Ins tiefste Afrika. Paul Pogge und seine präkolonialen Reisen ins südliche Kongobecken

Der mecklenburger Forscher verbrachte auf zwei Reisen rund sechs Jahre im südlichen Kongobecken
Pogge von Strandmann, Hartmut (Hg.)
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3-89626-323-4
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Ins tiefste Afrika. Paul Pogge und seine präkolonialen Reisen ins südliche Kongobecken

Bearbeitung: Hartmut Pogge von Strandmann
Reihe: Cognoscere historias, Bd. 14
trafo verlag
Berlin, 2004
ISBN 3-89626-323-4
Kartoneinband, 15x22 cm, 477 Seiten, etliche sw-Abbildungen


Beschreibung:

Die zunehmende europäische Faszination von Afrika im 19. Jahrhundert führte auch in Deutschland zu vermehrten Forschungsreisen in den schwarzen Kontinent, um die letzten noch unbekannten Flußläufe und Landschaften zu erforschen.

Das Aufeinandertreffen fremder Kulturen motivierte die Forscher in aufregenden und anstrengenden Reisen, mehr über die bisher unbekannten ethnischen Einheiten mit ihren Bräuchen und Gewohnheiten zu erfahren.

Der mecklenburgische Afrikaforscher Paul Pogge verbrachte auf zwei Reisen rund sechs Jahre im südlichen Kongobecken. Seine fast vergessenen Reiseberichte werden hier zum ersten Mal in einem Band vorgestellt.

Die spannende Lektüre regt zu weiterführenden Fragen über eine Gegend an, die heute unter politischer Unsicherheit und bürgerkriegsähnlichen Zuständen leidet.

Der deutsche Afrikaforscher Paul Pogge wurde am 27. Dezember des Jahres 1838 in einem mecklenburgischen Dorf geboren.

Zwischen 1864 und 1866 besuchte er zum ersten Male den afrikanischen Kontinent, um im südafrikanischen Natal und auf den ostafrikanischen Inseln Mauritius und Reunion jagen zu können. Leider sind hierüber keine Aufzeichnungen überliefert worden.

Umfangreiche schriftliche Zeugnisse, die 1880 unter dem Titel "Im Reiche des Muata Jamwo" publiziert wurden, entstanden erst auf der 1874 begonnenen Reise ins Hinterland des heutigen Angola und in das südliche Kongogebiet.

Zunächst hatte sich Pogge der Kassanga-Expedition des Vogel- und Insektenforschers Alexander von Homeyer angeschlossen, mit der er den Kuanza-Fluß aufwärts erforschte.

Später reiste er dann allein im unbekannten Lundareich, wo er sich vom Dezember 1875 bis April 1876 in Mussumba, der Residenz des Muata Jamwo, aufhielt.

In seinen zu Papier gebrachten Schriften berichtete er in einer äußerst interessanten Weise über fremde Kulturen und bislang unbekannte ethnische Einheiten.

Paul Pogges Aufzeichnungen lesen sich nicht nur spannend, sondern stellen für die historischen und ethnologischen Wissenschaftsdisziplinen auch heute noch bedeutende Quellen dar.

Selbst zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat Pogge uns etwas zu sagen, beispielsweise darüber, wie man Vorurteile gegenüber dem Fremden durch Lernbereitschaft, Verständnis und Wißbegier abbauen kann.

Von seiner zweiten, im Herbst 1880 begonnenen Reise zum Kongo – ins tiefste und von Europäern damals noch nicht erforschte Innere von Afrika – existiert kein Buch, sondern nur einige, hier zum Abdruck gelangte Reiseberichte und Tagebuchauszüge. Seine Reise war langwierig und mühsam. Er starb am 17. März 1884 in Luanda (Angola).

Sein Nachfahre, der in Oxford lehrende Professor Hartmut Pogge von Strandmann, hat das Reisewerk von Paul Pogge neu editiert und kenntnisreich darin eingeführt sowie die schriftlichen Zeugnisse von der zweiten Reise für die vorliegende Veröffentlichung zusammengetragen.


Inhaltsverzeichnis:

Danksagung
Einleitung
Entdeckungsdrang,nationales Ansehen und geographische Forschung in Zentralafrika

Die erste Reise
Im Reiche des Muata Jamwo,1874 –1876

Vorwort

I. Theil. Von San Paolo de Loanda nach Kimbundo
II. Theil. Von Kimbundo nach Mussumba
III. Theil. Mussumba und der Hof des Muata Jamwo
IV. Theil. Von Mussumba nach Inschibaraka und zurück nach Malang

V. Theil. Anhang.
Geschichte der Entstehung des Reiches Muata Jamwo’s und des Reiches Kasembe
Das Reich und der Hof des Muata Jamwo
Etwas über Sitten und Gebräuche der Kalunda

Nachtrag
Zwei Briefe Paul Pogges
Zwei Artikel Paul Pogges aus der Zeit zwischen den beiden Reisen
1. Ueber die Verwendung von Elephanten bei Africa-Reisen und Anlag von Stationen
2. Ueber die in Mussumba zu begründende deutsche Station

Die zweite Reise: Von Loanda nach Nyangwe an den Kongo, 1880 –1884
Erster Reisebericht von Paul Pogge vom 2.April 1881
Zweiter Reisebericht von Paul Pogge vom 31.Mai 1881
Dritter Reisebericht von Paul Pogge vom 30.Juli 1881
Vierter Reisebericht von Hermann Wissmann vom 30.Juli 1881
Fünfter Reisebericht von Paul Pogge vom 11.August 1881
Sechster Reisebericht von Paul Pogge vom 27.November 1881
Siebenter Reisebericht von Paul Pogge vom 20.September 1882
Die Pogge-Wissmannsche Expedition. Kurze Bewertung durch die Afrika-Gesellschaft
Achter Reisebericht von Hermann Wissmann vom 5.Januar 1883
Neunter Reisebericht von Paul Pogge Mitte Oktober 1883
Zehnter Reisebericht von Paul Pogge vom 12.Februar 1884
Nachrichten über Paul Pogges letzte Tage und über seinen Tod
Die Pogge-Wissmann'sche Expedition. Mitteilungen aus Paul Pogges Tagebüchern

Übersichtskarte der Neuesten Forschungsreisen im Aequatorialen Westafrika
Bildnachweis
Zur Reihe COGNOSCERE HISTORIAS
Über den Herausgeber


Auszug: II. Theil. Von Kimbundo nach Mussumba.

Am 16. September 1875. Die Träger waren morgens mit dem zweiten Dolmetscher Ebo und 4 Ochsen aufgebrochen, ferner die Tribut-Carawane des Häuptlings Kimbundo, bestehend aus 2 Grossen aus Kimbundo, 6 Trägern (freien Negern aus Kimbundo und Familienmitgliedern der erstgenannten) und 4 Weibern; ausserdem hatte sich der Ka-quata mit Weib, Kind und Gefolge der Carawane angeschlossen. Am Nachmittage gegen 2 Uhr folgte ich mit meinem ersten Dolmetscher Germano und den Dienern.

Meine Dienerschaft bestand aus Sim, einem etwa zwölf bis vierzehnjährigen Knaben, welchen Lieutenant Lux an der Küste von einem portugiesischen Major zum Geschenk erhalten hatte, ferner fuan, einem etwa ebenso alten Knaben, welchen ich von Saturnino in Malange für c. 30 Thaler gekauft hatte, endlich aus den beiden Knaben Emanuello und Elunga, welche als Sklavenkinder aus Mataba nach Malange gebracht und dort ebenfalls von mir für 30 und 18 Thaler eingekauft waren.

Als ich um die Mittagszeit von Saturnino Abschied nahm, machte derselbe mich noch mit einem Neger von der Küste, Namens Chico, bekannt, welcher unter den Eingeborenen in Mulemba am Kassaifluss wohnt, um dort Gummi und Elfenbein zu erhandeln. Saturnino empfahl mir denselben als Wegweiser zur Reise bis nach Mulemba, so dass ich Chico engagirte, und ihm als Belohnung freie Beköstigung, sowie ein Vestido (Kleid), bestehend aus 4 Yards Riscado, versprach.

Meine Leute hatten Befehl erhalten, vor dem Tschikapa-Flusse das Lager aufzuschlagen und auf mich zu warten. Saturnino wollte am andern Tage selbst nachkommen, um die Carawane über den Fluss zu bringen, da der Fährmann und Häuptling des Dorfes gleichen Namens, welches 1/4 Meile östlich vom Flusse liegt, seiner Prellereien wegen ihm wohl bekannt war.

Als die beiden zurückgebliebenen Reitochsen, welche in Kimbundo frei umhergelaufen und in Folge dessen sehr wild geworden, mit Mühe eingefangen und gesattelt waren, wurde es mir sehr schwer, meinen Reitochsen zu besteigen. Das Thier war so widerspenstig geworden, dass ich nicht in den Sattel kommen konnte, und ausserdem war ich in Folge meiner vorangegangenen Krankheit so schwach, dass ich ohne Hülfe mich nicht in den Sattel schwingen konnte.

Mein Reitochse, ein ziemlich bejahrter, nicht zu grosser, schwarzer Bulle, hatte den Fehler, dass er ohne Widerstreben den Reiter nicht in den Sattel nahm. Sass aber der Reiter erst einmal fest auf ihm, so war er lammfromm, trabte, galoppirte wie ein Pferd, und das beste englische Jagd-pferd würde gegen ihn auf dem afrikanischen Terrain, durch welches er mich Monate lang getragen, wohl bald die Segel haben streichen müssen.

Da das Thier in Folge zu langer Ferien zu muthig geworden war, so ging es, als ich im Sattel sass, mit mir durch, folgte den Fussspuren der voraufgegangenen Ochsen und streifte mich im nächsten, dichten Walde ab, um nun reiterlos den Fusssteig zu verfolgen. Ich war also genöthigt, etwa 1/2 Stunde im Walde zu warten, bis mein Dolmetscher mir nachkam, um dann dessen Ochsen benutzen zu können.

Von Kimbundo führt der Weg nordöstlich einige 100 Schritt durch Sand, dann 10 Minuten lang durch dünn bestandenen, verkümmerten Campinenwald, und 114 Stunden durch dicken, fast undurchdringlichen Wald. Solche Wälder, obgleich ein schmaler Fusssteig durch sie führt, sind für den Reiter sowohl, als für den Träger mit Gepäck schwierig zu passiren. Der Fusssteig, welcher hindurch führt, mag 1 bis 1 1/2 Fass breit sein.

Bäume an seinen beiden Seiten, über ihm hängende Schlinggewächse und alte, über demselben liegende vermoderte Stämme versperren den Weg. Die Mehrzahl der grösseren Bäume mag 2 bis 3 Fuss im Durchmesser am Stammende haben und erinnert vielfach an die deutschen Eichen, welche im Stamm 30 bis 40 Fuss hoch sind und dann in eine runde üppige Krone endigen.

Solche grosse, nach allen Richtungen hin weit ausgedehnte, dichte Waldungen wachsen regelmässig auf feuchtem, fruchtbarem Boden. Sie sind sehr wohl zu unterscheiden von den dichten Uferwäldern, welche sich in nur geringer Breite mauerartig an den Ufern der Bäche und Flüsse dahinziehen, sowie von den gigantischen Urwäldern des tiefen Innern, welche am Rande der Gewässer, in Schluchten oder auf kleinen Quellstellen als Dschungeln wachsen.