu 120 Pfd Gewicht (im Nothfalle mehr, bei Sachen, die nicht auseinanderzunehmen sind) zulässig, jedoch möglichst zu vermeiden, weil sehr schwer Träger dafür zu finden sind.
2) Verpackung nicht schwerer machen, als absolut nöthig; Kisten nur für kleinere, werthvollere Sachen; Gehänge, etc. in Stroh und Sackleinwand.
3) Alle Lasten sind mit dem Zeichen: "Kais.Station Tabora" und fortlaufender Nummer in mindestens 5 cm großen Buchstaben zu versehen.
4) Die Spedition wird am besten den Spediteuren der Deutschen Ost-Afrika-Linie, Herren Homann & Co. Hamburg, Luisenhof, übergeben, welche gleichzeitig anzuweisen sind, die Sendung zu 4000 bis 5000 Mk. gegen Seegefahr zu versichern.
5) Die Firma, welche die Lieferung übernimmt, wolle ihre Rechnung an "die Kais. Station Tabora via Dar es Salaam, Deutsch-Ost-Afrika" einreichen und gleichzeitig eine Duplikat-Rechnung an "das Kaiserliche Gouvernement von Deutsch-Ost-Afrika Dar es Salaam" senden, damit letzteres die Sendung übernehmen und verzollen kann. Wenn die Bestellung bereits mit dem am 2.-4. Januar Hamburg verlassenden Dampfer erfolgen bezw. abgehen könnte wäre es sehr schön. Sie müßte dann Ende Dezemb. (28) in Händen der Spediteure sein. Erreicht sie diesen Dampfer nicht, so kann sie erst 4 Wochen später befördert werden (für Dar es Salaam als Ausschiffungshafen). Ich erwarte baldmöglichst Nachricht über das Veranlaßte, um Träger nach der Küste senden zu können (ungefähre Angabe der Lastenzahl erwünscht), und nehme an, daß diese Zeilen etwa am 11.November spätestens in Stuttgart eintreffen.
Gansser
Hauptmann und Stationschef von Tabora.


Brief des Vaters
No.21.(3.12.00)
Wegen der Brunnen kann ich noch keine nähere Mitteilung machen. Die Techniker des Minister, d. Inn. waren der Ansicht, daß die Herren des Polytechnikums reine Theoretiker seien - sie erboten sich von der Pumpenfabrik von Bopp & Reuther in Mannheim eine Kostenaufstellung anfertigen zu lassen, welche in einem Schreiben vom 27.11. für Ende der letzten Woche zur Ablieferung versprochen wurde, sobald sie kommt, wird die Bestellung erfolgen.


Tabora 21.Juni 1901.
An
die Firma Bopp & Reuther
Mannheim.
Ich theile Ihnen mit, daß die durch meinen Vater, den Ministerialdirektor a.D. von Gansser, Stuttgart Ihnen in Auftrag gegebenen Brunnentiefbohrgeräthe eingetroffen sind. Mit dieser Post habe die Kaiserliche Hauptkasse in Dar es Salaam ich angewiesen, Ihnen durch die Legationskasse des Auswärtigen Amtes, Mk. 4061,59 zu überweisen. Sehr dankbar wäre ich, wenn sie "eingeschrieben" unter meiner Adresse mit nächster Post eine genaue Anleitung über den Gang einer Tiefbohrung, Montage der Brunnen etc. zukommen ließen, sowie einen illustrierten Katalog über Tiefbohrgeräthe etc. Sollte es eine kurz gedruckte Broschüre über die Anordnung von Bohrungen und die nöthigen Vorsichtsmaßregeln geben, so bitte ich dieselbe beizupacken. Die Ihnen verursachten wohl geringen Auslagen ersetze ich natürlich. Ich möchte die Anweisungen bald haben, um dieselben meinem Nachfolger übergeben zu können da ich in fünf Monaten zur Küste marschieren werde.
Hochachtungsvoll
Gansser
Hauptmann und Chef der Militärstation Tabora.


Tabora, 26.September 1900.
(Stuttg. an 9.November)
[...] In den letzten Tagen hatte ich furchtbar viel zu thun, da während meiner Reise viel geblieben ist. Morgen schicke ich Eilboten zur Küste, in erster Linie wegen einer eiligen Requisition von einem Leutnant und mehreren Unteroffizieren. Mein Leutnant kam s.Z. augenkrank und mit Fieber hier an und hat bis heute keine 14 Tage Dienst gethan. Sobald er marschfähig ist, schicke ich ihn zur Küste. Er muß voraussichtlich invalidiert werden. Der eine verheirathete Sergeant mußte, kaum daß ich 14 Tage von hier weg war, vom Arzt zur Küste geschickt werden, weil er innerhalb 3 Wochen 2mal Schwarzwasserfieber gehabt hat. Mein ältester Sergeant liegt krank, seit er vom Kiwu zurück ist, erst Fieber mit schwerer Erkältung, dann kam ein Gehirnleiden dazu, das geheilt ist, und nun sagte mir der Arzt, daß er wahrscheinlich auf einem Auge die Sehkraft verlieren werde. Auch er muß baldigst zur Küste und ich muß mich wie bisher behelfen. Ich hoffe daß das Gouvernement auf diese Requisition und meine diesmaligen Berichte ebenso bereitwillig eingeht, wie auf meine vorherigen, dann habe ich hoffentlich zu Beginn des neuen Jahres meinen Etat an Europäern wieder, bezw. endlich einmal voll.
Meine seitherigen Wünsche, Verstärkung der Kompagnie betreffend u.a., wurden sämtlich anerkannt und rasch erfüllt, soweit es möglich war. In Folge des Mangels an Europäern habe ich natürlich stark vermehrte Arbeit, bei Tag praktisch und Schauris, bei Nacht Erledigung der vielen Berichte über alles Mögliche und Unmögliche. So liegen z.B. jetzt Berichte in Arbeit über: "das Wildbrennen und die getroffenen Maßnahmen". "Verpfändung freier Familienangehöriger." "Steuerberichte". "Einführung einer Kommunalordnung mit für den Bezirk passenden Gesetzen", etc. etc. Nur um Euch einen ungefähren Begriff zu geben theile ich Euch das mit. Und derartige Verlangen kommen mit jeder Post. Daneben giebt es Concurseröfnungen, Nachlaßregulierungen, etc., alles Sachen, die viel Schreiberei verursachen. An der neuen Boma wird weitergebaut und hoffen der Bauleiter und ich, zusammen einen praktischen, festen und schönen Bau hinzustellen. Kalk wurde nun auch in nächster Nähe gefunden und es ist einige Aussicht, daß ich den Bau fertig noch übernehmen darf. - Nun aber Schluß für heute, ich bin müde. Herzliche Grüße an die Schwestern. Besonders grüßt Euch Eurer dankbarer Sohn Rudolf.

Tabora, 5.Oktober 1900.
(Stuttg. an 26.XI.00) [...]
Zum Besuch auf Mitte des Monats hat sich der Bischof Gerboin aus Ushirombo hier angemeldet. Er kommt mit noch 3 Europäern und will auf meine Aufforderung hin eine Schule - und später ein Hospital mit Schwestern - errichten. Selbstverständlich werde ich ihn sehr festlich mit Musik empfangen. Ich freue mich sehr über diese neue Niederlassung hier. An Weihnachten werde ich eine Menge Gäste in der Boma haben. Augenblicklich baue ich bei der neuen Boma, deren Bau erfreulich fortschreitet, ein Pulvermagazin. Bis jetzt lagerten unsere ganze Gewehr- und Artillerie-Munition, Pulver und 3 Kisten Dynamit in der Boma. Es ist ein Wunder, daß bei den schweren hier auftretenden Gewittern noch nichts passiert ist. Ihr seht, Arbeit giebt es hier immer in Menge. Viel herzliche Grüße an Euch, die Geschwister in Stuttg. u. Degerloch, Onkel Emils, etc.

[...]